Chronischer Zellstress: Fettsäuren begünstigen Wachstum krebsfördernder Bakterien25. September 2025 Das Team um Prof. Dirk Haller und Dr. Olivia Coleman hat nachgewiesen, dass ein gestörter Lipidstoffwechsel das Mikrobiom beeinflusst und eine Ursache für Darmkrebs ist. Die Studie lief an Organoiden, Mäusen und mit Abgleich von Patientendaten per KI; SFB CRC 1371 (Microbiome Signatures); fotografiert am 15.09.2025 in den Laboren am Lehrstuhl am Campus Freising; Foto: ©Astrid Eckert, TU München Forschende der Technischen Universität München (TUM) haben einen Zell-Mechanismus identifiziert, der ein tumorförderliches Mikrobiom begünstigt. Eine Analyse von Patientendaten zeigt, dass die Befunde auch auf den Menschen zutreffen. Ausgangspunkt der beobachteten Mikrobiom-Veränderungen ist ein Protein, das eigentlich eine Schutzfunktion hat: ATF6 (Activating Transcription Factor 6). Solange in den Zellen alles normal läuft, bleibt es inaktiv. Sammeln sich zu viele fehlerhafte Eiweiße an, wird es aktiv und stößt Prozesse an, die der Zelle helfen, diese Eiweiße zu reparieren oder abzubauen. Die Zelle ist also kurzfristig gestresst, kehrt dann aber wieder in den Ruhezustand zurück. Bei manchen Erkrankungen bleibt das Schutzprotein jedoch dauerhaft aktiv. Das Darm-Mikrobiom verändert sich daraufhin zu einem, das Krebs auslösen kann. Dies hat ein Team um Dr. Dirk Haller, Professor für Ernährung und Immunologie, und Dr. Olivia Coleman, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl von Haller, bereits in früheren Studien gezeigt. Nun konnten die Forschenden aufzeigen, wie es zu dieser Veränderung des Mikrobioms kommt. Ihre Ergebnisse sind in „Nature Metabolism“ erschienen. Langkettige Fettsäuren als Lieblingsnahrung bestimmter Bakterien Eine zentrale Rolle nimmt der Fettstoffwechsel in den Darmzellen ein. Normalerweise versorgt dieser die Zellen mit Energie und liefert wichtige Bausteine und Signalstoffe. Bei chronischer Aktivierung des Schutz-Proteins ATF6 verändert er sich jedoch und es entstehen vermehrt langkettige Fettsäuren. Genau diese dienen dann bestimmten Bakterien als Nahrung, vor allem Desulfovibrio fairfieldensis. Sie vermehren sich und verdrängen andere Mikroben – die Zusammensetzung des Mikrobioms verändert sich somit. Frühere Studien konnten zeigen, dass diese Bakterien sich in zu großer Menge negativ auf den Darm auswirken, denn sie stoßen Schwefelwasserstoff aus – ein Gas, das Darmzellen schädigt, wenn zu viel davon vorhanden ist. Diesen Prozess, der bei einer gestörten Zellfunktion beginnt, über einen veränderten Fettstoffwechsel führt und schließlich in eine Anpassung des Mikrobioms zugunsten bestimmter Bakterien mündet, konnte das Team in verschiedenen Versuchen in Darm-Organoiden und Mäusen nachweisen. So zeigte sich unter anderem, dass Mäuse, die ohne Mikrobiom gezüchtet wurden, auch bei dauerhafter ATF6-Aktivierung keinen Krebs entwickelten, Mäuse mit Mikrobiom jedoch schon. Wurde bei den Mäusen mit Mikrobiom der Fettstoffwechsel medikamentös blockiert, der Prozess also unterbrochen, blieben auch die Tiere mit Mikrobiom krebsfrei, da es nicht zur Überproduktion der langkettigen Fettsäuren kam. Auch im Menschen nachgewiesen In einem weiteren Schritt prüfte das Team, ob die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind. Die Forschenden werteten Daten von mehr als 1000 Krebspatienten aus. Bis zu 38 Prozent der Betroffenen über 50 Jahren wiesen in den untersuchten Kohorten eine chronische ATF6-Aktivierung auf. Zudem fanden die Forschenden auch zahlreiche eben jener langkettigen Fettsäuren, die sie auch in Mäusen mit dauerhaft aktiviertem ATF6 nachgewiesen haben. Lassen sich aus diesen Ergebnissen schon Maßnahmen ableiten – etwa mikrobiotische Präparate, die das Wachstum von Bakterien wie Desulfovibrio fairfieldensis eindämmen? „Eine Therapie können wir auf dieser Basis noch nicht empfehlen“, erklärt Haller. „Wir forschen momentan unter anderem zu der Frage, welchen Einfluss die Ernährung auf diese Prozesse hat und ob die chronische ATF6-Aktivierung auch bei anderen Krebsarten eine Rolle spielt. Auf diesen Ergebnissen aufbauend, können wir in Zukunft hoffentlich mit klinischen Tests und Methoden wirksame Therapien entwickeln.“
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