COVID-19: KI sagt Risiko, Schweregrad und Therapie voraus

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US-Forscher wollen unter Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) und Maschinellem Lernen therapeutische Entscheidungen bei hospitalisierten COVID-19-Patienten erleichtern. Neue Erkenntnisse dazu stellen sie in einer aktuellen Publikation vor.

Um den Schweregrad von COVID-19 und die besten therapeutischen Interventionen vorherzusagen, haben die Forscher ein KI-gesteuertes Systems zur Entscheidungsunterstützung entwickelt. Zu diesem Zweck identifizierten sie wichtige Merkmale, die den Schweregrad der Erkrankung bei stationär behandelten Patienten beeinflussen. Konkret konzentrierte sich die Studie auf die Vorhersage der Notwendigkeit einer Aufnahme auf die Intensivstation (ICU) mit oder ohne mechanische Beatmung und einer Aufnahme auf die Intermediate Care Unit (IMCU).

Für die monozentrische Studie analysierten die Wissenschaftler Daten aus elektronischen Gesundheitsakten (eHR) von 5371 Patienten, die zwischen März 2020 und Januar 2021 mit COVID-19 in ein Krankenhaus in Südflorida (USA) eingeliefert worden waren. Die Forschenden trainierten 3 Random-Forest-Modelle, um eine maschinelle Beatmung, die Aufnahme auf die ICU bzw. die IMCU anhand von 24 Variablen vorherzusagen. Zu diesen gehörten soziodemografische Daten, Komorbiditäten und eingesetzte Medikamente. Die Analyse konzentrierte sich auf Daten, die zum Zeitpunkt der Hospitalisierung erhoben wurden.

Mithilfe der Modelle wurden für eine maschinelle Beatmung, die Aufnahme auf die ICU beziehungsweise die IMCU folgende Faktoren als sich überschneidend wichtigste Prädiktoren für die drei Outcomes identifiziert: Alter, Ethnie, Geschlecht, Body-Mass-Index (BMI), Diarrhoe, Diabetes und Hypertonie sowie frühe Stadien von Nierenerkrankungen und Pneumonien.

Die Autoren beobachteten auch, dass Personen im Alter ab 65 Jahren („ältere Erwachsene“), Männer, aktuelle Raucher sowie Personen mit Übergewicht oder Adipositas (laut BMI) einem höheren Risiko für schwere COVID-19-Erkrankungen ausgesetzt waren. Untersucht wurde auch der COVID-19-Schweregrad bei gleichzeitigem Auftreten der genannten Risikofaktoren.

Wechselwirkungen zwischen Risikofaktoren

Hauptautorin Prof. Debarshi Datta vom Christine E. Lynn College of Nursing der FAU erläutert: „Dies ist eine der sehr wenigen Studien, die solche Wechselwirkungen zwischen Risikofaktoren mithilfe von Interpretierbarkeitsansätzen des Maschinellen Lernens untersucht haben. So erhöhte beispielsweise eine Lungenentzündung in Kombination mit Diabetes das Risiko für eine künstlichen Beatmung, während Diarrhoe zum Zeitpunkt der Aufnahme auf die ICU in starkem Maße mit Diabetes interagierte. Der Schweregrad der Erkrankung auf der IMCU war bei älteren Erwachsenen mit Kombinationen wie Durchfall mit Lungenentzündung und Hypertonie assoziiert. Darüber hinaus schienen Medikamente wie Angiotensin-II-Rezeptorblocker und ACE-Hemmer den Schweregrad der Krankheit zu verringern, was mit früheren Untersuchungen zu ihren Schutzwirkungen übereinstimmt.“

Die wichtigsten Merkmale, die durch die Interpretierbarkeit der Modelle identifiziert wurden, stammten aus den Kategorien „soziodemografische Merkmale“, „Komorbiditäten vor Krankenhausaufenthalt“ und „Medikamente“. Vor der Hospitalisierung bestehende Komorbiditäten spielten jedoch bei verschiedenen kritischen Zuständen eine entscheidende Rolle. Neben der Bedeutung einzelner Merkmale liefern die Interaktionen der Merkmale auch wichtige Informationen zur Vorhersage des wahrscheinlichsten Outcomes der Patienten – ein laut den Forschenden wichtiger Aspekt im Kontext hohen Patientenaufkommens und einer Priorisierung wie während der COVID-19-Pandemie.

Verwendung leicht zugänglicher Daten

Im Vergleich zu früheren Studien zeichnet sich dieser neuartige Ansatz durch die Verwendung leicht zugänglicher eHR-Daten und die Kombination von Interpretierbarkeitstechniken des Maschinellen Lernens mit traditionellen statistischen Methoden aus. Das hier eingesetzte Verfahren ermöglichte ein tieferes Verständnis von Merkmalen wie Alter, Geschlecht, BMI und Komorbiditäten wie Diabetes und Hypertonie in unterschiedlichen Schweregraden.

„Auch wenn Biomarker in anderen Studien verwendet wurden, lässt der eingeschränkte Zugang dazu unsere Ergebnisse für reale Anwendungen im Gesundheitswesen als praktischer erscheinen“, erklärt Prof. David Newman, Co-Autor und Statistiker am FAU Christine E. Lynn College of Nursing. „Indem wir wichtige Faktoren und Wechselwirkungen identifizieren, die die Ergebnisse von COVID-19 beeinflussen, liefert unsere Studie umsetzbare Erkenntnisse zur Verbesserung der Patientenversorgung und zur Unterstützung von Gesundheitssystemen in Zeiten hoher Nachfrage.“