COVID-19: Interferon verbessert Outcomes bei hospitalisierten Erwachsenen nicht

Kolorierte rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einer menschlichen Zelle, die stark mit SARS-CoV-2-Viruspartikeln infiziert ist (rot). (Aufnahme: © NIAID Integrated Research Facility in Fort Detrick, Maryland)

Eine klinische Studie hat ergeben, dass bei hospitalisierten Erwachsenen mit COVID-19-Pneumonie die Behandlung mit dem Immunmodulator Interferon-beta-1a plus dem Virustatikum Remdesivir einer Remdesivir-Monotherapie nicht überlegen ist.

Darüber hinaus beobachteten die Studienautorinnen und -autoren bei einer Untergruppe von Betroffenen, die High-Flow-Sauerstoff benötigten, dass Interferon-beta-1a mit mehr unerwünschten Ereignissen und schlechteren Outcomes verbunden war.

Für die Studie mit dem Namen Adaptive COVID-19 Treatment Trial 3 (ACTT-3) wurden im Zeitraum 05.08.-21.12.2020 Daten gesammelt. Sie wurde vom US-amerikanischen National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) gesponsert und von den National Institutes of Health finanziert.

Interferon beta-1a hat die gleiche Aminosäuresequenz wie das natürlich vorkommende und zu den Typ-1-Interferonen gehörende Protein Interferon beta. Laborstudien haben gezeigt, dass die normale Typ-1-Interferon-Reaktion nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 unterdrückt wird. Darüber hinaus wurde in früheren Studien an Krankenhauspatientinnen und -patienten mit COVID-19 eine verringerte Produktion von Interferon als Reaktion auf eine SARS-CoV-2-Infektion bei vielen Betroffenen belegt. Dies war mit einer schwereren Erkrankung verbunden. Andere Laborstudien und klinische Daten stützten die Hypothese, dass die Behandlung mit Interferon-beta-1a die Gesundheits-Outcomes bei Personen mit COVID-19 verbessern könnte.

Letztlich stellten die ACTT-3-Untersucher jedoch fest, dass Interferon-beta-1a plus Remdesivir im Vergleich zu Remdesivir allein bei hospitalisierten Erwachsenen mit COVID-19 nicht mit einem klinischen Nutzen verbunden war. Der primäre Endpunkt – die Zeit bis zur Genesung – war bei den Teilnehmern, die Interferon-beta-1a plus Remdesivir erhielten, dieselbe (median 5 Tage) wie unter Remdesivir-Monotherapie. Die Wahrscheinlichkeit einer klinischen Besserung an Tag 15 war bei den Teilnehmenden in den beiden Behandlungsgruppen ebenfalls ähnlich.

Remdesivir wurde in dieser Studie als aktive Kontrolle verwendet, da der erste Durchlauf der ACTT-Studien ergeben hatte, dass das Virustatikum einem Placebo bei der Verkürzung der Zeit bis zur Genesung bei mit COVID-19 hospitalisierten Erwachsenen überlegen war.

Das ACTT-3-Studienteam nahm 969 Erwachsene an 63 Standorten in den USA, Japan, Mexiko, Singapur und Südkorea in seine Untersuchung auf. 60 Prozent der Patientinnen und Patienten waren weiß, 17 Prozent  waren schwarz, neun Prozent waren asiatischer Abstammung, bei einem Prozent handelte es sich um Angehörige der nordamerikanischen indigenen Völker beziehungsweise um Ureinwohner Alaskas, während 32 Prozent Hispanoamerikaner oder lateinamerikanischer Abstammung waren. Die Teilnehmenden wurden bei doppelter Verblindung für eine Behandlung entweder mit Interferon-beta-1a plus Remdesivir oder mit einem Placebo plus Remdesivir randomisiert.

Am 04.09.2020 erfolgte eine Änderungen des Studienprotokolls: Die Rekrutierung von Personen mit schwerer COVID-19-Erkrankung, die High-Flow-Sauerstoff benötigten, wurde gestoppt sowie solche Personen ausgeschlossen, die eine nichtinvasive oder invasive maschinelle Beatmung benötigten. Diese Änderungen wurden vorgenommen, nachdem das Data and Safety Monitoring Board (DSMB) der Studie eine höhere Rate schwerer unerwünschter Ereignisse (insbesondere eine Verschlechterung des Atemstatus) bei denjenigen Teilnehmenden festgestellt hatte, die bei der Aufnahme in die Studie High-Flow-Sauerstoff benötigten und in der Studie Interferon-beta-1a erhielten, im Vergleich zu denjenigen, die kein Interferon-beta-1a bekamen. Die Autorinnen und Autoren der ACTT-3-Studie spekulieren, dass Interferon die Entzündungsreaktion verstärkt haben könnte, was bei diesen Patientinnen und Patienten zu schwereren Atemwegserkrankungen führte. Die Forschenden merken jedoch an, dass dieses schlechtere Outcome möglicherweise durch ein Ungleichgewicht der Ausgangswerte zwischen der Interferon- und der Kontrollgruppe beeinflusst worden ist.