COVID-19: Bisher kein Hinweis auf Übertragung von Mutter zu Kind in später Schwangerschaft

Die Covid-19-Symptome der Schwangeren in den untersuchten Fällen glichen denen von Nicht-Schwangeren. (Foto: © pressmaster/Adobe Stock)

Derzeit gibt es keine Hinweise darauf, dass die neue Lungenerkrankung COVID-19 bei Neugeborenen schwerwiegende unerwünschte Folgen hat oder im Mutterleib auf das Kind übergehen kann.

Das hat eine kleine Beobachtungsstudie an Frauen aus Wuhan (China) ergeben. Die darin eingeschlossenen Frauen waren im dritten Trimester der Schwangerschaft, als sie an einer durch den Erreger SARS-CoV-2 verursachten Lungenentzündung erkrankten.

In der in „The Lancet“ veröffentlichten Studie gab es zwei Fälle von sogenanntem fetalem Distress, aber alle neun Schwangerschaften endeten mit einer Lebendgeburt. Die Autoren der Studien beobachteten außerdem, dass die Symptome von COVID-19 bei Schwangeren denen von Nicht-Schwangeren ähnelten und keine der untersuchten Frauen eine schwere Pneumonie entwickelte oder verstarb.Die Autoren der neuen Studie warnen davor, dass ihre Ergebnisse auf einer begrenzten Anzahl von Fällen über einen kurzen Zeitraum beruhen und nur Frauen in einer späten Schwangerschaftsphase einschloss, die ihr Kind per Kaiserschnitt zur Welt brachten. Die Auswirkungen einer mütterlichen Virusinfektion im ersten oder zweiten Trimenon der Schwangerschaft und die daraus resultierenden Folgen für die Nachkommen bleiben  somit unklar. Ebenso bleibt die Frage offen, ob das Virus während einer vaginalen Geburt von der Mutter auf das Kind übertragen werden kann.

Die neue Studie entstand nach der Nachricht, dass ein Neugeborenes (das von einer mit SARS-CoV-2 infizierten Mutter geboren wurde) innerhalb von 36 Stunden nach der Geburt positiv auf eine COVID-19-Infektion getestet wurde. Die warf die Frage auf, ob sich das Kind im Mutterleib infiziert haben könnte.

Der Hauptautor der Studie, Prof. Yuanzhen Zhang vom Zhongnan Hospital der Universität Wuhan (China), sagt über diesen Fall: „Es ist wichtig zu betonen, dass viele wichtige klinische Details dieses Falles fehlen, und aus diesem Grund können wir nicht aus diesem Fall schlussfolgern, ob eine intrauterine Infektion möglich ist. Dennoch sollten wir Neugeborenen, die von Müttern mit COVID-19-assoziierter Pneumonie geboren wurden, weiterhin besondere Aufmerksamkeit widmen, um Infektionen in dieser Gruppe vorzubeugen.“

Mitautorin, Prof. Huixia Yang vom Ersten Krankenhaus der Universität Peking (China), fügt hinzu: „Bestehende Studien zu den Auswirkungen von COVID-19 gelten für die Allgemeinbevölkerung, und es gibt nur begrenzte Informationen über das Virus bei schwangeren Frauen. Dies zu untersuchen ist wichtig, weil schwangere Frauen besonders anfällig für Atemwegserreger und schwere Pneumonien sind: Sie haben ein geschwächtes Immunsystem und machen schwangerschaftsbedingt physiologische Veränderungen durch ,die ihre Risiko für schlechte Outcomes erhöhen Auch wenn in unserer Studie kein Patient eine schwere Pneumonie entwickelte oder an der Infektion verstarb, müssen wir das Virus weiter erforschen, um seine Auswirkungen in einer größeren Gruppe schwangerer Frauen zu verstehen.“

Für die Studie wurden die medizinischen Unterlagen von neun schwangeren Frauen, die an einer durch eine COVID-19-Infektion verursachten Lungenentzündung litten, retrospektiv analysiert. Bei allen Frauen wurde die Infektion im Labor bestätigt, und die Autoren untersuchten die Symptome allen neun Frauen. Zusätzlich wurden bei sechs der neun Fälle Proben von Fruchtwasser, Nabelschnurblut, und Muttermilche genommen sowie Abstriche aus den Rachen der Neugeborenen. Diese Proben wurden anschließend auf SARS-CoV-2 getestet. Zu betonen ist, dass die Fruchtwasser- und Nabelschnurblutproben sowie die Rachenabstriche zum Zeitpunkt der Geburt im Kreißsaal entnommen wurden, um sicherzustellen, dass die Proben nicht kontaminiert waren. Zudem ließen sich so, betonen die Wissenschaftler, die intrauterinen Bedingungen am besten abbilden.

