Chronische Nierenkrankheit: UKSH-Studie sieht aktuellen Handlungsbedarf12. November 2024 Foto: © wladimir1804/stock.adobe.com Eine neue Studie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, und dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi), zeigt laut den Forschenden Handlungsbedarf in der Versorgung von Betroffenen mit CKD in Deutschland auf. In der Studie, die in der Fachzeitschrift „The Lancet Regional Health – Europe“ veröffentlicht wurde, wurden erstmals die Abrechnungsdaten von über 73 Millionen gesetzlich Versicherten mit Blick auf die Prävalenz der chronischen Nierenerkrankung (CKD) systematisch analysiert. Bei 1,9 Prozent der deutschen Bevölkerung war im Jahr 2022 eine mittlere bis fortgeschrittene CKD diagnostiziert worden. Studie: Unzureichende Versorgung Fast ein Drittel der Patienten im fortgeschrittenen Stadium 4 der Erkrankung wurde innerhalb des Jahres 2022 nicht fachärztlich durch eine nephrologische Praxis betreut. Diese nicht-überwiesenen Patienten erhielten deutlich seltener eine Bestimmung der Nierenfunktion und der Urineiweißausscheidung, welche gemäß den internationalen KDIGO-Leitlinien für eine optimale Behandlung und Einschätzung der Prognose mindestens dreimal jährlich erfolgen sollte. Eine geringere Mitbehandlungsrate durch Facharztpraxen wiesen insbesondere Frauen und ältere Menschen sowie Bewohner von Pflegeheimen auf. Beispielsweise erhielten 52 Prozent der Frauen über 86 Jahre mit fortgeschrittener CKD keine Überweisung an eine Fachpraxis, während dies bei Männern derselben Altersgruppe bei 38 Prozent der Fall war. Regionale Faktoren beeinflussten die Überweisungsrate nicht. „Unsere Analyse verdeutlicht, dass viele CKD-Betroffene im fortgeschrittenen Stadium gemessen an den internationalen nephrologischen Leitlinien unzureichend versorgt werden. Aktuelle Daten anderer Arbeitsgruppen legen darüber hinaus nahe, dass es vermutlich noch eine hohe Dunkelziffer an nicht-diagnostizierten Patienten mit CKD gibt, die hier nicht erfasst wurden“, erklären die Erstautoren der Studie, Dr. Friedrich von Samson-Himmelstjerna, Arzt am UKSH, und Dr. Edgar Steiger, Teamleiter Data Science am Zi. „Welche Gründe genau dazu führen, dass bestimmte Patientengruppen nicht entsprechend der KDIGO-Empfehlungen behandelt werden, lässt sich anhand unserer Studie nicht bestimmten und muss im Weiteren erforscht werden“, fügen sie hinzu. Bessere Zusammenarbeit gefordert Die Studie hebt nach Angaben der Wissenschaftler die Dringlichkeit eines besseren Zusammenwirkens von hausärztlichen und nephrologischen Praxen hervor, um die Versorgung von CKD-Patienten zu verbessern. „Die chronische Nierenerkrankung erhöht nicht nur das Risiko für Nierenversagen, sondern auch für Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, betont Dr. Dominik von Stillfried, Vorstandsvorsitzender des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi). „Mit einer alternden Bevölkerung wird die Zahl der CKD-Betroffenen weiter steigen. Das stellt eine erhebliche Belastung für unser Gesundheitssystem dar und bedeutet für viele Betroffene persönliches Leid, weshalb wir dringend Lösungen finden müssen, um diese Patienten frühzeitig zu identifizieren und zu behandeln“, sagt er weiter. Dr. Kevin Schulte, Letztautor der Studie und stellvertretender Klinikdirektor der Klinik für Innere Medizin IV, fordert einen klaren Fahrplan für die zukünftige Versorgung: „Nicht jeder Mensch mit CKD muss zwingend von einer fachärztlichen Praxis betreut werden, aber alle Erkrankten haben das Recht auf eine adäquate Diagnose und optimale Betreuung. Unsere Ergebnisse zeigen, dass wir im Bereich der Prävention deutlich besser werden können und müssen. Dies könnte die Zahl dialysepflichtiger Patienten und damit die Ressourcenanforderung an das Gesundheitssystem künftig senken.“ Schulte und von Stillfried plädieren deshalb dafür, dass nephrologische und hausärztliche Praxen gemeinsam Maßnahmen zur besseren Früherkennung und flächendeckenden Behandlung entwickeln. Ein wichtiger Aspekt ist dabei, dass internationale nephrologische Leitlinien, wie die KDIGO-Empfehlungen, eine intensivere Überwachung von Menschen mit CKD auch bei älteren Betroffenen fordern, während hausärztliche Leitlinien oft weniger spezialisierte Maßnahmen vorsehen. „Gerade bei älteren Patienten zeigt sich diese Diskrepanz deutlich. Eine engere Abstimmung zwischen hausärztlicher und fachärztlicher Versorgung, die im Praxisalltag gut umsetzbar ist, ist dringend notwendig“, betont Schulte abschließend.
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