Brustkrebsdiagnostik: „Die Pathologie arbeitet nach klaren und hohen Qualitätsstandards“9. Dezember 2025 In der Pathologie gelten insbesondere für die Krebsdiagnostik hohe Qualitätsstandards. Diese werden sowohl durch verpflichtende Maßnahmen als auch freiwillige Angebote sichergestellt. Symbolbild: Kiattisak/stock.adobe.com Nach einem Vorfall am Klinikum Bremen-Mitte betont die Deutsche Gesellschaft für Pathologie (DGP) in einer Stellungnahme die grundsätzlich hohen Qualitätsstandards in der Krebsdiagnostik. Vor Ort sei eine sorgfältige Aufklärung und Überprüfung der Rahmenbedingungen notwendig. Vergangene Woche wurde durch einen Bericht des Bremer Regional- und Lokalmagazins „buten un binnen“ öffentlich bekannt, dass es am Klinikum Bremen-Mitte über einen Zeitraum von mehreren Monaten in 34 Fällen fehlerhafte Bewertungen eines Biomarkers bei Brustkrebsbefunden gegeben hat. In der Folge haben die betroffenen Patientinnen nicht die richtige Therapie erhalten (wir berichteten). Der Berufsverband Deutscher Pathologinnen und Pathologen (BDP) und die Deutsche Gesellschaft für Pathologie (DGP) nehmen die Berichte mit großer Sorge zur Kenntnis und sprechen den betroffenen Patientinnen und ihren Angehörigen in einer Pressemitteilung ihr Mitgefühl aus. Allerdings würden in der vielfältigen Berichterstattung zu dem Vorfall nach Auffassung von BDP und DGP Informationen verbreitet, insbesondere zum Thema Qualitätssicherung in der pathologischen Diagnostik, die wahlweise verkürzt dargestellt oder unzutreffend seien. Deshalb beziehen BDP und DGP nun umfassend Stellung zum Thema Standards, Qualitätssicherung und Arbeitsweise in der Pathologie. Sorgfältige Aufkärung vor Ort notwendig In der Bundesrepublik Deutschland werden jährlich über 500.000 Krebsdiagnosen, darunter etwa 75.000 Brustkrebs-Diagnosen von Fachärztinnen und Fachärzten für Pathologie gestellt. Die Pathologen in Deutschland arbeiten grundsätzlich nach hohen Qualitätsstandards, heißt es in der Stellungnahme. Hierzu zählen Maßnahmen der internen und externen Qualitätssicherung zu denen auch Zertifizierungen, Akkreditierungen und die Teilnahme an Ringversuchen gehören. Außerdem gibt es umfangreiche Trainingsangebote. Im Bereich der Krebsmedizin kommen weitere Maßnahmen hinzu, zum Beispiel die interdisziplinären Tumorboards in den zertifizierten Krebszentren. Wie es trotz dieser innerhalb des Fachs und den Versorgungsstrukturen vorgegebenen Qualitätsstandards zu den berichteten fehlerhaften Bewertungen im Klinikum Bremen-Mitte kommen konnte, müsse vor Ort sorgfältig aufgeklärt werden, so die DGP. Hierzu gehöre auch die Überprüfung der Rahmenbedingungen im Klinikum Bremen-Mitte und im Institut, inwieweit strukturelle Probleme zu der Situation beigetragen haben könnten. Qualitätssicherung fester Bestandteil der Pathologie Die Pathologie ist ein Kernfach der Medizin und geht über die alleinige Lehre von den Krankheiten heute weit hinaus. Pathologen untersuchen Gewebe- oder Zellproben auf Veränderungen, um einen Krankheitsverdacht auszuschließen oder eine Diagnose zu stellen. Bei einer Krebserkrankung bestimmen sie zudem die genauen Eigenschaften des Tumors, die zur Einschätzung der Prognose und zur Wahl der besten Therapieoption dienen. Pathologen gehören dementsprechend zum Kernteam der interdisziplinären Tumorboards von Krebszentren und sind zentrale Ansprechpartner der behandelnden Ärzte. Die Qualitätssicherung ist für alle Facharztdisziplinen fester Bestandteil der Weiterbildung und umfasst die Kenntnisse und die praktische Anwendung fachspezifischer „Maßnahmen der Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements einschließlich des Fehler- und Risikomanagements sowie Anwendung von Leit- und Richtlinien“. Die Qualitätssicherung ist damit intrinsischer Bestandteil ärztlichen Handelns und findet sich als Vorgabe in den rechtlichen Grundlagen der ärztlichen Berufsausübung. Rechtliche Vorgaben auf mehreren Ebenen Das ärztliche Berufsrecht verpflichtet Ärzte zur Teilnahme an Maßnahmen der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung (§ 5 MBO) sowie zur regelmäßigen Fortbildung (§ 4 MBO). Die Sozialgesetzgebung verpflichtet „Leistungserbringer […] zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der von ihnen erbrachten Leistungen […]. Die Leistungen müssen dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen und in der fachlich gebotenen Qualität erbracht werden.