COPD: Mittels KI-gestützter Biomarker-Analyse lassen sich drohende Exazerbationen erkennen

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Eine frühe Vorhersage akuter Verschlechterung einer Chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung könnte Patienten dabei unterstützen, auslösende Faktoren zu meiden – und Behandler wären mit einem solchen Test in der Lage, Therapien frühzeitig entsprechend zu modifizieren.

Die an der Studie teilnehmenden Patienten führten täglich einen einfachen Test ihres Urins mit einem Teststreifen durch und schickten die Resultate per Smartphone an die Wissenschaftler. Dank KI-Unterstützung in der Analyse der Ergebnisse konnten die Forschenden eine Verschlechterung der Symptome eine Woche im Voraus vorhersagen. Dies könnte es ermöglichen, frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, wie zum Beispiel eine Eskalation oder Veränderung der Behandlung, um eine solche drohende Exazerbation zu minimieren oder sogar zu verhindern.

Die Studie wurde von Prof. Chris Brightling von der University of Leicester (Großbritannien) geleitet. Er sagt: „Es wäre besser, wenn wir einen Anfall vorhersagen könnten, bevor er eintritt, und dann die Behandlung individuell gestalten könnten, um den Anfall entweder zu verhindern oder seine Auswirkungen zu verringern. Wir wollten einen prädiktiven Test entwickeln, der wie eine persönliche Wettervorhersage für einen bevorstehenden Anfall funktioniert.“

Identifizierung von Biomarkern und Test-Entwicklung

Die Arbeitsgruppe analysierte zunächst Urinproben von 55 COPD-Patienten und suchten nach Veränderungen in der Zusammensetzung des Urins, die einer Exazerbation vorausgingen. So konnten sie eine Reihe von Biomarkern identifizieren. Anschließend entwickelte man unter der Leitung des Unternehmens Global Access Diagnostics in Bedford (Großbritannien) einen Urintest, mit dem sich fünf dieser Biomarker messen lassen. Der Test ist den Lateral-Flow-Tests für COVID-19 sehr ähnlich. Anschließend baten die Forschenden eine Gruppe von 105 COPD-Patienten aus dem Glenfield Hospital in Leicester sowie dem dem Prince Philip Hospital in Llanelli (ebenfalls Großbritannien), ihren Urin sechs Monate lang täglich zu testen und die Testergebnisse per Smartphone an die Forscher zu übermitteln.

Mit einem Urintest lassen sich Biomarkerwerte messen – die Ergebnisse versenden die Patienten mittels Smartphone. (Foto: © European Respiratory Society/Global Access Diagnostics)

Bei der Suche nach Veränderungen der Biomarkerwerte im Zusammenhang mit CODP-Exazerbationen kam ein künstliches neuronales Netzwerk zum Einsatz. Die Wissenschaftler stellten fest, dass sich auf der Grundlage dieser KI-Analyse eine Exazerbation etwa sieben Tage vor dem Auftreten jeglicher Symptome genau vorhersagen ließ.

Vorteile der Untersuchung von Urinproben

„Der Vorteil der Urinprobennahme besteht darin, dass die Patienten sie relativ schnell und einfach täglich zu Hause durchführen können”, betont Brightling. „Wir müssen nun noch mehr Arbeit investieren, um den KI-Algorithmus mit Daten einer größeren Patientengruppe zu verfeinern. Wir hoffen, dass uns dies ermöglicht, KI-Tests für COPD-Patienten zu entwickeln, die lernen, was für die jeweilige Person ‚normal‘ ist, und einen Krankheitsschub vorhersagen. Die Versorgung der Patienten könnte dann angepasst werden: So sind beispielsweise weitere Tests oder Therapien nötig oder eine Einschränkung der Exposition gegenüber Triggern wie Umweltverschmutzung oder Pollen.“

Prof. Apostolos Bossios vom Karolinska Institutet und dem Karolinska University Hospital in Stockholm (Schweden) leitet die Arbeitsgruppe Atemwegserkrankungen der European Respiratory Society und erklärt in dieser Funktion: „Diese Studie ist vielversprechend, weil sie nahelegt, dass wir mithilfe der KI-Analyse von Urinproben eine Exazerbation vorhersagen können, bevor er beginnt. Wenn sich dies auf lange Sicht als erfolgreich erweist, könnte dieser Test sicherstellen, dass Patienten die Behandlung und Versorgung erhalten, die sie benötigen, um Symptomschübe so schnell wie möglich zu reduzieren.“