CAR-T-Zelltherapie: Erprobung der nächsten Generation beginnt

Ein Team von Wissenschaftlern des LMU Klinikums München um Prof. Marion Subklewe startet mit der Erprobung der nächsten Generation der CAR-T-Zelltherapie gegen Krebs. Bild: ©LMU Klinikum Pressestelle

In einem neuen Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wollen Wissenschaftler des LMU Klinikums um Prof. Marion Subklewe zusammen mit Kollegen der Universität Erlangen-Nürnberg und der Firma Miltenyi Biotec mit der klinischen Erprobung der nächsten Generation der CAR-T-Zelltherapie beginnen. Das Ziel ist die klinische Entwicklung einer neuen Therapieform auch gegen Tumoren, die bisher nicht mit dem Verfahren behandelbar waren.

Bisher steuerten die CAR-T-Zellen das Molekül CD19 an, das auf den Tumorzellen mancher Formen von Blut- und Lymphdrüsenkrebs vorhanden ist. Auf Zellen der Akuten myeloischen Leukämie (AML) aber findet sich CD19 nicht. Als Alternative für die Immunzellen gilt hier das Molekül CD33 – das kommt jedoch auch bei zu vielen anderen Zellen im Körper vor; die Nebenwirkungen sind daher unvertretbar hoch bei einer mehrwöchigen Dauertherapie gegen dieses Molekül.

Um die negativen Begleiterscheinungen auf ein verträgliches Maß zu reduzieren und gleichzeitig den therapeutischen Effekt zu erhöhen, hatten die Forschenden um Subklewe jüngst eine Idee: Warum nicht das System der CAR-T-Zelltherapie so verändern, dass sich die Behandlung schnell anpassen lässt? Dass man zum Beispiel erst CD33 ansteuert, bei Bedarf aber auf andere Zielstrukturen der Oberfläche der AML-Zellen wechselt. Diese sogenannte Adapter-CAR-T-Zelltherapie der nächsten Generation haben die Münchner Wissenschaftler mit ihren Kooperationspartnern in mehrjähriger Arbeit entwickelt. Sie soll demnächst im neuen Projekt an AML-Patienten getestet werden.

Das Procedere

  1. Aus dem Körper der Patienten werden T-Zellen isoliert. Sie werden so verändert, dass auf deren Oberfläche ein Molekül eingebaut wird, das einen Teil eines Adapter-Moleküls erkennt und daran bindet.
  2. Im Labor wird das Adapter-Molekül hergestellt. Es besteht aus einem immer gleichen Teil, der hochspezifisch an die Adapter-CAR-T-Zellen bindet. Der zweite Teil des Adapter-Moleküls ist variabel – er kann entweder an CD33 binden oder an andere Zielstrukturen auf den Tumorzellen.
  3. Die CAR-T-Zellen werden ins Blut des Patienten infundiert, sind aber inaktiv, solange nicht die Adapter-Moleküle gespritzt werden.
  4. Jetzt wird das erste Adapter-Molekül für CD33 per Spritze verabreicht. Die CAR-T-Zellen verbinden sich mit dem stabilen, immer gleichen Teil des Adapters, der wiederum mit seinem variablen zweiten Teil zielgenau an CD33 auf den Krebszellen andockt. Dadurch wird idealerweise eine Immunantwort gegen die Tumorzellen ausgelöst.
  5. Wirkt die Behandlung und kommt es zu keinen großen Nebenwirkungen, wird die Therapie zwei Wochen lang fortgesetzt. Ist sie nicht effektiv oder treten Nebenwirkungen auf, wird die Behandlung umgestellt. Dann wird die Infusion des CD33-Adapters gestoppt. Stattdessen wird der Adapter für eine andere Zielstruktur gespritzt. Der Molekülkomplex dockt an diese Zielstruktur auf den Tumorzellen an, die nächste Angriffswelle der T-Zellen beginnt.

Was das potenziell bedeutet, erklärt Subklewe: „Wir können die Therapie damit viel besser als bisher steuern und kontrollieren, wir können sie immer wieder an- und abschalten und individueller gestalten. Weil wir die CAR-T-Zellen auf mehrere Moleküle der Tumorzellen lenken können, erhoffen wir uns eine stärkere und breitere Immunantwort gegen den Krebs. Wir gehen auch davon aus, dass das Sicherheitsprofil erhöht ist, da die CAR-T-Zellen nur aktiv sind, wenn wir gleichzeitig den Adapter geben. Die AdCAR-AML-Plattform ist universell. Durch den Austausch des Adapters verändern wir die Tumorspezifität und der Ansatz ist damit einfach auf andere Krebserkrankungen zu übertragen – auch auf solide Tumoren wie Darm- oder Lungenkrebs.“

Die Wissenschaftler stellen das Verfahren und ihre Laborergebnisse im Fachblatt “Leukemia” vor. Erstautor ist Daniel Nixdorf, ebenfalls vom LMU Klinikum.