CALEC: Neuartige Stammzelltherapie repariert irreversible Hornhautschäden

Die Leiterin der CALEC-Studie, Dr. Ula Jurkunas, stellvertretende Leiterin der Hornhautabteilung am Mass Eye and Ear und Professorin für Augenheilkunde an der Harvard Medical School, in ihrem Labor am Mass Eye and Ear in Boston.Foto.© Mass Eye and Ear

Eine vom Massachusetts (Mass) Eye and Ear, Boston, USA, geleitete klinische Studie zu einer experimentellen Stammzellbehandlung bei Hornhautverletzungen erwies sich als durchführbar und sicher.

Die Behandlung, auch als CALEC (kultivierte autologe limbale Epithelzellen) bezeichnet, wurde am Mass Eye and Ear, einem Mitglied des Mass General Brigham Gesundheitssystems, entwickelt. Bei diesem Verfahren werden Stammzellen aus einem gesunden Auge durch eine Biopsie entnommen. Die entnommenen Zellen werden in einem zwei- bis dreiwöchigen Herstellungsprozess zu einem zellulären Gewebetransplantat expandiert und dann chirurgisch in das Auge mit einer geschädigten Hornhaut verpflanzt. Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.

CALEC stellt die Hornhautoberfläche zu mehr als 90 Prozent wieder her

„Unsere erste Studie mit vier Patienten hat gezeigt, dass CALEC sicher und die Behandlung möglich ist“, erklärte der leitende Prüfarzt Ula Jurkunas, stellvertretender Direktor des Cornea Service am Mass Eye and Ear und Professor für Augenheilkunde an der Harvard Medical School, Boston, USA. „Jetzt haben wir diese neuen Daten, die belegen, dass CALEC die Hornhautoberfläche zu mehr als 90 Prozent wiederherstellt, was bei Menschen mit Hornhautschäden, die als unbehandelbar galten, einen bedeutenden Unterschied macht.“

Verbesserung der Sehschärfe bei allen behandelten Patienten

Die Forscher konnten zeigen, dass CALEC die Hornhaut bei 50 Prozent der Teilnehmer nach drei Monaten vollständig wiederherstellte. Diese Rate des vollständigen Erfolgs stieg nach zwölf und 18 Monaten auf 79 respektive 77 Prozent. Da zwei Teilnehmer nach zwölf und 18 Monaten die Definition eines Teilerfolgs erfüllten, lag der Gesamterfolg von CALEC nach zwölf und 18 Monaten bei 93 beziehungsweise 92 Prozent. Bei drei Teilnehmern wurde eine zweite CALEC-Transplantation durchgeführt, von denen einer bis zum Abschluss der Studie einen vollständigen Erfolg erzielte. Eine zusätzliche Analyse der Auswirkungen von CALEC auf das Sehvermögen zeigte bei allen 14 CALEC-Patienten eine unterschiedlich starke Verbesserung der Sehschärfe.

CALEC zeigt gutes Sicherheitsprofil

Die Wissenschaftler bestätigen für CALEC ein gutes Sicherheitsprofil. Weder bei den Spender- noch bei den Empfängeraugen wurden schwerwiegende Ereignisse beobachtet. Bei einem Teilnehmer trat acht Monate nach der Transplantation aufgrund des chronischen Tragens von Kontaktlinsen eine bakterielle Infektion auf. Andere unerwünschte Ereignisse waren geringfügig und klangen nach den Eingriffen schnell ab.

CALEC ist nach wie vor ein experimentelles Verfahren und nach Meinung der Forscher sind weitere Studien erforderlich, bevor die Behandlung auf Bundesebene zugelassen werden kann.      

CALEC war erste Stammzelltherapie am Auge in den USA

Die CALEC-Studie ist die erste Humanstudie zu einer Stammzelltherapie, die vom National Eye Institute (NEI), einem Teil der National Institutes of Health (NIH), finanziert wurde. Zudem war sie die erste Stammzelltherapie am Auge in den USA. Zu den weiteren Forschern gehören Dr. Jia Yin und Dr. Reza Dana vom Mass Eye and Ear, Dr. Jerome Ritz von der Connell and O’Reilly Families Cell Manipulation Core Facility des Dana-Farber Cancer Institute, Boston, USA, wo die Herstellung des Stammzelltransplantats erfolgt, sowie Myriam Armant, vom Boston Children’s Hospital und dem JAEB Center for Health Research.

Hornhautverletzungen, zum Beispiel durch eine chemische Verbrennung, eine Infektion oder ein anderes Trauma, können zum endgültigen Absterben der limbalen Epithelzellen führen. Der daraus resultierende Mangel an limbalen Stammzellen führt dazu, dass die Oberfläche des Auges dauerhaft geschädigt ist. In einem solchen Fall ist eine Hornhauttransplantation, die derzeitige Standardbehandlung für die Rehabilitation des Sehvermögens, nicht möglich.

Dieser Bedarf veranlasste Jurkunas als Nachwuchswissenschaftler und Dana, Direktor des Cornea Service am Mass Eye and Ear, dazu, einen neuen Ansatz zur Regeneration von Limbusepithelzellen zu erforschen. Fast zwei Jahrzehnte später war es nach präklinischen Studien und der Zusammenarbeit mit Forschern von Dana-Farber und Boston Children’s möglich, durchgängig CALEC-Transplantate herzustellen, die die strengen Qualitätskriterien für die Transplantation beim Menschen erfüllen. Die klinische Studie wurde von der U.S. Food and Drug Administration (FDA) und dem Mass General Brigham Institutional Review Board (IRB) genehmigt. Der erste Patient wurde 2018 im Mass Eye and Ear behandelt. Der erfolgreiche Abschluss der Studie wurde durch eine enge Koordination zwischen Jurkunas’ chirurgischem Team und der Zellherstellungsanlage bei Dana-Farber erreicht.

Einschränkungen von CALEC

CALEC ist eine autologe Therapie, so die Forscher. Deshalb darf der Patient nur ein betroffenes Auge haben, damit eine Biopsie durchgeführt werden kann, um Ausgangsmaterial aus dem nicht betroffenen normalen Auge zu gewinnen. „Unsere Hoffnung für die Zukunft ist es, einen allogenen Herstellungsprozess zu etablieren, der mit limbalen Stammzellen aus einem normalen Spenderauge beginnt“, erörtert Ritz. „Dies wird hoffentlich die Anwendung dieses Ansatzes erweitern und es ermöglichen, Patienten zu behandeln, die an beiden Augen geschädigt sind.“

In der Zwischenzeit sollten künftige CALEC-Studien eine größere Anzahl von Patienten an mehreren Zentren mit längeren Nachbeobachtungszeiträumen und einem randomisierten Kontrolldesign umfassen. „Wir sind der Meinung, dass diese Forschung weitere Studien rechtfertigt, die zur FDA-Zulassung führen können“, betont Jurkunas. „Wir sind stolz darauf, dass wir eine neue Behandlungsmethode aus dem Labor in die klinische Erprobung bringen konnten, aber unser oberstes Ziel war und ist es, dass Patienten im ganzen Land Zugang zu dieser wirksamen Behandlung haben.