Bluthochdruck: Wie Nierenzellen auf Dehnung reagieren

Die Forschenden Nicole Endlich und Felix Kliewe. Foto: ©Katrin Kleedehn/UMG

Im Rahmen eines bundesweiten Forschungsprojekts zu Podozyten konnte eine Greifswalder Arbeitsgruppe zwei wichtige Proteine identifizieren, die sich in ihrer Struktur unter Bluthochdruck verändern.

Zellen im menschlichen Körper leisten viel Arbeit und können sich auch bestimmten Situationen anpassen – zum Beispiel einem erhöhten Bluthochdruck. Was das im Falle von Podozyten bei einem Bluthochdruck bedeutet, hat eine Arbeitsgruppe am Institut für Anatomie und Zellbiologie der Universitätsmedizin Greifswald (UMG) untersucht. Die Forschenden hoffen, dass ihre dabei gemachten Entdeckungen langfristig zu neuen Diagnoseverfahren oder Therapien für chronische Nierenkrankheiten führen. Die Studienergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Journal of the American Society of Nephrology“ veröffentlicht.

Mithilfe eines speziell angefertigten Dehnungsapparates, der Bluthochdruck simuliert, wurden die Podozyten verschiedenen Druckverhältnissen ausgesetzt. „Die Zellen werden auf einer Membran kultiviert, die dann mit unterschiedlicher Stärke und Frequenz gedehnt wird“, erklärt Projektleiterin Prof. Nicole Endlich. Es werden also Situationen simuliert, die zum Beispiel bei einer durch Bluthochdruck induzierten chronischen Nierenkrankheit auftreten. Dieser Bluthochdruck könne auch bei Patienten mit Diabetes und einer Fokal-segmentalen Glomerulosklerose (FSGS) entstehen und für eine Schädigung der Podozyten verantwortlich sein, so Endlich.

Alternatives Spleißen im Fokus

Bei der Studie spielte Alternative Spleißen eine entscheidende Rolle. Dieser Prozess ermöglicht es, dass aus ein und demselben Gen verschiedene Varianten eines Proteins entstehen – mit teils sehr verschiedenen Funktionen. „In unserem Projekt haben wir untersucht, inwiefern sich die Podozyten nach der mechanischen Dehnung verändern und welche Proteine gezielt verändert und an diese mechanische Dehnung angepasst werden“, erläutert Dr. Felix Kliewe, Letztautor der Publikation.

In Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern eines bundesweiten BMBF-geförderten Forschungsverbundes namens Sys CARE führte das Forschungsteam Verfahren wie Sequenzierungen oder Proteomanalysen durch. Im Ergebnis sind vor allem zwei Top-Kandidaten ins Visier der Forschenden geraten, wie Kliewe betont. „Die beiden Proteinvarianten MYL6 und SHROOM3 spielen bei mechanischer Dehnung offenbar eine zentrale Rolle.“ Die Podozyten reagieren auf die mechanische Dehnung mit dem Alternativen Spleißen der für diese Proteine kodierenden mRNAs, um sich eventuell dadurch den Druckverhältnissen anzupassen.

Neue Ansätze für Folgeuntersuchungen

„Bei diesem Projekt handelt es sich um wertvolle Grundlagenforschung“, hebt Prof. Uwe Reuter, Vorstandsvorsitzender der UMG, hervor. Die Ergebnisse ermöglichen neue Ansätze für Folgeuntersuchungen. Inwiefern diese Proteinvarianten auch als wichtige Frühwarnzeichen für Nierenkrankheiten genutzt werden können oder ob damit neue Möglichkeiten neuer Therapieansätze verfolgt werden können – „all das könnten spannende Fragestellungen für künftige Forschungsvorhaben in diesem Bereich sein“.