Optikusneuritis: Neuer Risikoscore für MS von britischen Forschern entwickelt10. April 2024 Symbolbild.©Dzmitry-stock.adobe.com Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass die Kombination des genetischen Risikos für Multiple Sklerose (MS) mit demografischen Faktoren die Vorhersage des MS-Risikos bei Menschen mit Optikusneuritis deutlich verbessert. Die Optikusneuritis ist eine Erkrankung, die Menschen aller Altersgruppen, insbesondere aber junge Erwachsene, betrifft. Sie äußert sich in der Regel durch verschwommenes Sehen und manchmal durch Schmerzen bei der Bewegung der Augen. Bis zur Hälfte der Betroffenen im Vereinigten Königreich erkranken schließlich an MS – oft erst viele Jahre später. Neue Erkenntnisse deuten darauf hin, dass ein früherer Beginn der sehr wirksamen MS-Behandlung die langfristige Gesundheit verbessern kann. Eine Optikusneuritis entsteht durch eine Schwellung im oder um den Sehnerv. Bei Menschen mit MS-bedingter Entzündung des Sehnerven geht die Schwellung von selbst zurück, und das Sehvermögen erholt sich in der Regel. Bei vielen Menschen, deren Sehnervenentzündung nicht auf MS zurückzuführen ist, kann der Sehnerv dauerhaft geschädigt werden, es sei denn, es werden schnell hohe Dosen von Steroiden verabreicht. Steroide können jedoch zu schädlichen Nebenwirkungen führen. Wenn Menschen zum ersten Mal eine Optikusneuritis entwickeln, kann es für Patienten und ihre Ärzte schwierig sein, zu entscheiden, ob der mögliche Nutzen der Steroide die möglichen Schäden überwiegt, wenn die wahrscheinliche Ursache der Sehnervenentzündung unklar ist. Eine Studie, die in „Nature Communications“ veröffentlicht wurde und von der University of Exeter und dem King’s College London, beides Großbritannien, geleitet wurde, zeigt nun, dass die Kombination des genetischen Risikoscores (MS-GRS) für MS mit demografischen Faktoren (Alter, Geschlecht) die Vorhersage des MS-Risikos bei Menschen mit Optikusneuritis verbesserte. Pro Standardabweichung des MS-GRS erhöhte sich das MS-Risiko um das 1,3-fache (95%-Konfidenzintervall [KI] 1,07–1,55; p<0,01). Die Teilnehmer, die nach Quartilen des vorhergesagten Risikos stratifiziert wurden, entwickelten eine MS mit Raten zwischen vier Prozent (95%-KI 0,5–7) im niedrigsten Risikoquartil und 41 Prozent (95%-KI 33–49) im höchsten Risikoquartil. Mitautorin Dr. Tasanee Braithwaite, Augenärztin in der Medical Eye Unit des Guy’s and St Thomas NHS Foundation Trust und Lehrbeauftragte am King’s College London, erörterte: „Als Ärztin, die viele Patienten mit Sehnervenentzündung betreut, bin ich begeistert von der Möglichkeit, diese Pilotstudie in naher Zukunft in die klinische Versorgung zu übertragen. Zwar sind weitere Forschungsarbeiten erforderlich, aber unsere Studie ist ein deutliches Zeichen dafür, dass wir Patienten mit hohem MS-Risiko besser identifizieren könnten, sodass diese Menschen in Zukunft vielleicht früher behandelt werden könnten. Wenn wir hingegen Menschen besser identifizieren könnten, bei denen eine Sehnervenentzündung höchstwahrscheinlich nicht auf MS zurückzuführen ist, könnten wir sie zügig behandeln, um irreversiblen Sehverlust und Erblindung zu verhindern.“ Das Team analysierte mehr als 300 häufige genetische Varianten, die mit der Entwicklung von MS in Verbindung gebracht werden, und kombinierte sie zu einem genetischen Risikoscore, der dabei hilft, das MS-Risiko einer Person einzuschätzen. Sie analysierten dazu die Daten von 500.000 Personen aus der britischen Biobank, die genetische Proben, Fragebögen und verknüpfte Gesundheitsinformationen aus ihren elektronischen Krankenakten zur Verfügung gestellt haben. In der Datenbank fanden die Forscher 2369 Personen, die an MS erkrankt waren, und 687 Personen mit Sehnervenentzündung. Von diesen hatten 545 zu Beginn der Studie keine erkennbare Ursache für ihre Sehnervenentzündung, 124 entwickelten später MS. Die Anwendung des genetischen Risikoscores trug effektiv dazu bei, die Personen mit dem geringsten von denjenigen mit hohem Risiko zu unterscheiden. Der genetische MS-Risikoscore ist zwar kein Diagnosetest, liefert den Autoren zufolge jedoch wertvolle zusätzliche Informationen, um bessere Entscheidungen zu treffen. Mitautor Prof. Richard Oram von der medizinischen Fakultät der Universität Exeter betonte: „Seit vor drei Jahrzehnten das erste Genom sequenziert wurde, haben wir auf das Versprechen hingearbeitet, die Genetik zur Verbesserung der Outcomes für einzelne Patienten nutzen zu können. Diese Forschungsarbeit ist ein hervorragendes Beispiel für genetische Präzisionsdiagnostik in der Praxis.“ „Der Einsatz von Immuntherapien bei Menschen mit hohem MS-Risiko könnte den Ausbruch der Krankheit erheblich verzögern, aber diese Medikamente sind mit Nebenwirkungen verbunden. Diese spannende Studie eröffnet die Möglichkeit, Menschen zu finden, bei denen der Nutzen die Risiken überwiegt“, erklärte Dr. Clare Walton, Forschungsleiterin der britischen MS-Gesellschaft.
Mehr erfahren zu: "Meilenstein: EinDollarBrille feiert eine Million ausgegebene Brillen" Meilenstein: EinDollarBrille feiert eine Million ausgegebene Brillen Die Fränkische Organisation EinDollarBrille hat einen großen Meilenstein in ihrem weltweiten Einsatz gegen unbehandelte Fehlsichtigkeit erreicht.
Mehr erfahren zu: "DOG 2025: Kongress-Interview mit Präsident Siegfried Priglinger" DOG 2025: Kongress-Interview mit Präsident Siegfried Priglinger Zu einem Rundumblick über wichtige Themen der Augenheilkunde haben wir im Vorfeld des 123. Kongresses der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) Präsident Prof. Siegfried Priglinger, München, eingeladen. Im Gespräch mit unserem Online-Dienst informiert […]
Mehr erfahren zu: "Praxen können teils noch nicht mit E-Akten starten" Praxen können teils noch nicht mit E-Akten starten Am 1. Oktober beginnt eine entscheidende Stufe der Digitalisierung im Gesundheitswesen: Praxen müssen Befunde dann in die elektronische Patientenakte laden. Doch bei manchen lässt die Technik auf sich warten.