Chefarzt kritisiert Studie zur Schilddrüsendiagnostik: „Medizinisch nicht nachvollziehbar“18. März 2025 Foto: © Sebastian-Kaulitzki/stock.adobe.com Eine Studie hat im Gesundheitswesen für Diskussionen gesorgt. Sie legt nahe, dass es im ambulanten Bereich bei TSH-Messungen zur Schilddrüsenfunktion eine „Überversorgung“ gebe. Kritik kommt von Dr. Matthias Orth vom Marienhospital Stuttgart. Die betreffende Studie der TU Berlin stützt sich auf Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigung, um die medizinische Plausibilität von Schilddrüsenuntersuchungen zu bewerten. Dr. Matthias Orth, Chefarzt des Instituts für Laboratoriumsmedizin am Marienhospital Stuttgart, betont jedoch, dass solche Daten nur bedingt Aussagekraft haben. „Die Symptome von Schilddrüsenstörungen sind vielfältig, und eine TSH-Bestimmung ist ressourcenschonend. Bei normalem Befund wird ein Ausschluss oft nicht per ICD-Code dokumentiert“, erklärt er. Die Schlussfolgerung der Autoren, dass Hormonbestimmungen wie fT4 bei bestimmten Diagnosen unnötig oder schädlich seien, hält er für fragwürdig. Besonders die Bewertung der subklinischen Hypothyreose – eine latente Unterfunktion – sieht Orth kritisch: „Die Diagnosekriterien sind hier nicht eindeutig. Patienten dürfen nicht von weiterer Diagnostik ausgeschlossen werden, nur weil ein Schaden suggeriert wird.“ Diagnosekriterien nicht eindeutig Die S2K-Leitlinie der DEGAM/AWMF empfiehlt bei verdächtiger Anamnese die Bestimmung von fT4 zusätzlich zum TSH-Wert. Orth verteidigt diese Vorgabe: „Die Leitlinie ist korrekt, versucht aber, verschiedene Ansätze zu vereinen, ohne alle Details abzudecken.“ Ein generelles Screening bei symptomfreien Personen werde nicht empfohlen, doch bei Verdacht auf Störungen sei die schrittweise Diagnostik unerlässlich. Ein Praxisproblem schildert Orth anhand eines typischen Falls: Allgemeinmediziner bestimmen oft nur den TSH-Wert, um Plausibilitätsprüfungen zu entgehen, und überweisen bei Auffälligkeiten an Nuklearmediziner. „Das verzögert die Diagnose erheblich, verursacht Mehrkosten und unnötige Arztbesuche“, so Orth. Er plädiert für eine automatisierte Stufendiagnostik, wie sie auch die Kassenärztliche Vereinigung vorschlägt. Die Kosten für TSH (2,03 Euro) und fT4 (3,15 Euro) seien ohnehin gering und würden im Budget der Kassen nicht direkt einsparen, da es sich um umverteiltes Geld handle. Die Studie klassifiziere Schilddrüsenuntersuchungen als „low value care“ – eine Kategorie für potenziell schädliche Maßnahmen. Orth widerspricht: „Das ist irreführend. Im Gegensatz zu wirklich schädlichen Untersuchungen, wie bei Choosing Wisely gelistet, ist die Schilddrüsendiagnostik nützlich und kosteneffizient.“ Er kritisiert zudem die rein ökonomische Perspektive der Krankenkassen und schlägt vor, den sogenannten Wirtschaftlichkeitsbonus, den Ärzte für das Unterlassen von Laborleistungen erhalten, stattdessen in leitliniengerechte Diagnostik zu investieren. Patienten mit unklaren Symptomen rät Orth, auf die Empfehlung der Kassenärztlichen Vereinigung zu verweisen: „Fordern Sie eine TSH-Bestimmung und bei Auffälligkeiten automatisch fT4 und gegebenenfalls fT3.“ Damit könne eine schnelle und sinnvolle Diagnose gesichert werden.
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