COVID-19: Entdeckung macht Hoffnung auf Schutz vor schwerem Verlauf für Hochrisikopatienten

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Forschende in den USA haben eine Möglichkeit identifiziert, um eine schwere COVID-19-Erkrankung bei Patienten mit hohem Risiko zu verhindern.

In ihrer kürzlich veröffentlichten Studie schlagen Dr. Jie Sun von der University of Virginia (UVA; USA) und Kollegen einen Weg vor, wie an Adipositas oder Diabetes leidende Patienten vor einer außer Kontrolle geratenen Entzündung und gefährlichen Blutzuckerspitzen geschützt werden können, die in manchen Fällen durch COVID-19 verursacht werden. Diese Patienten besitzen ein hohes Risiko für eine schwere COVID-19-Erkrankung – und da die Wirksamkeit existierender COVID-19-Therapien nachlasse, würden dringend neue Behandlungsoptionen benötigt, schreibt das University of Virginia Health System in einer Mitteilung anlässlich der Veröffentlichung der Studie.

„In unserer Arbeit haben wir einen Stoffwechselweg identifiziert, der gleichzeitig die COVID-19-Entzündung, die Lungenregeneration und die metabolische Gesundheit des Wirts moduliert. Sie deutet auf ein potenziell brauchbares Therapeutikum hin, das mit bestehenden antiviralen Mitteln kombiniert werden kann, um eine schwere COVID-19-Erkrankung bei Patienten mit zugrunde liegenden Stoffwechselerkrankungen zu behandeln“, erklärt Sun. Er ist in der Abteilung für Infektionskrankheiten und internationale Gesundheit der UVA und am Carter Immunology Center der UVA tätig.

„Wir hoffen, dass diese Studie ein starkes Interesse an klinischen Studien weckt, um schwere Virusinfektionen, einschließlich COVID-19, bei Diabetikern und/oder adipösen Personen mit einem Insulinsensibilisator der zweiten Generation zu verhindern oder zu therapieren“, sagt Studienautor Jie Sun von der Universität von Virginia School of Medicine. (Foto: © Erin Edgerton, University Communications)

Schweren COVID-19-Erkrankungen vorbeugen

Suns Ansatz zielt darauf ab, eine schwere COVID-19-Erkrankung zu verhindern, indem der mitochondriale Pyruvat-Carrier (MPC) adressiert wird. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die Verringerung der Aktivität dieses Trägers adipöse Labormäuse vor einer schweren Erkrankung schützte, die durch Influenza und SARS-CoV-2 verursacht wurden. Die Reduzierung der Energiezufuhr in die Mitochondrien reduzierte gleichzeitig schädliche Entzündungen und förderte die Stoffwechselgesundheit. Sie trug auch dazu bei, ungünstige Blutzuckerspitzen im Zusammenhang mit COVID-19 zu verhindern, und förderte die Lungenregeneration nach COVID-19 und Influenzapneumonie.

Die Forscher merken an, dass ihr Ansatz mit der antiviralen Komponente von Paxlovid, Nirmatrelvir, „synergisierte“, um die Sterblichkeit unter den Labormäusen „deutlich“ zu reduzieren. Dies deutet darauf hin, dass es möglich sein könnte, ein insulinsensibilisierendes Medikament zu verwenden, um ähnliche Ergebnisse bei menschlichen Patienten mit COVID-19 zu erzielen.

„Wir wissen, dass Steroide bei schwerer COVID-19-Erkrankung wirksam sind, jedoch bringen diese Medikamente Nebenwirkungen wie erhöhten Blutzucker mit sich, die ihren Einsatz bei übergewichtigen und diabetischen Patienten erschweren“, erläutert Studien-Co-Autor Dr. Jeffrey Sturek. Er ist Pneumologe und Intensivmediziner und inzwischen spezialisiert auf COVID-19. „Das wirklich Spannende an diesem Signalweg ist die Fähigkeit, sowohl Entzündungen als auch einen veränderten Glukosestoffwechsel zu behandeln.“

Um den potenziellen Nutzen beim Menschen zu bewerten, testeten die Forschenden ihren Ansatz an menschlichen Lungengewebeproben. Auch hier verringerte das Medikament die zelluläre Entzündung – für die Wissenschaftler ein vielversprechendes Zeichen, obwohl weitere Tests erforderlich sein werden.

Basierend auf ihren Ergebnissen planen die UVA-Wissenschaftler gemeinsam mit dem Hersteller des insulinsensibilisierenden Medikamentes, das in der aktuellen Untersuchung verwendet wurde, eine klinische Studie, in der es an menschlichen Patienten mit COVID-19 getestet wird. Cirius Therapeutics hat das Medikament zur Behandlung von Leberschäden bei Patienten mit Nichtalkoholischer Fettlebererkrankung entwickelt. Seine Wirkung beruht auf einem kürzlich identifizierten Mechanismus zur Umprogrammierung des mitochondrialen Stoffwechsels und hat ein laut den Autoren der aktuellen Studie ein „herausragendes“ Sicherheitsprofil. Das lässt die Forschenden  hoffen, dass ihre neue Studie bei Menschen mit einem hohen Risiko für eine schwere COVID-19-Erkrankung wirklich etwas bewirken könnte.

„Diabetes erhöht den Schweregrad einer COVID-19-Erkrankung, und umgekehrt kann COVID-19 zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels führen“, fasst Sun zusammen. „Unsere Arbeit lässt vermuten, dass wir ein Thiazolidindion-Medikament der zweiten Generation verwenden können, um das Netzwerk von SARS-CoV-2-Infektion, Hyperglykämie und Hyperentzündung zu durchbrechen – alles Faktoren, von denen bekannt ist, dass sie die COVID-19-Pathophysiologie vorantreiben.“