Bluttest und Künstliche Intelligenz: Verlässlicher Weg zur Identifizierung von Lungenkrebs

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Forschende haben ein Verfahren der Flüssigbiopsie entwickelt und validiert, mit dem sich Muster von DNA-Fragmenten ermitteln lassen und das hilft, Lungenkrebs früher zu erkennen.

In einer prospektiven Studie hat ein Team von Wissenschaftlern gezeigt, dass sich mithilfe von KI und auf der Grundlage der Muster von DNA-Fragmenten im Blut Personen bestimmen lassen, die mit höherer Wahrscheinlichkeit an Lungenkrebs erkranken werden. In die Untersuchung waren rund 1000 Probanden mit und ohne Lungenkrebs eingeschlossen worden, die die Kriterien für ein herkömmliches Screening auf die Erkrankung mittels niedrigdosierter Computertomographie (CT) erfüllten. Sie wurden an 47 Behandlungszentren in 23 US-Bundesstaaten rekrutiert.

„Wir haben hier einen einfachen Bluttest, der in jeder Arztpraxis durchgeführt werden kann und mit dem sich erkennen lässt, ob mögliche Anzeichen für Lungenkrebs vorliegen und ob die Betroffenen sich einer Folgeuntersuchung mittels CT unterziehen sollten“, berichtet Dr. Victor E. Velculescu, korrespondierender Autor der Veröffentlichung in „Cancer Discovery“. Der Onkologie-Professor ist Co-Direktor des Cancer Genetics and Epigenetics Program an der Johns Hopkins Kimmel Cancer Center. In den USA wird 15 Millionen Menschen im Alter zwischen 50 und 80 Jahren mit Nikotinkonsum in der Vorgeschichte von der Preventive Services Task Force die Teilnahme an einem Lungenkrebs-Screening empfohlen – tatsächlich gescreent werden aber jährlich nur sechs bis zehn Prozent derjenigen, die die entsprechenden Kriterien erfüllen. Laut Velculescu liegt dies an der Zeit, die es braucht, um einen Termin dafür auszumachen und diesen auch wahrzunehmen sowie an der niedrigdosierten Strahlung, der die Personen während des Scans ausgesetzt sind.

Um einige dieser Hürden aus dem Weg zu räumen, haben Velculescu und Kollegen in den vergangenen fünf Jahren einen Test entwickelt, mit dem sich Muster von DNA-Fragmenten erkennen lassen, die bei Lungenkrebspatienten zu finden sind. Die Forschenden machten sich dabei die Unterschiede darin zu Nutze, wie die DNA in normalen beziehungsweise Krebszellen verpackt ist: Während sie in gesunden Zellen ordentlich aufgerollt ist wie bei einem Wollknäuel, ist sie in Krebszellen desorganisiert. Sterben die Zellen ab, gelangt die DNA in ihrer jeweiligen Form ins Blut und lässt sich dort nachweisen.

Die Wissenschaftler trainierten eine KI-Software darauf, die spezifischen Muster von DNA-Fragmenten im Blut von 576 Personen mit beziehungsweise ohne Lungenkrebs. Dann verifizierten sie das Verfahren in einer zweiten Gruppe mit 382 Personen, ebenfalls mit beziehungsweise ohne Lungenkrebs. Laut der Analyse der Forschenden besaß der Test einen negativen Vorhersagewert von 99,8 Prozent.

Die Computersimulationen der Arbeitsgruppe zeigten außerdem, dass wenn der Test zu einer Steigerung der Screening-Rate auf 50 Prozent innerhalb von fünf Jahren steigern würde, es zu einer Vervierfachung der entdeckten Lungenkrebsfälle sowie einer Zunahme des Anteils von Erkrankungen in einem frühen Stadium um etwa zehn Prozent käme. Dies wäre nach Angaben der Forschenden gleichbedeutend mit rund 14.000 vermiedenen Lungenkrebserkrankungen in einem Zeitraum von fünf Jahren.

„Der Test ist kostengünstig und könnte in einem großen Maßstab erfolgen“, erklärt Velculescu. „Wir sind der Ansicht, dass er den Zugang zu einem Lungenkrebs-Screening erleichtert und dazu beiträgt, dass mehr Menschen gescreent werden. Dies wiederum würde dazu führen, dass mehr Krebsfälle erkannt und früh therapiert werden.“ Der Test ist derzeit in den USA verfügbar über DELFI Diagnostics als Labor-basiertes Verfahren unter Clinica Laboratory improvement Amendments. Eine Prüfung auf Zulassung durch die US-amerikanische Food and Drug Administration wird angestrebt. Auch planen Velculescu und Kollegen eine Untersuchung dazu, ob ein ähnlicher Ansatz bei anderen Krebsarten zum Einsatz kommen könnte.