BTZ-043: Neuartiges Antibiotikum erreicht auch in abgestorbenem Lungengewebe verborgene Tuberkulosebakterien

Granulomstruktur und Verteilung des Antibiotikums BTZ-043 in unterschiedlich gefärbten Gewebeschnitten zweier Tuberkulosegranulome. (Abbildung: © CC BY 4.0/Images modified from: Römpp, A. et al. The clinical-stage drug BTZ-043 accumulates)

Das neuartige Antibiotikum BTZ-043 hat in klinischen Studien am Menschen bewiesen, dass es gut gegen Mycobacterium tuberculosis (Mtb) wirkt.

In einer Studie, die kürzlich in „Nature Communications“ veröffentlicht wurde, konnten Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) unter Federführung der Universität Bayreuth und des Forschungszentrums Borstel, Leibniz Lungenzentrum, wichtige Fortschritte bei der Erforschung dieses Medikamentes erzielen. Die Forschende stellten dar, dass BTZ-043 effektiv in Tuberkuloseläsionen eindringt und sich dort in hohen Konzentrationen anreichert. Damit kann das Medikament die Mtb-Bakterien auch an schwer zugänglichen Stellen bekämpfen. An der Untersuchung ebenfalls beteiligt waren Forschende des Leibniz-Institutes für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie e. V. Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI), des Tropeninstitutes des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und der Johns Hopkins University (USA).

Ein charakteristisches Merkmal der Tuberkulose ist die Bildung von Granulomen. Diese knötchenartigen Gewebeveränderungen werden vom Körper in der Lunge gebildet, um die Mtb-Bakterien einzuschließen. Granulome besitzen eine feste äußere Kapsel mit einer darunter liegenden Schicht aus Immunzellen und einen nekrotischen Kern, in dem sich die Bakterien verbergen und überleben können. Diese nekrotischen Bereiche stellen eine besondere Herausforderung dar, da sie schlecht durchblutet sind und Antibiotika sie daher nur schwer erreichen können. In einem Mausmodell, das die Tuberkulosepathologie der Granulomnekrose beim Menschen widerspiegelt, konnte das DZIF-Forschungsteam die bemerkenswerte Fähigkeit des neuen Antibiotikums BTZ-043 nachweisen, effizient in diese nekrotischen Granulome einzudringen, sich dort anzureichern und die Bakterienlast zu verringern.

Vielfaches über der Mindestkonzentration

Die Forschenden verwendeten ein besonderes Mausmodell, bei dem die Tiere durch eine genetische Modifikation Granulome entwickeln, die denen von Tuberkulosepatienten ähneln. In ihrer aktuell veröffentlichten Studie an diesen Mäusen stellten die Forschenden fest, dass die Konzentration von BTZ-043 in den Läsionen um ein Vielfaches über der Mindestkonzentration lag, die für eine wirksame Bekämpfung von Mtb erforderlich ist. Die hochauflösende MALDI-Massenspektrometrie zeigte zudem die besondere Fähigkeit von BTZ-043, tief in die Zellkompartimente der Läsionen einzudringen und die nekrotischen Zentren vollständig zu durchdringen.

„Unsere Studie stellt einen wichtigen Fortschritt bei der Etablierung neuer Tuberkulose-Antibiotika dar, da wir erstmals die Verteilung eines in der Entwicklung befindlichen Tuberkulosewirkstoffes im Granulom sichtbar machen konnten“, erklärt DZIF-Wissenschaftler Prof. Andreas Römpp von der Universität Bayreuth, Lehrstuhl für Bioanalytik und Lebensmittelanalytik, Erstautor und korrespondierender Autor der Studie. Dr. Kerstin Walter vom Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum, korrespondierende Letztautorin, ergänzt: „Die Fähigkeit von BTZ-043, diese schwer zugänglichen Läsionen zu erreichen und dort zu wirken, deutet auf eine starke bakterizide Wirkung hin, die die Tuberkulosetherapie effizienter machen könnte.“

„Die Entwicklung dieses besonderen Mausmodells, das im Gegensatz zu den sonst verwendeten Standardmäusen die Pathologie der menschlichen Tuberkulose sehr gut widerspiegelt, stellt einen Meilenstein auf der Suche nach neuen Antibiotika gegen die Tuberkulose dar“, fügt Dr. Christoph Hölscher, Forschungsgruppenleiter am Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum und Koordinator des Schwerpunktes „Neue Wirkstoffe und Therapiemuster“ im DZIF-Forschungsbereich „Tuberkulose“ hinzu.

Laut Dr. Julia Dreisbach, Scientific Program Manager BTZ-043 am Tropeninstitut München, sind die neuen Erkenntnisse vielversprechend für „die Millionen von Menschen, die weltweit an Tuberkulose erkrankt sind, und bieten einen Ausblick auf eine Zukunft, in der schwer zugängliche Tuberkuloseläsionen mit einem weiteren Wirkstoff erreicht werden können. Je weiter die Forschung voranschreitet, desto deutlicher wird das Potenzial von BTZ-043, die klinischen Ergebnisse für Tuberkulosepatienten zu verändern.“

Die Arbeiten wurden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) gefördert.