CHART-Tool: Kleinkinder mit hohem Asthmarisiko in der Grundversorgung leicht erkennen

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Ein kanadisches Forscherteam hat ein einfaches symptombasiertes Screening-Tool entwickelt, das das Asthmarisiko bei Kindern frühzeitig anhand von vor dem dritten Lebensjahr erhobenen Daten erkennt.

Die Wissenschaftler beschreiben in einer aktuellen Veröffentlichung die Wirksamkeit des Instrumentes mit der Bezeichnung „CHILDhood Asthma Risk Tool“ (CHART).

„Asthma betrifft weltweit fast 330 Millionen Menschen, verursacht hohe Gesundheitskosten und ist die häufigste Ursache für Krankenhausaufenthalte bei Kindern in Kanada – insbesondere bei Kindern im Alter unter fünf Jahren“, kommentiert die Pneumologin Dr. Padmaja Subbarao vom Hospital for Sick Children (SickKids) in Toronto (Kanada). Sie ist Leiterin von CHILD und eine der Seniorautoren sowie außerordentliche Professorin für Pneumologie und Medizin an der McMaster University (Hamilton, Kanada). „Eine zeitigere Erkennung dieser Erkrankung wird es Ärzten ermöglichen, Kinder früher zu behandeln, sodass sie eine geringe Krankheitslast haben und Krankenhausaufenthalte vermieden werden, wodurch auch die Kosten für das Gesundheitssystem sinken.“

„Ein Grund, warum Asthma bei kleinen Kindern oft unentdeckt bleibt, liegt darin, dass die meisten herkömmlichen Asthmatests bei Kindern schwierig durchzuführen, zeitaufwendig und invasiv sind und Nadelstiche in die Haut sowie Blutentnahmen beinhalten, weshalb viele Patienten und Ärzte sich dagegen entscheiden“, merkt Myrtha E. Reyna-Vargas, Biostatistikerin am SickKids und eine der Erstautoren der Studie an. „Andere konventionelle Tests können auch Termine mit Spezialisten und die Verwendung von Spezialgeräten zum Testen der Lungenfunktion mit den damit verbundenen Kosten erfordern.“

CHART stuft das Risiko von Kindern für zukünftiges Asthma und anhaltende Symptome als „hoch“, „mäßig“ oder „niedrig“ ein, basierend auf Informationen, die vor dem dritten Lebensjahr gesammelt wurden. Das Tool empfiehlt Folgemaßnahmen für jede dieser Gruppen.

„Das Schöne an CHART, dem neuen Tool, das wir entwickelt haben, ist, dass es von Hausärzten oder Krankenschwestern im Umfeld der Grundversorgung mit geringen Ressourcen verwendet werden kann. Es ist nichtinvasiv kann an Ort und Stelle und sofort eingesetzt werden, ist kostenlos und erfordert keine spezielle Ausrüstung. Nachdem wir den Nutzen von CHART in der CHILD-Studie bewiesen haben, arbeiten wir nun daran, seinen Einsatz prospektiv in der klinischen Praxis zu validieren.“

In der Studie wurde das CHART-Tool auf Daten von 2354 Kindern angewendet, die an der CHILD-Studie teilnahmen. Bei dieser Untersuchung handelt es sich um eine im Jahr 2008 gestartete Längsschnittstudie, in der fast 3500 kanadische Kinder von einem Zeitpunkt bereits vor ihrer Geburt im Hinblick auf ihre körperliche, soziale und kognitive Entwicklung nachbeobachtet werden. Anhand von Informationen über Wheezing- und Hustenepisoden der Kinder, die Einnahme von Asthmamedikamenten und damit verbundene Krankenhausbesuche bis zum dritten Lebensjahr konnte CHART mit einer Genauigkeit von 91 Prozent vorhersagen, welches dieser Kinder zum Erreichen des fünften Lebensjahres an anhaltendem Wheezing – einem Schlüsselindikator für Asthma – leiden würde.

Von den Kindern, die laut CHART im Alter von drei Jahren ein hohes Asthmarisiko besaßen, wurde bei 50 Prozent von den Studienärzten im Alter von fünf Jahren Asthma diagnostiziert.

„Wir glauben, dass das Tool bei der Vorhersage von Asthma sogar noch genauer ist, als diese Zahl vermuten lässt“, fügt Dr. Malcolm Sears, Mitautor der Studie und emeritierter Professor von der McMaster University und Gründungsleiter von CHILD, hinzu.

„Aufgrund verschiedener Unklarheiten in der Art und Weise, wie Asthma klinisch definiert wird, ist es wahrscheinlich, dass einige dieser kleinen Kinder an einem Asthma leiden, das nicht formell diagnostiziert wird. Und unabhängig von einer offiziellen Asthmadiagnose wurden anhaltende Wheezing-Symptome mit einer niedrigeren Lungenfunktion, chronischen Lungenerkrankungen und der gleichen Art von Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen wie Asthma in Verbindung gebracht; anhaltendes Keuchen erfordert auch eine ähnliche Überwachung und Behandlung, sodass der Wert der Vorhersagefähigkeit des Tools unbestreitbar ist.“

Insgesamt stellten die Forschenden fest, dass CHART bei der Vorhersage von anhaltendem Wheezing, Asthma und der damit verbundenen Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen genauer ist als andere diagnostische Standardmethoden, einschließlich ärztlicher Beurteilungen und des herkömmlichen Asthmatests, des modified Asthma Predictive Index (mAPI).

Die Wissenschaftler validierten die Ergebnisse ihrer Studie unter Verwendung von CHILD-Daten, indem sie die Leistung von CHART mit Daten aus zwei weiteren Kohortenstudien verglichen: der kanadischen CAPPS-Kohorte, deren Teilnehmer alle ein hohes Asthmarisiko aufweisen, und der australischen Raine-Studie mit Personen aus der Allgemeinbevölkerung. Das Instrument CHART schnitt nicht nur innerhalb dieser Kohorten gut ab, sondern erwies sich – dank der über die CAPPS-Kohorte verfügbaren Daten – als effektiv, wenn es auf Daten von Kindern im Alter von zwei Jahren angewendet wurde.

„Wir haben CHART als pragmatisches Screening-Tool für vielbeschäftigte Primärversorger entwickelt“, erklärt die Ruixue (Vera) Dai, ebenfalls Biostatistikerin am SickKids und eine der Erstautoren. „Mit Informationen, die leicht gesammelt werden können, könnte CHART als Routinebewertung in elektronische Patientenakten integriert werden. Diese Kinder können man dann genauer untersuchen, ihre Erkrankungen besser behandelt und gemanagt sowie viele Krankenhausaufenthalte vermieden werden. Soweit wir wissen, ist dies die erste Studie, in der ein nichtinvasives Instrument zur Früherkennung von Asthma und anhaltendem Wheezing in der Allgemeinbevölkerung entwickelt wurde, das man anschließend in allgemeinen und Hochrisiko-Kohorten validierte.“