CARBON-Studie: Schlecht kontrolliertes Asthma schadet nicht nur Patienten, sondern auch der Umwelt

Die britische CARBON-Studie liefert neue Erkenntnisse zum CO2-Fußabdruck von Asthmapatienten mit mangelnder Krankheitskontrolle. (Abbildung: © Christian Horz/stock.adobe.com)

Asthmapatienten, deren Erkrankung schlecht kontrolliert ist, verursachen achtmal mehr Treibhausgasemissionen als solche, die gut eingestellt sind. Das schreiben die Autoren einer Studie, die dieses Plus an Emissionen mit dem Ausstoß von 124.000 britischen Haushalten pro Jahr gleichsetzen.

Die Verbesserung der Versorgung von Asthmapatienten könnte zu erheblichen Einsparungen bei Kohlendioxid(CO2)-Emissionen führen und dem britischen National Health Service (NHS) dabei helfen, sein gestecktes Netto-Null-Ziel zu erreichen, ergänzen die Forschenden in ihrer Publikation in „Thorax“.

Das Gesundheitswesen trägt maßgeblich zu Treibhausgasemissionen bei. Daher hat sich der NHS im Jahr vorgenommen, seinen CO2-Fußabdruck in den kommenden 15 Jahren um 80 Prozent zu verringern. Ziel ist, bis zum Jahr 2045 Netto-Null zu erreichen.

Bei rund der Hälfte der Asthmatiker im Vereinigten Königreich und in Europa ist es eher schlecht um die Kontrolle der Erkrankung bestellt, was das Risiko für Hospitalisierungen und eine schwere Erkrankung sowie die Kosten für die Gesundheitsversorgung erhöht. Um den ökologischen Fußabdruck im Kontext der Asthmatherapie im Vereinigten Königreich zu ermitteln, analysierten die Studienautoren retrospektiv anonymisierte Gesundheitsakten von 236.506 Personen mit Asthma, deren Daten zwischen 2008 und 2019 an den Clinical Practice Research Datalink übermittelt wurden.

Die Wissenschaftler schätzten dann die Treibhausgasemissionen (THG) – gemessen als Kohlendioxidäquivalent (CO2e) – im Zusammenhang mit dem Einsatz von Asthmamedikamenten, der Inanspruchnahme von Ressourcen im Gesundheitswesen und mit schweren Exazerbationen während der Nachbeobachtung.

Als gut kontrolliert galt ein Asthma, wenn es während des Follow-up keine Exazerbationen gab und wenn weniger als drei Rezepte für kurzwirksame Beta2-Agonisten (SABAs) pro Jahr ausgestellt wurden. Von einem schlecht kontrollierten Asthma hingegen gingen die Autoren aus, wenn dreimal oder häufiger ein SABA verschrieben oder mindestens eine Exazerbationen pro Jahr verzeichnet worden war. Als starke Verschlechterung des Asthmas galt eine so starke Zunahme der Symptome, dass eine kurze Behandlung mit oralen Corticosteroiden, ein Besuch in einer Notaufnahme oder gar ein Krankenhausaufenthalt notwendig wurden.

Als Verursacher für ein Plus an Treibhausgasemissionen bei suboptimaler Asthmakontrolle nennen die Studienautoren den Verbrauch von mindestens drei SABA-Wirkstoffbehältern pro Jahr, schwere Exazerbationen und das Aufsuchen des Hausarztes innerhalb von zehn Tagen nach dem Krankenhausaufenthalt oder einem Besuch in der Notaufnahme.

Die Forschenden errechneten, dass sich der CO2-Fußabdruck der Asthmabehandlung insgesamt, wenn man ihn auf die gesamte Asthmapopulation im Vereinigten Königreich hochrechnet, auf 750.540 Tonnen CO2e/Jahr beläuft.

Bei knapp der Hälfte (47%; 111.844) der Patienten erwies sich das Asthma als schlecht kontrolliert. Dabei trug ein solches schlecht kontrolliertes Asthma zu einem Plus von Treibhausgasemissionen in der Größenordnung von 303.874 Tonnen CO2e/Jahr bei – das entspricht den Emissionen von mehr als 124.000 Haushalten im Vereinigten Königreich, schätzen die Wissenschaftler. Das Mehr an Treibhausgasemissionen waren bei einer Person mit schlecht kontrolliertem Asthma im Durchschnitt achtmal höher als bei Patienten mit einer guten Krankheitskontrolle. Dabei waren die übermäßigen Treibhausgasemissionen laut den Wissenschaftlern zu 90 Prozent auf einen unsachgemäßen Einsatz von SABA zurückzuführen, während der verbleibende Teil vor allem in der Inanspruchnahme von Ressourcen im Gesundheitswesen – also Hausarzt- oder Krankenhausbesuche wegen einer Verschlechterung von Symptomen – begründet lag.

Die Studienautoren berichten außerdem, dass schlecht kontrolliertes im Vergleich zu gut kontrolliertem Asthma im Durchschnitt dreimal mehr Treibhausgasemissionen verursachte, wenn man die Treibhausgasemissionen im Zusammenhang mit allen Aspekten der Asthmabehandlung berücksichtigt – also einschließlich der routinemäßigen Verschreibung und Behandlung.

Die Wissenschaftler räumen allerdings auch einige Schwächen ihrer Analyse ein: So seien die Ergebnisse vor allem deskriptiv. Auch andere Faktoren als der Grad der Kontrolle der Asthmasymptome, wie zum Beispiel das Verschreibungsverhalten der behandelnden Ärzte, könnten zu einem hohen SABA-Verbrauch beigetragen haben. Dennoch bilanzieren die Forschenden: „Unsere Studie zeigt, dass schlecht kontrolliertes Asthma zu einem großen Teil der Treibhausgasemissionen im Zusammenhang mit der Asthmabehandlung beiträgt, wobei die unsachgemäße Verwendung von SABA der größte Einzelverursacher ist.“ Die Global Initiative for Asthma (GINA) empfehle die alleinige Anwendung von SABA nicht mehr als bevorzugtes Mittel zur Linderung akuter Asthmasymptome, erinnern die Autoren außerdem. Sie kommen zu dem Schluss, dass Bemühungen zur Verbesserung der Vorgehensweisen in der Asthmatherapie – einschließlich der Einschränkung des unangemessenen Einsatzes von SABA und der Umsetzung evidenzbasierter Behandlungsempfehlungen – zu erheblichen CO2-Einsparungen führen könnten.