BvDU distanziert sich von Protest gegen GOÄ-Novelle

Axel Belusa, Präsident des Berufsverbands der Deutschen Urologie. Foto: BvDU

Anders als viele medizinische Berufsverbände und Fachgesellschaften – darunter die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU) – beteiligt sich der Berufsverband der Deutschen Urologie (BvDU) nicht an der Kampagne „GOÄneu – so nicht!“, welche die Abstimmung zur GOÄ-Novelle beim kommenden Deutschen Ärztetag stoppen will (wir berichteten). In einer aktuellen Mitteilung spricht sich der BvDU jetzt für die Novelle aus – das war nicht immer so.

Der BvDU betont, „Plattformgeber“ der Kampagne sei die Deutsche Röntgengesellschaft. Bei den unterzeichnenden Fachgesellschaften und Berufsverbänden stünden technische Leistungen im Vordergrund und nicht die ärztliche Leistung einer sprechenden Medizin, so der BvDU. „Dass Tätigkeiten, in denen Maschinen Leistungen übernehmen, in einer GOÄneu schlechter bewertet werden als in der aktuellen GOÄ, ist nicht neu, sondern bekannt. Auch die Urologie ist hiervon be-troffen“, heißt es wörtlich in der Mitteilung. Dass labortechnische und radiologische Fächer die GOÄneu für ihre Mitglieder ablehnen müssen, sei für den BvDU nachvollziehbar. Gleichwohl scheint die Betroffenheit der Urologie für den Berufsverband nicht groß genug zu sein, um den Protest mit zu unterschreiben – obwohl die Fachgesellschaft genau das tat.

Konservative Urologie kommt „eher gut weg“

Dazu gibt es zwei Gründe, wie aus der BvDU-Mitteilung deutlich wird. Der eine liegt an der Bewertung des neuen Regelwerkes selbst. Zwar habe der BvDU „die bestehenden und bekannten grundsätzlichen Vorbehalte gegenüber dem Regelwerk im Clearinggespräch deutlich“ gemacht. Insgesamt komme die konservative Urologie, die der BvDU vertritt, aber „eher gut weg“ im Vergleich zur bestehenden GOÄ. „Die durch den BvDU vorgenommenen Längsschnittbewertungen haben gezeigt, dass, bezogen auf die konservative Urologie, ärztliche Leistungen, die in der GOÄneu eine höhere Bewertung erfahren als bislang, die Defizite ausgleichen, die in den technischen Leistungen durch eine niedrigere Bewertung als aktuell, entstehen“, heißt es zur Begründung. „Aus einer GOÄneu ergeben sich auf Grundlage der Ergebnisse der BvDU-Arbeitsgruppe Chancen und positive Effekte für urologische Praxen.“ Warum also bremsen, was einem nützen kann?

Droht ohne GOÄneu die Bürgerversicherung?

Der andere Grund ist ein grundsätzlich gesundheitspolitischer, nämlich die Furcht, dass alles noch schlimmer werden könnte, wenn die GOÄ-Novelle jetzt nicht kommt. „Keine Ärztin und kein Arzt kann abschätzen, was passiert im Fall einer Ablehnung der GOÄneu. Es gibt genügend politische Kräfte, die eine Bürgerversicherung favorisieren“, gibt der BvDU zu bedenken.“ Und der Verband sieht sich gewarnt: „Der Vorstoß der neuen Regierung in Richtung Abschaffung der freiberuflichen Versorgungswerke erzeugt beim BvDU-Vorstand mindestens Gänsehaut, wenn nicht Frösteln, über die künftige Aus-richtung in der deutschen Gesundheitspolitik.“ Daher sieht der Berufsverband offenbar auch keinen Anlass, sich gegen eine Abstimmung beim Deutschen Ärztetag auszusprechen. „Entscheiden müssen die Delegierten des Deutschen Ärztetages. Sie müssen abwägen zwischen dem Nutzen einer GOÄneu und dem politischen Signal einer Einigung in der deutschen Ärzteschaft und der Ablehnung aufgrund begründeter Kritik.“

Von Lob zur Ablehnung und zurück

Mit dieser Einschätzung kommt der BvDU zu seiner Beurteilung vom vergangenen 76. DGU-Kongress in Leipzig zurück. Am 25.09.2024 hatte BvDU-Präsident Dr. Axel Belusa dort die zu diesem Zeitpunkt vorliegende Fassung der GOÄneu gelobt: Die neue GOÄ gleicht dem Urologen zufolge die „Unwucht mit Begünstigung der radiologischen und Laborfächer“ in der alten Version, die noch aus dem 20. Jahrundert stammt, aus. „Die ambulante Urologie ist die Gewinnerin“, zeigte er sich überzeugt. „Für uns wäre es gut, wenn die neue GOÄ kommt“, so Belusa seinerzeit in Leipzig.

Nur kurze Zeit später, mit Mitteilung vom 02.10.2024, hieß es dann jedoch, der Berufsverband der Deutschen Urologie (BvDU) stimme dem aktuellen Entwurf einer GOÄneu nicht zu. Als Grund nannte der Verband Bewertungsveränderungen gegenüber einer früheren Version. Die entscheidungsrelevanten Hintergründe seien nicht nachvollziehbar gewesen, ebensowenig die Vertraulichkeit der Legende. Darüber hinaus seien deutliche Unterschiede zwischen dem ursprünglichen Regelwerk und der nun durch die BÄK den Verbänden zur Prüfung vorgelegten Version feststellbar. „Ambulant tätige Kolleginnen und Kollegen haben Existenzängste, die ihren Ursprung in der Sorge um die eigene wirtschaftliche Zukunft in der ambulanten Versorgung findet“, klagte Belusa in der damaligen Pressemitteilung.

Vorhang auf – und alle Fragen offen

Offenbar sind diese Ängste jetzt ausgeräumt oder werden zumindest im Verband von der noch größeren Angst vor den Konsequenzen einer erneut verschleppten GOÄ-Novelle übertroffen. Aber selbst, wenn tatsächlich beim Deutschen Ärztetag über die Gebührenordnung abgestimmt wird, bedeutet das längst nicht, dass die Novelle auch kommt. Erst müssen die Delegierten zustimmen, und dann muss das Bundesgesundheitsministerium sie gutheißen. Da der Minister aber nicht mehr Prof. Karl Lauterbach (SPD) heißt, dürften die Chancen im Prinzip nicht allzu schlecht stehen.

(ms)