COVID-19: DGK-Präsident Zeiher wünscht sich “Pragmatismus mit Plan”

Prof. Andreas Zeiher, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie. (Foto: privat)

Im Zeichen der Corona-Krise hat sich heute Prof. Andreas Zeiher, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK), mit einer sehr persönlichen Mitteilung an die Öffentlichkeit gewandt.

„Die DGK unterstützt vollumfänglich die derzeit alle unsere Lebensbereiche erfassenden tiefgreifenden Einschränkungen, einschließlich der empfohlenen medizinischen Maßnahmen und Etablierung von Notfallversorgungskonzepten zur Eindämmung der Corona-Pandemie wie auch zur Betreuung von schwer erkrankten Corona-Patienten“, betont Zeiher in seiner Stellungnahme. „Die uns Kardiologinnen und Kardiologen anvertrauten Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen stehen in dieser Zeit in ganz besonderem Fokus, da sie nicht nur zur Risiko-Population für die Erkrankung selbst zählen, sondern insbesondere bei einer Infektion mit dem COVID-19-Virus von besonders schweren Krankheitsverläufen und einer dramatisch erhöhten Sterblichkeit bedroht sind.“

Ärzte hätten daher eine ganz besondere Verantwortung für Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, der sie durch Einbringung ihrer Expertise gerecht werden müssten, so der DGK-Präsident weiter. Die Herz-Kreislauf-Medizin habe in den vergangenen Jahrzehnten ihre hohe Kompetenz bewiesen, und sie habe überwiegenden Anteil an den in den vergangenen drei Jahrzehnten in der Gesamtbevölkerung zugewonnenen Lebensjahren. „Wir verstehen es als unsere selbstverständliche Pflicht, diese Kompetenz wo immer möglich und geboten unseren Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen uneingeschränkt zukommen zu lassen.“

Symptome von COVID-19 sind auch Symptome gefährlicher Herzerkrankungen

Zeiher fährt fort: „In Anlehnung eines in meinen Augen äußerst lesenswerten Artikels der ehemaligen Richterin am Bundesverfassungsgericht Gertrude Lübbe-Wolff im Feuilleton der FAZ vom 24. März 2020 müssen wir konstatieren: Die Angewiesenheit auf Fachwissen bedeutet nicht, dass über alle zu treffenden üblichen und medizinisch notwendigen Maßnahmen der virologisch-infektiologische Sachverstand und die Erfahrung mit der Beatmungstherapie zu befinden hätten. Dyspnoe und zum Teil Husten, die häufigsten Initialsymptome von COVID-19 infizierten Patienten, sind die klassischen Symptome von Patienten mit akuter Lungenembolie, dekompensierter Herzinsuffizienz, hochgradiger Mitralklappeninsuffizienz, symptomatischer Aortenklappenstenose und lebensbedrohlichen Arrhythmien. Epidemien pulmonaler Infektionen führen bekanntermaßen zu einer kurzzeitigen Verdoppelung kardiovaskulärer Ereignisraten bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit oder Herzinsuffizienz. Darüber hinaus haben Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Falle einer COVID-19 Infektion eine fünffach erhöhte Mortalität, sind bedroht von Myokard-Nekrosen und lebensbedrohlichen Arrhythmien und bedürfen einer Überwachung der potentiellen Kardiotoxizität von antiviralen Therapien.“

Zeiher appelliert daher eindringlich an die Kollegen aus der Medizin: „Lassen Sie uns daher in allen Bereichen der medizinischen Versorgung unseren Sachverstand in der Prävention, Diagnostik und Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowohl im niedergelassenen Bereich als auch in den Krankenhäusern einbringen und unsere Beteiligung an den Behandlungskonzepten einschließlich der Notfallversorgung unter entsprechender Ressourcenallokation einfordern.“

Gesetzliche Regelungen: Kardiologische Expertise muss berücksichtigt werden

Auch die bedeutsamen gesetzlichen Regelungen zur Bewältigung der Krise – allen voran das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite – bringe (wenn auch zunächst nur zeitlich begrenzt) weitreichende Änderungen der Entscheidungskompetenzen innerhalb unseres Gesundheitssystems mit sich, so der Kardiologe. Ungeachtet der Notwendigkeit dieser zu drastischen Maßnahmen berechtigenden Regelungen ist es in seinen Augen unerlässlich, auch hier im Rahmen der Umsetzung dieser Normen den kardiologischen, medizinischen Sachverstand und die über Jahrzehnte dokumentierte Kompetenz in der Versorgung der weiterhin für die Todesursache Nummer eins verantwortlichen Erkrankung, nämlich der Herzerkrankung, einzubringen. Zeiher weiter: „Ich bitte Kardiologinnen und Kardiologen von Herzen, wann immer und wo immer sie Möglichkeiten sehen, sich hier beratend bei den entsprechenden Behörden, Kammern und Kommissionen aktiv einzuschalten. Unsere Expertise ist hier in vordringlichster Weise notwendig, und wir sollten die Entwicklungen mit aller gebotenen Achtsamkeit, aber auch Besonnenheit verfolgen.“

„Ich bin sicher“, so schließt Zeiher, „dass die Herz-Kreislauf-Medizin einen wesentlichen Beitrag in der Bewältigung dieser unsere gesamte Bevölkerung betreffenden Gesundheitskrise leisten kann. Lassen Sie uns daran mit aller Kraft unter dem Motto ‘Pragmatismus mit Plan’ arbeiten.“