CAR-T-Zelltherapie: Nebenwirkungen im Fokus

Neben seiner klinischen Tätigkeit leitet Dr. Kai Rejeski die Arbeitsgruppe „Precision Immunotherapy“ an der Medizinischen Klinik III des LMU Klinikums. Quelle: Katrin Glückler/©LMU Klinikum

Die Immuntherapie mit CAR-T-Zellen wird – neben dem Einsatz gegen Blut- und Lymphdrüsenkrebs – inzwischen auch für solide Tumore und ­verschiedene Autoimmunerkrankungen untersucht. Mit den zunehmenden Indikationen und Patientenzahlen rückt das Thema der Nebenwirkungen in den Fokus.

Ein Team um PD Dr. Kai Rejeski von der Medizinischen Klinik III des LMU Klinikums hat in „Nature Medicine“ eine neue Strategie vorgeschlagen, um auch neuartigen Nebenwirkungen systematisch und schneller als bisher zu begegnen. Sie heißt IAGO – wie der Bösewicht in Shakespeares Othello.

Weil mehr Patienten dank der CAR-T-Zelltherapie viele Jahre überleben, geraten zunehmend auch langfristige Nebenwirkungen in den Blick. Beispiele sind Entzündungen im Nervensystem, länger anhaltende Blutbildveränderungen und Zweittumore – v. a. aber im großen Stil Infektionen.

„Das liegt daran, dass die im Körper verbleibenden CAR-T-Zellen andere Immunzellen, nämlich die B-Zellen, zerstören, was schlussendlich zu einem Antikörpermangel führt“, erläutert Rejeski, „außerdem können anhaltende Zytopenien und langfristig erniedrigte körpereigene T-Zellen, etwa durch die initiale Lymphodepletion, das Immunsystem nachhaltig schwächen.“

„Deshalb“, so der Mediziner und Arbeitsgruppenleiter weiter, „dürfen Infektionen nicht bagatellisiert werden, denn sie können häufig auftreten und auch schwerwiegend verlaufen, das muss man im Hinterkopf behalten.“

Um sie bestmöglich systematisch zu erkennen und behandeln, braucht es Forschung an Universitätskliniken. Und für Forschung an Unikliniken braucht es eine strukturierte Erfassung von Daten, auch in enger Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten, die die Patienten langfristig betreuen.

Bessere Reporting Systeme für CAR-T-assoziierte Infektionen erforderlich

In diesem Sinne „benötigen wir für CAR-T-assoziierte Infektionen neue Reporting-Systeme mit definierten Standards“, fordert Rejeski. Standards, die Fragen beantworten wie: Wann ist die Infektion aufgetreten – in den ersten 30 Tagen oder danach? War es eine bakterielle, virale oder eine Pilzinfektion? Wie schwerwiegend verlief sie? Ist sie aufgetreten, als der Patient im Krankenhaus war oder als er zu Hause war? Hatte der Patient eine Antibiotika-Prophylaxe, während er diese Infektion entwickelt hatte? „Das sind alles Informationen, die wir benötigen, um das Infektrisiko zwischen verschiedenen CAR-T Produkten nach den gleichen Maßstäben vergleichen zu können. „Hier müssen wir uns dringend verbessern”, so Rejeski weiter,

Strukturierte Datenerfassung als Grundlage für bessere Therapien

Dabei soll auch IAGO helfen. IAGO steht für die englischen Begriffe „Identification – Attribution – Grading – Optimization“. Diese Strategie soll jede neue Gruppe von Nebenwirkungen strukturiert angehen, die Infektionen genauso wie z. B. jüngst aufgetretene neue neuro­logische Nebenwirkungen oder auch die Entstehung von Tumoren, die möglicherweise mit der CAR-T-Behandlung zusammenhängen.

Im 1. Schritt geht es um die Identifikation und Beschreibung von Nebenwirkungen nach ihrer Häufigkeit, Schwere und Beständigkeit. Im 2. – der Attribution – darum, ob auftretende Nebenwirkungen wirklich kausal auf die Behandlung zurückzuführen sind. Der 3. Schritt – die Etablierung eines Grading-Systems – dreht sich um die klinische Bewertung der Nebenwirkung nach einem einheitlichen System. Einmal etabliert, sollten es alle Behandler verwenden.

Und abschließend: die „Optimization”, also die Optimierung des Managements der beschriebenen Nebenwirkung mittels neuer Therapieansätze. „Das alles ist der Rahmen, um dem Bösewicht der Nebenwirkung Herr zu werden“, so Rejeski. Und eine zentrale Aufgabe der Ärzte und Forschenden, die die CAR-T-Zelltherapie in den kommenden Jahren nutzen.