BvDU fordert Abkehr vom „24/7-Leistungsversprechen“

Unzufrieden mit der Gesundheitspolitik des “Abrissunternehmens Lauterbach”: BvDU-Präsident Axel Belusa. Foto: Schmitz

„Die flächendeckende, wohnortnahe fachärztliche ambulante Versorgung wird in bisheriger Form nicht mehr aufrecht zu halten sein“, warnte Dr. Axel Belusa, Präsident des Berufsverbandes der Deutschen Urologie (BvDU) beim 76. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU).

Als Grund dafür nannte Belusa Fehlanreize und Fehlsteuerung, welche zur Fehlversorgung führten. Das „Abrissunternehmen Lauterbach“ schaffe das funktionierende Gesundheitswesen Deutschlands gezielt systematisch ab, heißt es drastisch in einer begleitenden Pressemitteilung.

In der Eröffnungs-Pressekonferenz wie auch im DGU-Plenum am 25.09.2024 rechnete der BvDU-Präsident vor, dass Deutschland aktuell rund 5000 bis 6000 Ärzte und fast 2500 ärztliche Nachbesetzungen fehlten. Circa 25% der urologischen Fachärzteschaft trete in den kommenden 10 Jahren in den Ruhestand – wenn nicht bereits früher. „Ohne diese sinkt der Versorgungsgrad bis 2040 auf 74 Prozent, fehlen 2022 bis 2040 kumuliert rund 50.000 Ärztinnen und Ärzte und wird der Mangel vor allem in ländlichen Regionen und in bestimmten Fachbereichen deutlich spürbar“, so Belusa. Hinzu komme eine zunehmende Teilzeittätigkeit mit der Folge, dass weniger ärztliche Arbeitszeit zur Verfügung stehe. Gleichzeitig nehme der Bedarf an Behandlungen kontinuierlich zu, aufgrund der älter werdenden Bevölkerung und ihrer zunehmenden Multimorbidität und Pflegebedürftigkeit.

„Eigentlich müsste die deutsche Politik alles dafür tun, um mehr Ärzte ins System zu bringen, indem strukturelle Voraussetzungen und Anreize geschaffen werden“, wunderte sich der BvDU-Präsident. Doch das Gegenteil sei der Fall. Die Tätigkeit im Gesundheitswesen werde zunehmend weniger attraktiv gemacht: Steigende Arbeitsbelastung, unattraktive Arbeits- und Rahmenbedingungen, hohe Verunsicherung angesichts der nicht auskömmlichen Honorierung für die ambulanten Praxen nannte er als Gründe. Auch bei den Kliniken sieht es Belusa zufolge nicht besser aus: „Statt geordneter Reformen erleben wir einen kalten Strukturwandel.“ Gleichzeitig suggeriere Gesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach ein unbegrenztes Leistungsversprechen für die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen. „Die Politik sollte ehrlich sein und den Menschen sagen, dass das 24/7-Leistungsversprechen nicht mehr haltbar ist“, forderte Belusa.

Wie lässt sich dem entgegensteuern? „Die Ärzteschaft muss klug in den Reformprozess eingebunden werden“, forderte der BvDU-Präsident. Nach Überzeugung des BvDU werde die Versorgung ohne eine qualifizierte und effektive Patientensteuerung nicht zu stemmen sein. Kooperative Formen der interdisziplinären, teamorientierten, intersektoralen Zusammenarbeit müssten weiter ausgebaut werden. Der Berufsverband setze sich für leistungsgerechte Honorare, eine Eindämmung der Bürokratie sowie die Sicherstellung ärztlicher und beruflicher Entscheidungsfreiheit in Klinik und Praxis ein.

GOÄ: Ambulante Urologie gewinnt

Auch auf die Neufassung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), die bereits mit der Privaten Krankenversicherung konsentiert ist, ging Belusa ein. Die Debatte werde derzeit sehr emotional geführt. Laborärzte und Radiologen hatten sich in den Fachmedien ablehnend gezeigt. „Die neue GOÄ hat aber eine völlig neue Struktur“, sagte Belusa. Leistungen seien nicht 1:1 zu vergleichen. Die neue GOÄ gleicht dem Urologen zufolge die „Unwucht mit Begünstigung der radiologischen und Laborfächer“ in der alten Version aus. „Die ambulante Urologie ist die Gewinnerin“, zeigte er sich überzeugt. „Für uns wäre es gut, wenn die neue GOÄ kommt.“ Belusa drückte den Wunsch aus, dass die Bundesärztekammer sich bald entscheidet, dem Gesundheitsministerium die neue GOÄ vorzulegen. Auch dann müsse das Ministerium erst noch zustimmen, damit sie in Kraft tritt, erinnert Belusa.

(ms)