Brustscreening: Einfache MRT-Messung der Brust könnte Biopsien um 30 Prozent senken

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Manchmal ist die Magnetresonanztomographie (MRT) zum Screening auf Brustkrebs „zu genau“, was eine Biopsie nötig macht. Eine von der MedUni Wien geleitete multinationale Arbeitsgruppe konnte nun nachweisen, dass ein bestimmter Grenzwert (ADC) in einem speziellen MRT-Verfahren, der diffusionsgewichteten Bildgebung (DWI), Aufschluss darüber gibt, ob der fraglichen Läsion eine Biopsie entnommen werden muss. Dadurch könnten künftig bis zu ein Drittel der unnötigen Gewebsentnahmen nach MRT vermieden werden.

In der MRT wird mit Hilfe starker Magnetfelder gemessen, wie Wassermoleküle im Körper verteilt sind. Bei der Brustkrebsvorsorgeuntersuchung wird die Durchblutung des Gewebes gemessen. Das Verfahren ist sehr genau, in manchen Fällen ist es allerdings schwer zu sagen, ob entdeckte Knoten bösartig sind oder ob das Gewebe nur besonders dicht und daher gut durchblutet ist.

Ein zweites MR-Verfahren, die DWI, stellt die Bewegung von Wassermolekülen in Strukturen dar und kann sie durch den Diffusionskoeffizienten (ADC) auch objektiv messen. Das Studienteam führte nun anschließend an die herkömmliche MRT noch eine DWI durch.

Dr. Paola Clauser, Universitätsklink für Radiologie von MedUni Wien und AKH Wien, Mitglied des Comprehensive Cancer Center (CCC) der beiden Einrichtungen und Erstautorin der Studie: „Mit Hilfe der DWI können wir Läsionen viel besser charakterisieren. Denn: Im gesunden Gewebe „tanzen“ die Wasserstoffmoleküle schneller als bei bösartigen Tumoren. Karzinome weisen eine hohe Zelldichte auf und hindern die Wassermoleküle bei ihrer Bewegung. Wir konnten nun belegen, dass wir Brusttumoren, wenn der Grenzwert (ADC) größer gleich 1,5×10-3 mm2/s ist, nicht biopsieren müssen.“

Nur drei Minuten mehr

Die DWI dauert maximal drei Minuten, verbessert aber die Diagnose erheblich. PD Dr. Pascal Baltzer, Universitätsklink für Radiologie von MedUni Wien und AKH Wien, Mitglied des CCC und Studienleiter: „In dieser multizentrischen Studie ist es uns mit diesem Grenzwert gelungen, einen objektiven, standardisierten Biomarker zu etablieren. Er ist überall anwendbar, weil er weitgehend vom Gerät, der Erfahrung der RadiologInnen, der Messzeit oder dem Messverfahren unabhängig ist.“

Die DWI ist in der Diagnose von Schlaganfällen bereits lange etabliert und erfreut sich auch in der Tumordiagnostik steigender Beliebtheit. Jede radiologische Einrichtung ist daher in der Lage, sie durchzuführen. Baltzer: „Unsere Erkenntnis ist diagnostisch sofort verwertbar. Dafür braucht es kein Spezialzentrum – jede niedergelassene Radiologieambulanz könnte sie sofort nutzen.“

Erfolgreicher Abschluss von einem Jahrzehnt an Forschungsarbeit

Studienleiter Baltzer beschäftigt sich bereits seit vielen Jahren intensiv mit der Fragestellung, ob die Diffusion im Tumor reduziert ist und ob und wie dies messbar gemacht werden kann. Dies gilt auch für den oben genannten ADC-Grenzwert. Prof. Thomas Helbich, Universitätsklinik für Radiologie von MedUni Wien und AKH Wien, CCC-Vorstandsmitglied und Forschungsgruppenleiter dazu: „In dieser Erkenntnis steckt über eine Dekade an Forschungsarbeit. Wir haben das Verfahren am Haus etabliert, beforscht, verfeinert, evaluiert und dazu unzählige Studien publiziert. Aber erst in dieser Arbeit ist es uns gelungen, den Grenzwert eindeutig zu beweisen und festzumachen. Das nächste Ziel ist die Verbesserung des jetzt etablierten Standards und damit eine mögliche weitere Reduktion der Biopsien.“

Die Arbeit wurde aktuell in “Clinical Cancer Research” publiziert.

Publikation: Paola Clauser, Barbara Krug, Hubert Bickel, Matthias Dietzel, Katja Pinker-Domenig, Victor Frederic Neuhaus, Maria Adele Marino, Marco Moschetta, Nicoletta Troiano, Thomas H. Helbich, Pascal A Baltzer. Diffusion-weighted imaging allows for downgrading MR BI-RADS 4 lesions in contrast-enhanced MRI of the breast to avoid unnecessary biopsy. Clinical Cancer Research 2021 Jan 14;clincanres.3037.2020. doi.org/10.1158/1078-0432.CCR-20-3037