COVID-19-Pandemie: Boostern hilft Hochbetagten

Wie Impfungen gegen COVID-19 sich bei Hochbetagten auswirken, ermittelte ein Forschungsteam aus dem Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene sowie dem Institut für Virologie der Universität Marburg. (Foto: © Thorsten Richter)

Menschen im Alter über 80 Jahre benötigen teils eine dritte Impfung gegen COVID-19, um gut auf den Impfstoff von BioNTech/Pfizer anzusprechen. Das hat ein Team aus Marburg, Berlin und Frankfurt am Main herausgefunden, indem es ermittelte, welche Immunreaktion die Geimpften aufweisen.

Gut zwei Drittel der Bevölkerung in der Bundesrepublik sind mittlerweile vollständig gegen COVID-19 geimpft. „Die Impfung schützt vor tödlichen Verläufen der SARS-CoV-2-Infektion, auch bei älteren Erwachsenen“, betont der Marburger Mediziner Prof. Michael Lohoff, einer der Leitautoren des Fachaufsatzes.

Doch die Wirkung der Impfung nimmt mit der Zeit ab. „Krankheitsausbrüche bei älteren Geimpften geben Anlass zur Sorge, und so wir fragten uns, wie zuverlässig eine Impfung bei Älteren zu einer guten Immunreaktionen führt“, führt Dr. Henrik Mei vom Deutschen Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ) aus, ein weiterer Leitautor. Schützt die Impfung gegen eine Erkrankung und gegen einen schweren Krankheitsverlauf?

Um das herauszufinden, analysierte die Forschungsgruppe Blutproben von 51 Personen, die das 80. Lebensjahr überschritten haben. Das Team ermittelte unter anderem, wieviele Antikörper und T-Lymphozyten gegen den Erreger SARS-CoV-2 die Hochbetagten gebildet haben, nachdem sie zweimal geimpft worden sind; diese Werte wurden mit denen von jüngeren Menschen im Alter zwischen 20 und 53 Jahren verglichen.

Zwar regten die Impfungen das Immunsystem an und wirkten sogar gegen die Deltavariante von SARS-CoV-2; aber je nach Alter zeigten sich deutliche Unterschiede. So bilden die hochbetagten Probandinnen und Probanden weniger Antikörper und T-Lymphozyten als Jüngere. Bei fünf der Personen im Alter von über 80 Jahren ließen sich nach der zweiten Impfung sogar gar keine oder verschwindend wenige Antikörper und T-Lymphozyten nachweisen; das entspricht einem Anteil von zehn Prozent, während etwas Vergleichbares bei der jüngeren Kontrollgruppe überhaupt nicht vorkam.

Die fünf Betroffenen erhielten daher 16 Wochen nach der ersten Impfung eine dritte Dosis. „Am Tag der Boosterimpfung erwiesen Blutuntersuchungen, dass keine messbare Immunantwort gegen das Coronavirus mehr vorlag“, berichtet der Marburger Virologe Dr. Christian Keller, ein weiterer Leitautor. Doch nach der Auffrischung sah der Befund ganz anders aus: Innerhalb von zwei Wochen bildeten vier der fünf Nachgeimpften ebensoviele Antikörper wie jüngere Personen nach der zweiten Impfung. „Leider zeigt der verbliebene fünfte Proband auch nach einer vierten Impfung noch immer keine ausreichende Immunantwort“, fügt Keller hinzu.

„Zwar reagiert das Immunsystem von Personen über 80 schwächer gegen SARS-CoV-2 als das von Jüngeren“, legt Mei dar. Immerhin aber zeigten 90 Prozent der Hochbetagten eine spezifische Immunantwort, nachdem sie zwei Dosen des Impfstoffes von BioNTech/Pfizer erhalten haben. „Die Daten sind seit Auftauchen der neuen Omikron-Variante noch relevanter geworden, da für deren Abwehr besonders ausgeprägte Immunantworten erforderlich sind. Die Risikogruppe der Überachtzigjährigen sollte also unbedingt eine frühzeitige Booster-Impfung in Anspruch nehmen“, ergänzt Keller. „Das Nichtansprechen älterer Personen auf die Schutzimpfung gegen das Coronavirus ist kein Schicksal, sondern kann durch Auffrischungsimpfungen überwunden werden“, fasst Lohoff zusammen.