Alle Mütter in der Studie waren zwischen 26 und 40 Jahre alt. Keine wies eine Grunderkrankung auf; allerdings entwickelte eine der Frauen aber der 27. Gestationswoche eine Schwangerschaftshypertonie und eine andere in der 31. Woche eine Präeklampsie. Die Erkrankungen beider Patientinnen waren während der Schwangerschaft stabil.

Die neun Frauen in der Studie zeigten typische Symptome einer COVID-19-Infektion und erhielten Sauerstoffunterstützung sowie Antibiotika. Sechs der Frauen erhielten zudem eine antivirale Therapie. Alle neun Schwangerschaften führten zu Lebendgeburten, und es gab keine Fälle von Asphyxie unter den Neugeborenen. Vier Frauen zeigten Schwangerschaftskomplikationen (bei zweien trat fetaler Distress auf und bei zwei weiteren kam es zu einem vorzeitigen Blasensprung). Vier der Frauen erlitten Frühgeburten, die nicht mit der Infektion assoziiert waren und nach 36 Schwangerschaftswochen auftraten. Zwei der Frühgeborenen hatten ein geringes Geburtsgewicht.

Die Autoren stellen fest, dass ihre Ergebnisse den Beobachtungen bei Infektionen mit dem SARS-Virus bei schwangeren Frauen glichen, bei denen keine Hinweise auf eine Übertragung des Virus von der Mutter auf das Kind während der Schwangerschaft oder der Geburt vorlagen. Die Forscher betonen auch, dass es nötig sein werde, die Frauen und Kinder in der aktuellen Studie zukünftig weiter zu beobachten. Diese sei aufgrund einiger Beschränkungen mit Vorsicht zu interpretieren; so sei das Infektionsrisiko der Mütter sowie die Auswirkungen des Zeitpunktes oder der Art der Entbindung auf die Schwangerschaftsergebnisse nicht bewertet worden. Mehr Forschung sei nötig, um zu bestimmen, ob COVID-19 die Plazenta schädigen kann, da dies das Risiko einer vertikalen Übertragung erhöhen könnte.

In einem begleitenden Kommentar zu der aktuellen Untersuchung schreibt Dr. Jie Qiao vom Dritten Krankenhaus der Universität Peking, die selbst nicht an der Studie beteiligt war, dass diese neuen Forschungsergebnisse dazu beitrügen, die klinischen Merkmale, die Schwangerschafts-Outcomes und das Potenzial einer vertikalen Übertragung von COVID-19 zu verstehen. Die Medizinerin stellt fest, dass dies für die präventive und klinische Praxis in China und anderswo unter solchen Umständen wie den derzeit gegebenen wertvoll sei. Sie  vergleicht zudem die Auswirkungen des Virus mit denen von SARS und erklärt: „Frühere Studien haben gezeigt, dass SARS während der Schwangerschaft mit einer hohen Inzidenz von Komplikationen bei Müttern und Neugeborenen verbunden ist, wie spontanen Fehlgeburten, Frühgeburten, intrauterinen Wachstumsstörungen, Notwendigkeit einer endotrachealen Intubation, Aufnahme auf die Intensivstation, Nierenversagen und disseminierte intravaskuläre Koagulopathie. Schwangere mit COVID-19 wiesen in der vorliegenden Studie jedoch weniger die Mütter und die Neugeborenen betreffenden Komplikationen auf, ebenso wie weniger Outcomes wie solche, die bei einer SARS-CoV-1-Infektion zu erwarten wären. Obwohl nur eine kleine Anzahl von Fällen analysiert wurde und die Ergebnisse mit Vorsicht interpretiert werden sollten, stimmen die Ergebnisse größtenteils mit der klinischen Analyse überein, die Zhu und Kollegen von zehn Neugeborenen von Müttern mit COVID-19-Pneumonie durchgeführt haben.“