Blutzuckermonitoring bei Gesunden: hilfreiche Technik oder überflüssiger Trend?

Blutzuckermonitoring bei Gesunden: Experten des DDZ sehen keinen belegten gesundheitlichen Nutzen für stoffwechselgesunde Personen. (Bild: © stock.adobe.com/Dulin)

Immer mehr Menschen ohne Diabetes nutzen Sensoren zur Blutzuckermessung. Fachleute des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ) in Düsseldorf bewerten das Blutzuckermonitoring bei Gesunden kritisch – für sie besteht derzeit keine medizinische Notwendigkeit.

Kontinuierliche Glukosemesssysteme (Continuous Glucose Monitoring, CGM) sind fester Bestandteil der modernen Diabetestherapie, insbesondere bei Typ-1-Diabetes. Ein subkutan platzierter Sensor misst in kurzen Intervallen die Glukosekonzentration in der Gewebsflüssigkeit und überträgt die Werte an ein Empfangsgerät oder Smartphone. Einige Systeme sind mit Insulinpumpen gekoppelt und ermöglichen eine automatische Anpassung der Insulindosierung.

Für Menschen mit Typ-1-Diabetes bietet diese Technik erhebliche Vorteile: Sie erlaubt eine frühzeitige Erkennung von Hypo- und Hyperglykämien, unterstützt die Insulindosierung und kann Komplikationen vermeiden.

Blutzuckermonitoring bei Gesunden zeigt keinen Nutzen

Zunehmend verwenden auch stoffwechselgesunde Personen CGM-Sensoren, um ihren Blutzuckerverlauf im Alltag zu beobachten. Eine medizinische Notwendigkeit besteht in diesen Fällen in der Regel nicht.
„Natürliche Schwankungen sind allerdings Teil eines gesunden Stoffwechsels und müssen nicht überwacht oder verhindert werden“, betont Dr. Kálmán Bódis, stellvertretender Leiter des Klinischen Studienzentrums am DDZ und Oberarzt an der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Düsseldorf. Bisher gebe es keine wissenschaftlichen Hinweise darauf, dass eine kontinuierliche Überwachung bei gesunden Personen gesundheitliche Vorteile bietet.

Nach Einschätzung des DDZ besteht zudem die Gefahr einer Fehlinterpretation der Messdaten. „Völlig normale Werte können plötzlich als problematisch erscheinen. Das führt schnell zu unnötigen Einschränkungen, strengen Diäten oder einer übermäßigen Fixierung auf Essen und Zahlen“, erklärt Bódis.

Physiologische Schwankungen und Einflussfaktoren

Wie stark der Blutzucker nach einer Mahlzeit ansteigt, hängt von zahlreichen individuellen Faktoren ab, darunter genetische Prädisposition, Darmmikrobiom, Tageszeit, körperliche Aktivität und Stresslevel. Unterschiede zwischen Personen sind daher physiologisch und nicht pathologisch zu bewerten.

Sehr ausgeprägte und wiederkehrende Schwankungen können jedoch Müdigkeit, Heißhunger oder längerfristig metabolische Störungen begünstigen. Der Ausgleich erfolgt am effektivsten durch bekannte Lebensstilmaßnahmen: eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung und eine angepasste Mahlzeitenstruktur.

Ernährungsempfehlungen und Prävention

Zur Orientierung kann das Tellermodell dienen, das sich auch in der Diabetologie bewährt hat. „Die Hälfte des Tellers sollte aus Gemüse bestehen. Denn die darin enthaltenen Ballaststoffe verlangsamen die Aufnahme von Kohlenhydraten und tragen dazu bei, schnelle Blutzuckeranstiege zu reduzieren“, erklärt Julia Schweinitzer, Ernährungswissenschaftlerin und Diabetesberaterin am DDZ.

Eiweißquellen wie Fisch, Eier, helles Fleisch oder Hülsenfrüchte sollten etwa ein Viertel der Mahlzeit ausmachen. „Sie unterstützen das Sättigungsgefühl und können die Aufnahme von Kohlenhydraten ebenfalls verzögern, wodurch der Blutzucker langsamer ansteigt“, erklärt Schweinitzer. Der restliche Anteil kann aus kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln bestehen – vorzugsweise aus Vollkornprodukten oder Pseudogetreiden wie Quinoa oder Buchweizen.

Auch die Flüssigkeitswahl beeinflusst den Glukosestoffwechsel. „Wasser, ungesüßter Tee oder Kaffee sind ideal, während stark gesüßte Getränke den Blutzucker rasch ansteigen lassen“, betont Schweinitzer. Ergänzend können körperliche Aktivität und kurze Spaziergänge nach den Mahlzeiten Blutzuckerspitzen abmildern.

Fazit

Das Blutzuckermonitoring bei Gesunden ist derzeit nicht evidenzbasiert und medizinisch nicht indiziert. Fachleute des DDZ raten von einer routinemäßigen Anwendung ohne diabetologische Diagnose ab und empfehlen, etablierte Lebensstilmaßnahmen zur Stoffwechselstabilisierung zu priorisieren.