Cochrane Review: Sind oral oder intravenös verabreichte Corticosteroide wirksam gegen COVID-19?

Corticosteroide wie Dexamethason werden in verschiedenen Leitlinien weltweit zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit schwerer COVID-19-Erkrankung empfohlen. (Foto: © Cavan/stock.adobe.com)

Bei COVID-19 sollen Corticosteroide die oft überschießende Reaktion des Immunsystems auf das Virus abmildern. Aber wie wirksam sind sie in der Praxis? Ein neuer Cochrane Review wertet die vorhandene Evidenz aus.

Im Spätsommer 2020 hatten vorläufige Ergebnisse aus der RECOVERY-Studienplattform Hinweise auf einen Überlebensvorteil für schwerer an COVID-19 erkrankte Patientinnen und Patienten gegeben. Seitdem werden Corticosteroide, unter ihnen Dexamethason, in verschiedenen Leitlinien weltweit empfohlen. Nun haben Autorinnen und Autoren des vom Bund über das Netzwerk Universitätsmedizin finanzierten Projekts CEOsys den erste Lebenden Systematischen Review erstellt, der den hohen qualitativen Standards von Cochrane entspricht. Dabei wurden alle bisher verfügbaren randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) einer aufwändigen Qualitätskontrolle unterzogen, die Ergebnisse der Studien zusammengefasst und teils in Metaanalysen ausgewertet.

Das Ergebnis: Steroide haben wahrscheinlich einen positiven, wenn auch nur geringen Einfluss auf die Sterblichkeit in den ersten vier Wochen der Erkrankung. Konkret: Während in dieser Zeit in der Kontrollgruppe (Placebo bzw. Standardversorgung) 275 von 1000 Patientinnen und Patienten mit schwerer COVID-19 verstarben, lag diese Zahl bei Betroffene, die mit Corticosteroiden behandelt wurden bei 245 von 1000, es gab also 30 Todesfälle weniger. Dieses Ergebnis des Reviews beruht auf Evidenz aus 9 RCTs mit fast 8000 Patientinnen und Patienten. Seine Vertrauenswürdigkeit wurde von den Autorinnen und Autoren als moderat eingestuft, der zweithöchsten von vier Stufen im GRADE-System zur Bewertung der Vertrauenswürdigkeit von Evidenz.

„Oral oder intravenös verabreichte Corticosteroide bringen wahrscheinlich einen kleinen Vorteil in der Behandlung von hospitalisierten Patienten mit sich. Allerdings können wir auf Basis der vorliegenden Evidenz nicht beurteilen, ob sie in der Behandlung von COVID-19 auch unerwünschte Effekte haben“, kommentieren Hauptautor Mirko Griesel und Hauptautorin Carina Wagner.

Die Arbeitsgruppe stellt zudem fest, dass Daten aus RCTs fehlen, die den Krankheitsverlauf über die ersten vier Wochen hinaus untersuchen. Auch für Patientinnen und Patienten, die bei zunächst milder Erkrankung nicht im Krankenhaus behandelt werden, fehlen Studienergebnisse zu den Effekten einer Corticosteroidgabe.