“ (§ 135a SGB V). Die regelmäßige Fortbildung zur Erhaltung und Fortentwicklung der Fachkenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten ist ebenfalls im Sozialrecht vorgegeben (§ 95d SGB V). Für die Diagnostik in der Pathologie und auch für Laboruntersuchungen gilt zudem die EU-Verordnung über in-vitro-Diagnostika (IVDR). Die IVDR schafft EU-weit gültige Standards für Qualität und Sicherheit von in-vitro-Diagnostika. Sie definiert die Anforderungen an kommerzielle Hersteller von in-vitro-Diagnostika aber auch an medizinische Einrichtungen, die selbst entwickelte in-vitro-Diagnostika in ihrer Einrichtung einsetzen. Die IVDR stellt umfangreiche Anforderungen an den Leistungsnachweis, das Risiko- und das Qualitätsmanagement. Empfehlungen in evidenzbasierten Leitlinien verankert Die Diagnostik und Behandlung von Krebs ist hochspezialisiert, unterscheidet sich je nach Krebsart und erfordert eine hohe Fachexpertise aller Behandelnden. Das Leitlinienprogramm Onkologie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) und der Deutschen Krebshilfe fasst den jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in evidenzbasierten, multidisziplinären Leitlinien (S3-Leitlinien) für verschiedene Krebserkrankungen zusammen. Für das Mammakarzinom steht die Veröffentlichung der inzwischen 5. Version der S3-Leitlinie kurz bevor. Ärzte sind verpflichtet, den Empfehlungen der Leitlinien zu folgen, Abweichungen müssen begründet und dokumentiert werden. In zertifizierten Krebszentren werden die Voraussetzungen an eine spezialisierte Behandlung regelmäßig ausgewertet, veröffentlicht und in Audits vor Ort überprüft. Die Anforderungen sind in Erhebungsbögen mit Qualitätsindikatoren zusammengefasst. Sie werden in interdisziplinären Kommissionen auf Basis der oben genannten onkologischen Leitlinien erarbeitet und regelmäßig aktualisiert. Wichtige Anforderungen sind hier beispielsweise die Teilnahme an Ringversuchen in der Pathologie und die Durchführung interdisziplinärer Tumorboards. Kein Anlass für generelles Vier-Augen-Prinzip Außerdem muss eine bestimmte Anzahl von Fachärzten mit spezieller Qualifizierung für die entsprechende Krebsdiagnostik verfügbar sein. Ein verpflichtendes Vier-Augen-Prinzip gebe es nicht, so die DGP. Die Einholung einer Zweitmeinung bei schwierigen und diagnostisch anspruchsvollen Fällen sei aber selbstverständlich und gelebte Praxis, obwohl die gesetzliche Krankenversicherung das Einholen einer Zweitmeinung nicht vorsieht und auch nicht finanziert. Am Klinikum Bremen-Mitte wurde nach Informationen des Klinikums kurzfristig ein Vier-Augen-Prinzip eingeführt, um Diagnosen zu überprüfen und Fehlinterpretationen in der Befundung auszuschließen. Nach Einschätzung des BDP ist die Einführung eines Vier-Augen-Prinzips bei einem Vorfall wie am Klinikum Bremen-Mitte eine adäquate Ad-hoc-Maßnahme bis zur Aufklärung, Fehleridentifikation und -behebung, um die Sicherheit der Diagnostik zu gewährleisten und das Vertrauen der Patientinnen wiederherzustellen. Eine generelle Forderung für die Diagnostik in allen deutschen Pathologie-Einrichtungen sei daraus aber nicht abzuleiten und auch kein international geforderter Standard, betont die DGP. Bessere Versorgung in zertifizierten Krebszentren? Neben den aufgeführten Pflichtvorgaben gibt es freiwillige Maßnahmen zu Qualitätssicherung. 2004 gründeten der BDP und die DGP gemeinsam die Qualitätssicherungsinitiative Pathologie (QuIP), die heute neben einem umfassenden Ringversuchsprogramm auch QS-Monitore, Informationsportale zu Biomarkern und Fortbildungen anbietet. In der Pathologie gibt es weiterhin die Möglichkeit der Zertifizierung sowie der Akkreditierung durch die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS). Zum heutigen Stand sind 191 Pathologien von insgesamt circa 450 Instituten freiwillig akkreditiert. Studien oder Zahlen zum Umfang von fehlerhaften Einschätzungen der Tumoraggressivität gibt es nicht. Es ist aber inzwischen untersucht und nachgewiesen worden, dass Patientinnen durch die leitliniengerechte Versorgung in zertifizierten Krebszentren einen deutlichen Überlebensvorteil haben. Für das Mammakarzinom wurde in der WiZen-Studie gezeigt, dass Patientinnen, die in einem zertifizierten Brustzentrum behandelt wurden, ein um 12 Prozent reduziertes Sterberisiko gegenüber den Patientinnen haben, die nicht an einem zertifizierten Brustzentrum behandelt wurden. Auch das rückfallfreie Überleben war um 22 Prozent besser. Qualität benötigt Ressourcen und Fachkräfte Zusammenfassend gelten nach Ansicht der Verbände in der Pathologie grundsätzlich hohe Qualitätsstandards. Die Krebsdiagnostik erfordere zudem eine spezifische Qualifikation, die persönliche Einbindung in die interdisziplinären Strukturen und hohes Engagement in den Qualitätssicherungsmaßnahmen. In den Instituten für Pathologie müssen dafür die erforderlichen Ressourcen und insbesondere eine ausreichende Zahl entsprechend qualifizierter Fachärzte zur Verfügung stehen.
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