„Brain Fog“ bei Long-COVID: Forschende finden Zusammenhang mit pulmonalen Problemen

Darstellung von SARS-CoV-2. Die Infektion kann bei manchen Betroffenen sozusagen lange Schatten werfen: Sie leiden noch lange an Long-COVID-Symptomen wie Fatigue und Einschränkungen in der kognitiven Leistungsfähigkeit. (Abbildung: © Axel Kock/stock.adobe.com)

Bei Long-COVID-Patienten kann ein verminderter Gasaustausch in der Lunge mit einer Beeinträchtigung der kognitiven Funktion verbunden sein.

Entsprechende Ergebnisse dazu werden in diesem Jahr auf dem Kongress der Radiological Society of North America (RSNA) vorgestellt. Er findet vom 1. bis zum 4. Dezember in Chicago (USA) statt.

Laut dem National Center for Health Statistics haben etwa 17,6 Prozent aller US-amerikanischen Erwachsenen Long-COVID schon am eigenen Leib erfahren. Zu den Symptomen, die dabei auftreten können, gehören unter anderen auch Konzentrationsschwierigkeiten („Brain Fog”). Forschende von der University of Iowa in Iowa City (USA) haben nun untersucht, welche Zusammenhänge zwischen dem Gasaustausch in der Lungen (ermittelt durch Magnetresonanztomographie [MRT]) Befunden beim strukturellen und funktionellen MRT des Gehirns und der Kognition bei Patienten mit Long-COVID bestehen.

„Dies ist das erste Mal, dass die MRT eingesetzt wurde, um Lungen- und Gehirnfunktion gemeinsam zu beurteilen und ihre Assoziation bei Long-COVID zu untersuchen“, erklärt Hauptautor Keegan Staab, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung für Radiologie der University of Iowa. „Dieser Ansatz stellt insofern eine Neuerung dar, als dass er mehrere Bildgebungsarten miteinander kombiniert, um eine Multiorganbeziehung in einer Population von Personen mit einer bestimmten Erkrankung zu untersuchen.“

Seniorautor Prof. Sean B. Fain, stellvertretender Forschungsleiter in der Abteilung für Radiologie der University of Iowa, ergänzt: „Wenn diese Ergebnisse auf die Long-COVID-Population verallgemeinert werden können, deutet die Studie darauf hin, dass es einen ursächlichen Zusammenhang zwischen kognitiver Dysfunktion und Lungenfunktionsstörung geben könnte. Das deutet auf eine potenzielle Behandlungsstrategie mit Verfahren hin, die auf eine Verbesserung des Gasaustausches abzielen.“

Lungen-MRT mit hyperpolarisiertem Xenon-129

Für die Studie wurden zehn Frauen sowie zwei Männer (medianes Alter 59 Jahre) aus einer Post-COVID-Klinik rekrutiert, die nach dem Abklingen einer akuten SARS-CoV-2-Infektion an anhaltender Dyspnoe und/oder Fatigue litten. Bei der Untersuchung der Probanden für die Studie kamen eine Lungen-MRT mit hyperpolarisiertem Xenon-129 (129Xe) zum Einsatz sowie eine strukturelle und funktionelle MRT des Gehirns, Lungenfunktionstests und kognitive Tests. „Eine 129Xe-MRT ermöglicht erweiterte Messungen der Ventilation und des Gasaustausches“, erläutert Staab. „Die Literatur weist auch darauf hin, dass 129Xe im Vergleich zu Standard-Atemtests möglicherweise empfindlicher auf Lungenschäden reagiert, wodurch es besser für die Untersuchung in Bezug auf Long-COVID geeignet ist ‒ ein Zustand, bei dem die Befunde bei Atemests normalerweise unauffällig sind.“

Von den Patienten wahrgenommene kognitive Probleme wurden mithilfe des Patient-Reported Outcomes Measurement Information System gemessen. Objektiv beurteilten die Forschenden die kognitive Leistung mithilfe der National Institutes of Health Toolbox V3 Cognition Battery.

Die x-Achse bildet den Rang des pulmonalen Gasaustausches ab. Die schwarzen Punkte zeigen das pulmonale Gasaustauschverhältnis, in diesem Fall das Verhältnis von roten Blutkörperchen zu Gewebeplasma (RBC:mem), auf der linken y-Achse. Die blauen Punkte stellen die Kognitionswerte auf der rechten y-Achse dar. Hier: Gasaustausch von drei repräsentativen Patienten mit niedrigem, mittlerem und hohem pulmonalen Gasaustausch. (Quelle: © Radiological Society of North America und Keegan Staab)

„Bei den Patienten in der Studie gab es eine Reihe kognitiver Auffälligkeiten“, berichtet Staab. „Einige waren mild und wiesen auf eine leichte Funktionsstörung hin, während andere schwerwiegender waren und darauf hindeuteten, dass die Patienten mehrmals am Tag Anzeichen für verlangsamtes Denken zeigen und sich nicht konzentrieren konnten.“ Die Ergebnisse zeigten, dass bei Long-COVID-Patienten ein verminderter Gasaustausch in der Lunge mit Störungen der kognitiven Funktion sowie mit einem geringeren Volumen an grauer und weißer Substanz verbunden sein kann. Darüber hinaus beobachteten die Studienautoren signifikante Zusammenhänge, die darauf hindeuten, dass bei Patienten mit Long-COVID ein erhöhter zerebraler Blutfluss mit einem verminderten Gasaustausch einhergeht.

Möglicherweise Folge eines Kompensationsmechanismus

Laut Staab bedarf es umfangreicherer Untersuchungen, um den Zusammenhang zwischen Gasaustausch und zerebralem Blutfluss bei Long-COVID zu untersuchen. „Dieser Zusammenhang könnte einen Kompensationsmechanismus darstellen, bei dem eine geringere Lungenfunktion durch ein höheres Herzzeitvolumen und eine stärkere Hirndurchblutung ausgeglichen wird“, erklärt der Wissenschaftler. „Es ist auch möglich, dass der Krankheitsmechanismus, der den Gasaustausch in der Lunge beeinträchtigt, auch zu einer stärkeren Hirndurchblutung aufgrund nachgelagerter Gefäßschädigungen in Lunge und Gehirn führt.“ Den Forschenden zufolge könnten Anomalien beim Gasaustausch helfen, solche Patienten mit Long-COVID zu identifizieren, die eine zusätzliche Behandlung oder eine langfristige Betreuung brauchen.