Brustkrebsmedikament: Neue Erkenntnisse zu Nebenwirkungen

Vereinfachte Darstellung einer Uteruskarzinomzelle. Copyright: Svenja Kübler vom Berlin Institute of Health in der Charité

Ein internationales Forscherteam hat einen bislang unbekannten Mechanismus entdeckt, über den das Brustkrebsmedikament Tamoxifen das Risiko für sekundäre Tumore in der Gebärmutter erhöhen kann.

Die Studie zeigt, dass Tamoxifen den PI3K-Signalweg direkt aktiviert. Diese Erkenntnis erweitert laut den Autoren erstmals die bislang gängigen Modelle therapiebedingter Tumorentstehung. An der Studie beteiligt waren Erstautorin Prof. Kirsten Kübler vom Berlin Institute of Health in der Charité (BIH), Forscher vom Broad Institute of MIT and Harvard, Mass General Brigham und Dana-Farber Cancer Institute, alle drei USA. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Nature Genetics“ veröffentlicht.

Molekulare Ursachen bisher unklar

Neben der lebensrettenden Wirkung von Tamoxifen ist bekannt, dass der Wirkstoff zwar selten, aber wiederholt mit einem erhöhten Risiko für Gebärmutterkrebs verbunden ist. Die genauen molekularen Ursachen dieser Nebenwirkung blieben bisher unklar.

Die neuen Ergebnisse zeigen nun: In tamoxifen-assoziierten Gebärmutterkarzinomen treten Mutationen im Tumorgen PIK3CA signifikant seltener auf, die bei spontan entstehenden Gebärmuttertumoren sehr häufig sind und zur Aktivierung des PI3K-Tumorsignalwegs führen. Stattdessen übernimmt Tamoxifen selbst die Rolle eines Signalaktivators des PI3K-Signalwegs und macht Mutationen in diesem Gen überflüssig.

„Unsere Ergebnisse zeigen erstmals, dass die Aktivierung eines tumorfördernden Signalwegs durch ein Medikament möglich ist und eine molekulare Erklärung dafür liefert, wie ein sehr erfolgreiches Krebsmedikament paradoxerweise selbst Tumoren in einem anderen Gewebe begünstigen kann“, erklärt Kübler und fügt hinzu: „Tamoxifen umgeht die Notwendigkeit genetischer Mutationen im PI3K-Signalweg, einem der wichtigsten Treiberwege bei Gebärmutterkrebs, indem es direkt den Stimulus für die Tumorentwicklung liefert.”

Verbesserte Therapiesicherheit

Obwohl das Risiko für Gebärmutterkrebs unter Tamoxifen-Therapie insgesamt sehr gering ist und der Nutzen des Medikaments deutlich größer als das Risiko ist, eröffnet die Arbeit nach Angaben der Forscher nun neue Möglichkeiten, die Therapiesicherheit weiter zu verbessern. Neben einer biologischen Erklärung für die bislang ungeklärte Nebenwirkung schaffen die neuen Erkenntnisse auch einen Ausgangspunkt für personalisierte Präventions- und Interventionsstrategien, heißt es weiter. In künftigen Projekten will das Team untersuchen, ob ähnliche Mechanismen auch bei den Nebenwirkungen anderer Medikamente eine Rolle spielen könnten.

(ri/BIERMANN)