Corona-Studie: Dialysepatienten reagieren auf Variantenimpfstoff ähnlich gut wie Immungesunde

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Ob jemand bereits eine Corona-Erkrankung hatte oder nicht, kann einen Unterschied in der Wirkung einer Impfung ausmachen. Das gilt für gesunde Personen genauso wie für Dialyse-Patienten, wie nun zwei Studien von der Universität des Saarlandes zeigen.

Die Immunologinnen Rebecca Urschel und Saskia Bronder, die beide am Lehrstuhl von Martina Sester, Professorin für Immunologie an der Universität des Saarlandes, forschen, haben untersucht, wie sich ein bivalenter Impfstoff, der gegen mehrere Varianten von SARS-CoV-2 wirksam ist, im Immunsystem von gesunden Personen und Dialysepatienten auswirkt. Die Ergebnisse wurden in den „Nature“-Tochterjournalen „Nature Communications“ und „npj vaccines“ veröffentlicht. Beide Studien enthalten hunderte einzelne Datenpunkte: Insgesamt 160 Personen wurden individuell hinsichtlich vorangehender Infektionen, Antikörper und T-Zellen untersucht. „Im Zuge der Pandemie haben wir insgesamt zirka 5000 Datensätze von rund 1800 Patientinnen und Patienten gesammelt“, fasst Sester die Dimension der Studien zusammen.

Urschel hat sich in ihrer Studie die Reaktion von 127 immungesunden Menschen auf den Impfstoff angeschaut, der im Herbst 2022 verimpft wurde. „Das Interessante dabei war, dass ziemlich genau die Hälfte der Personen zuvor eine Corona-Infektion durchgemacht hatte, die andere Hälfte zum Zeitpunkt der Untersuchung noch keine“, sagt die Forscherin. Dieser Umstand ist wichtig, um Unterschiede in der Wirkungsweise des Impfstoffs herauszufinden.

Beide Gruppen, bereits mit Corona infizierte sowie bisher nicht infizierte Personen, haben zu Beginn der Studie eine Corona-Impfung erhalten. Zwei Wochen später wurde allen Blutproben abgenommen, in welchen Antikörper und T-Zellen gemessen wurden. „Nach der Impfung konnten wir feststellen, dass insbesondere die zuvor noch nicht infizierten Personen einen signifikanten Boost bei den Antikörpern hatten“, fasst Urschel zusammen. „Bei den T-Zellen hingegen gab es keine wirklich großen Unterschiede“, so die Wissenschaftlerin weiter. Zuvor bereits an Corona erkrankte Menschen hatten in etwa genauso viele T-Zellen im Blut wie die Probanden, die zuvor noch keine Infektion durchgemacht haben.

Eine weitere interessante Beobachtung bezieht sich auf die Zahl der Durchbruchsinfektionen. „Von insgesamt 25 Durchbruchsinfektionen entfielen 16 auf zuvor nicht infizierte Personen, 9 auf diejenigen, die bereits eine Erkrankung durchgemacht haben“, so Urschel. Bezüglich der Schutzwirkung der durch Impfung ausgebildeten Immunität gab es interessante Unterschiede zwischen Personen mit und ohne vorangegangener Infektion. „Unter den zuvor nicht infizierten Teilnehmern mit nachfolgendem Durchbruchsinfekt waren die Antikörper-Titer geringer als bei Personen, die keine Infektion entwickelten. Das gilt auch für das Level der CD4-T-Zellen“, führt sie weiter aus.

Bei den zuvor infizierten Personen hingegen war das Level der Antikörper und der T-Zellen bei Personen mit und ohne Durchbruchsinfektion auf demselben Niveau. „Das hat vorher noch niemand so beschrieben. Solche feinen Unterschiede herauszukitzeln, war in der Pandemie vermutlich die letzte Chance“, führt Sester aus. Denn inzwischen dürfte so gut wie jeder eine Corona-Infektion durchgemacht haben, so dass Daten von Menschen, die noch nie in Berührung mit dem Virus gekommen sind, so gut wie unmöglich zu erheben sind.

Untersuchung mit Dialyse-Patienten

Bronder hat ihre Studie, die nach demselben Design aufgebaut ist, an Dialysepatienten durchgeführt. Insbesondere immungeschwächte Personen stellten und stellen nach wie vor eine besonders schutzwürdige Gruppe in einer Pandemie dar, da sie sich leichter infizieren können und damit höheren Risiken ausgesetzt sind im Vergleich zur gesunden Bevölkerung. An Bronders Studie nahmen 33 Dialysepatienten der SHG-Klinik Völklingen teil, von denen 14 bis zum Zeitpunkt der Impfung noch keine Infektion durchgemacht haben und 19 bereits einmal an Corona erkrankt waren.

Interessanterweise unterscheiden sich bei Bronders Studie die Ergebnisse auf der immunologischen Detailebene von den Ergebnissen aus Urschels Studie mit den immungesunden Personen: „Bei den Dialysepatienten kam es ebenfalls zu einem signifikanten Anstieg der Antikörper im Blut. Zuvor infizierte Patienten wiesen jedoch einen deutlich höheren Level von CD4-T-Zellen auf, der sogar höher war als bei Gesunden“, erklärt Bronder. „Dialysepatientinnen und -patienten reagieren demnach ähnlich gut wie Immungesunde auf den Variantenimpfstoff“, schlussfolgert Sester aus den Beobachtungen. „Die Verträglichkeit der Impfung ist ebenfalls sehr gut. Bei Umsetzung der aktuellen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission ist also mit einer guten Immunantwort zu rechnen“, so die Expertin.

Für die Untersuchung der Schutzwirkung nach einer Durchbruchsinfektion war die Zahl der teilnehmenden Dialysepatienten hingegen zu klein. Diese Frage konnte Bronder in ihrer Arbeit daher nicht beantworten.