Breites Bündnis fordert Reformen im deutschen Gesundheitswesen

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Beim Ziel sind sich alle einig: Deutschland soll wirklich eines der besten Gesundheitssysteme der Welt haben. Um das zu erreichen, seien jedoch zentrale Reformschritte dringend nötig, heißt es vom Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) und der Sepsis-Stiftung. Ein aktuell veröffentlichter Appell fordert die Regierung zum Handeln auf.

Ein breites Bündnis von Betroffenen, Angehörigen, Pflegenden, Ärzten, Forschenden, Akteuren im Gesundheitssystem und Mitgliedern der Zivilgesellschaft wendet sich mit konkreten Vorschlägen zu Reforminhalten an die Verantwortlichen der Koalitionsverhandlungen. Besondere Zielsetzungen sind dabei die Verbesserung der Patientensicherheit und der Infektionsschutz. Um diese zu erreichen, seien weitreichende Reformen erforderlich.

„Das Grundgesetz (Art. 2 Abs. 2) verpflichtet den Staat zur Gewährleistung des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit“, erinnert das Bündnis. Während der Coronapandemie habe Deutschland gezeigt, zu welchen Anstrengungen zum Schutz der Bevölkerung es fähig ist. Tatsächlich aber sei das Risiko, an Mängeln unseres Gesundheitssystems zu versterben, deutlich größer als die Gefahr durch COVID-19 – und das jedes Jahr. Beispiele hierfür wären etwa die unzureichende Patientensicherheit beim Herzinfarkt oder eine zu spät erkannte Sepsis.

„Der Mythos, dass Deutschland eines der besten Gesundheitssysteme der Welt hat, ist lebensgefährlich, denn er verhindert dringend notwendige Reformen und untergräbt das Vertrauen der Menschen in den Staat und seine Institutionen!“ sagt Prof. Konrad Reinhart, Vorsitzender der Sepsis-Stiftung. Mehr als 200.000 vermeidbare Todesfälle im Jahr seien zu viel. „Aber: In unserem Gesundheitssystem arbeiten aufopferungsvolle und hochqualifizierte Menschen, und es herrscht kein Mangel an materiellen Ressourcen. Damit wären alle Voraussetzungen erfüllt, eines der besten Gesundheitssysteme der Welt zu entwickeln.“

„Die Befürchtung ist immer, dass Reformen viel Geld kosten, das wir nach der Pandemie nicht mehr haben. Dem möchten wir entgegenhalten: Nichts ist teurer als unzureichende Patientensicherheit!“ sagt Dr. Ruth Hecker, Vorsitzende des APS. „Wir brauchen jetzt Ehrlichkeit, die Probleme ungeschönt wahrzunehmen, sowie den Mut und die Verantwortung, die strukturellen Gründe für die vermeidbaren Patientenschäden grundlegend anzugehen. Wir brauchen endlich mehr Kooperation statt Konkurrenz.“

„Das Bündnis, das für diesen Appell zusammengekommen ist, ist etwas Besonderes, denn es reicht von der Wissenschaft bis in die Praxis, von Krankenhäusern bis zu Patientenorganisationen, von der Pflege bis zu medizinischen Fachgesellschaften. Das zeigt: Die hier zusammengetragenen Punkte spiegeln einen breiten Konsens wider und werden von den Beteiligten sowohl als machbar als auch dringend eingeschätzt,“ sagt Prof. Detlev Ganten, Gründungspräsident des World Health Summit und einer der Mitautoren des Appells.

Der Appell nennt zwölf Handlungsfelder für Reformansätze, von der Überwindung ökonomischer Fehlanreize im Gesundheitswesen, insbesondere an den Sektorengrenzen und bei der Versorgungssteuerung über die Digitalisierung bis hin zur Abschaffung von Barrieren für die Forschung. Der Wortlaut und die Liste der Erstunterzeichnenden sind verfügbar unter: www.gesundheitsreform.jetzt. Dort ist auch möglich, den Appell zu unterstützen.

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Quellen Gemeinsame Pressemitteilung von Aktionsbündnis Patientensicherheit und Sepsis-Stiftung, 20.10.2021