Cannabis gegen Schmerzen führt zu einem leicht erhöhten Risiko für Herzprobleme

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Cannabis, das zur Behandlung chronischer Schmerzen verschrieben wird, scheint mit einem erhöhten Risiko für Herzrhythmusstörungen verbunden zu sein, so das Ergebnis einer auf dem ESC-Kongress 2022 vorgestellten Studie.

Cannabis wird erst seit wenigen Jahren zu medizinischen Zwecken eingesetzt, daher mangelt es an Sicherheitsdaten zur therapeutischen Verwendung des Naturproduktes. Die Forschungsgruppe um Studienautorin Dr. Nina Nouhravesh vom Gentofte University Hospital (Dänemark) widmete sich den kardiovaskulären Nebenwirkungen mit besonderem Fokus auf Herzrhythmusstörungen, da diese bereits bei Freizeitkonsumenten festgestellt worden waren.

Medizinisches Cannabis gibt es in verschiedenen Formulierungen, die sich nach dem Gehalt an Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) richten. In Dänemark können Dronabinol (hoher THC-Gehalt), Cannabinoid (mehr THC als CBD) und Cannabidiol (hoher CBD-Gehalt) verschrieben werden. Die Droge kann inhaliert, gegessen oder in den Mund gesprüht werden.

Die Forschenden identifizierten insgesamt 1,6 Millionen Patienten, bei denen zwischen 2018 und 2021 in Dänemark chronische Schmerzen diagnostiziert wurden. Von diesen nahmen 4931 (0,31%) Patienten mindestens eine Verschreibung von Cannabis in Anspruch (Dronabinol 29%, Cannabinoide 46%, Cannabidiol 25%). Jeder Konsument wurde nach Alter, Geschlecht und Schmerzdiagnose mit fünf Nichtkonsumenten mit chronischen Schmerzen verglichen, die als Kontrollen dienten. Die Konsumenten und die Kontrollpersonen wurden 180 Tage lang beobachtet und ihr Risiko für neue kardiovaskuläre Erkrankungen wurde verglichen.

Das Durchschnittsalter der Teilnehmer lag bei 60 Jahren und 63% waren Frauen. Die Studie berichtet zum ersten Mal über die chronischen Schmerzzustände von Nutzern von medizinischem Cannabis in Dänemark. Etwa 17,8% litten an Krebs, 17,1% an Arthritis, 14,9% an Rückenschmerzen, 9,8% an neurologischen Erkrankungen, 4,4 % an Kopfschmerzen, 3,0 % an komplizierten Frakturen und 33,1 % an anderen Diagnosen (zumeist nicht spezifizierte chronische Schmerzen).

Das absolute Risiko für neu auftretende Herzrhythmusstörungen betrug 0,86% bei medizinischen Cannabiskonsumenten im Vergleich zu 0,49% bei Nichtkonsumenten, was einem relativen Risiko von 1,74 entspricht. Die Risiken für ein neu auftretendes akutes Koronarsyndrom und eine Herzinsuffizienz unterschieden sich nicht zwischen den beiden Gruppen. Die Ergebnisse waren für jede chronische Schmerzerkrankung und jede Art von medizinischem Cannabis ähnlich.

„Unsere Studie ergab, dass die Konsumenten von medizinischem Cannabis ein um 74 % höheres Risiko für Herzrhythmusstörungen hatten als die Nichtkonsumenten; der absolute Risikounterschied war jedoch bescheiden“ bemerkte Nouhravesh. Sie gibt zu bedenken, dass unter den Cannabiskonsumenten mehr Personen auch andere Schmerzmedikamente einnahmen, nämlich nichtsteroidale Antirheumatika (NSAIDs), Opioide und Antiepileptika. Es sei nicht auszuschließen, dass dies die höhere Wahrscheinlichkeit von Herzrhythmusstörungen erklären könnte.

„Da medizinisches Cannabis ein relativ neues Medikament für einen großen Markt von Patienten mit chronischen Schmerzen ist, ist es wichtig, ernste Nebenwirkungen zu untersuchen und zu melden. Diese Studie deutet darauf hin, dass nach dem Konsum von medizinischem Cannabis ein bisher nicht bekanntes Risiko für Herzrhythmusstörungen bestehen könnte. Auch wenn der absolute Risikounterschied gering ist, sollten sowohl Patienten als auch Ärzte so viele Informationen wie möglich haben, wenn sie die Vor- und Nachteile einer Behandlung abwägen“, resümierte Nouhravesh.

(ah)