CAR-T-Zellen erfolgreich gegen Myasthenia gravis eingesetzt21. November 2023 v.l.: Prof. Hans-Jochen Heinze, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Magdeburg, Prof. Daniela Dieterich, Dekanin der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke- Universität Magdeburg, Prof. Aiden Haghikia, Direktor der Universitätsklinik für Neurologie Magdeburg, Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff, Prof. Dimitrios Mougiakakos, Direktor der Universitätsklinik für Hämatologie und Onkologie Magdeburg und Marco Bohn, Kaufmännischer Direktor des Universitätsklinikums Magdeburg. (Fotograf: Emanuel Oropesa Benitez/UMMD) Im Rahmen eines individuellen Heilversuchs haben Mediziner der Universitätsmedizin Magdeburg eine schwer an Myasthenia gravis erkrankte 34-jährige Patientin nach eigenen Angaben weltweit erstmals mit der neuartigen CAR-T-Zell-Therapie erfolgreich behandelt. Das Ärzteteam unter der Leitung von Prof. Dimitrios Mougiakakos, Direktor der Universitätsklinik für Hämatologie und Onkologie, und Prof. Aiden Haghikia, Direktor der Universitätsklinik für Neurologie, hat den Fall im Beisein von Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff vorgestellt. Die CAR-T-Zell-Therapie wird bisher vor allem bei der Behandlung von Blut- und Lymphdrüsenkrebs eingesetzt. Bereits Ende 2021 hatte Mougiakakos als Erstautor im „New England Journal of Medicine“ über eine junge Patientin mit Systemischen Lupus erythematodes berichtet, die unter seiner Beteiligung weltweit erstmalig erfolgreich mit CAR-T-Zellen behandelt werden konnte. Die nun therapierte Patientin leidet seit 2012 unter Myasthenia gravis. „Mehrmals im Jahr musste unsere Patientin aufgrund von schweren Krankheitsschüben intensivmedizinisch im Krankenhaus behandelt werden und eine künstliche Beatmung war wiederholt notwendig. Verschiedene immununterdrückende Therapien waren nur unzureichend wirksam“, berichtet Neuroimmunologe Haghikia. „Vor der Therapie habe ich mich extrem schlecht gefühlt und war regelrecht verzweifelt. Insbesondere in den letzten fünf Jahren ging es mir sehr schlecht. Zwei Jahre vor meiner Behandlung wurde ich zum Pflegefall und war auf eine Gehhilfe angewiesen. Ich saß im Rollstuhl und konnte nichts mehr alleine machen. Bei meinem letzten Krankenhausaufenthalt im Jahr 2021 hatte sich mein Zustand dermaßen verschlechtert, dass ich in die Neurologische Klinik des Universitätsklinikums Magdeburg verlegt werden musste. Prof. Haghikia und sein Ärzte-Team der Neurologie haben sich sehr um mich gekümmert und ich habe nach meinem regelrechten Ärztemarathon wieder Vertrauen zu Ärzten gewonnen. Seit Beginn meiner CAR-T-Zell-Therapie bei Prof. Mougiakakos und Prof. Haghikia im Mai 2023 geht es mir Woche für Woche besser. Eine Gehhilfe benötige ich nicht mehr und ich gehe zuversichtlich durchs Leben, insbesondere weil ich inzwischen alles alleine erledigen kann. Ich bin sehr glücklich darüber und den Ärzten sehr dankbar“, erklärt die Mutter von vier Kindern. Mougiakakos erklärt das Prinzip der CAR-T-Zell-Therapie: „Der Patientin wurden zunächst ihre eigenen T-Zellen – eine Schlüsselkomponente des Immunsystems – entnommen und genetisch zu sogenannten chimären Antigenrezeptor-(CAR-)T-Zellen reprogrammiert. Diese erkennen ein bestimmtes Eiweiß auf der Oberfläche von B-Zellen und zerstören sie dann. Anschließend haben wir dieses ‚lebende Medikament’ der Patientin als Infusion verabreicht. Nach kurzer Zeit waren alle B-Zellen, auch die schädlichen, eliminiert und die Therapie wurde sehr gut vertragen“. Haghikia betont: „Nach der stationären Überwachungsphase konnten wir die Patientin zügig entlassen. Die klinischen Symptome verbesserten sich rasch und wir konnten ihre bisherige Dauertherapie, die das Immunsystem abschwächt, ausschleichen.“ Mougiakakos spricht von einem möglichen immunologischen „Neustart“, der durch die CAR-T-Zelltherapie ausgelöst wird, da die B-Zellen mittlerweile zurückgekehrt sind, diese jedoch keine Autoantikörper zu produzieren scheinen und die Patientin damit krankheitsfrei verbleibt. Die Autoren erklären in der gemeinsamen Schlussfolgerung, dass dieser Ansatz einzigartig sei, weil er als einmalige Intervention konzipiert ist, um ein lang anhaltendes medikamentenfreies, vielleicht dauerhaftes Nachlassen beziehungsweise Verschwinden von Krankheitssymptomen zu erreichen. Dieser ehrgeizige Ansatz könnte eine neue Ära der Behandlung von neurologischen Autoimmunkrankheiten einläuten. „Jetzt sind größere kontrollierte Studien wichtig, um diesen Behandlungserfolg zu validieren und damit diese Form der Therapie möglichst vielen Patientinnen und Patienten in der nahen Zukunft zugänglich zu machen. Magdeburg nimmt dabei eine führende Rolle ein“, betonten Mougiakakos und Haghikia.
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