COVID-19 und Rauchen: Höheres Risiko für eine schwere Erkrankung

Foto: © BStock/stock.adobe.com

Rauchen verschlimmert mit hoher Wahrscheinlichkeit eine COVID-19-Erkrankung und erhöht das Risiko, an der Infektion zu versterben. Das ist das Ergebnis einer großen Studie mit Daten aus der UK Biobank.

Laut den Autorinnen und Autoren ist dies die erste Studie ihrer Art, die Beobachtungs- und genetische Daten zu Rauchen und COVID-19 zusammenführt.

Die bisherige Evidenz dafür, ob Tabakkonsum mit einer größeren Wahrscheinlichkeit für eine schwerere COVID-19-Infektion verbunden ist, war widersprüchlich, stellen die Forschenden fest.

Mehrere Studien, die zu Beginn der COVID-19-Pandemie durchgeführt wurden, berichteten von einer geringeren Prävalenz unter aktiven Rauchern, die mit COVID-19 in ein Krankenhaus eingeliefert wurden, als in der Allgemeinbevölkerung. Andere bevölkerungsbezogene Studien haben jedoch gezeigt, dass Rauchen ein Risikofaktor für die Infektion ist.

Der Großteil der bisherigen Forschung war jedoch beobachtender Natur, weshalb kein kausaler Effekt festgestellt werden konnte.

Die Autorinnen und Autoren der aktuellen Arbeit kombinierten daher Beobachtungs- und Mendelsche Randomisierungsanalysen, um den Zusammenhang besser zu verstehen.

Bei der Mendelschen Randomisierung handelt es sich nach Angaben der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um ein Verfahren, bei dem genetische Varianten als Stellvertreter für einen bestimmten Risikofaktor verwendet werden – in diesem Fall genetische Varianten, die dazu führen, dass jemand mit höherer Wahrscheinlichkeit raucht oder stärker raucht – um genetische Evidenz für einen kausalen Zusammenhang zu erhalten.

Die Forschenden griffen auf Daten aus der Primärversorgung sowie COVID-19-Testergebnisse, Krankenhauseinweisungsdaten und Sterbeurkunden zurück, um zwischen Januar und August 2020 bei 421.469 Personen in der UK Biobank nach einem Zusammenhang zwischen Rauchen und der Schwere einer COVID-19-Infektion zu suchen. Alle in die Analyse aufgenommenen Personen waren genetisch untersucht worden, als sie sich zur Teilnahme bereit erklärt hatten.

Während des Studienzeitraumes wurde bei 13.446 (3,2%) Personen ein PCR-Test auf COVID durchgeführt. Von diesen fielen 1649 (0,4 %) positiv aus. 968 (0,2%) der betreffenden Personen mussten in ein Krankenhaus eingeliefert werden, und 444 (0,1%) verstarben an den Folgen ihrer Infektion.

Die meisten (59%) Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten noch nie geraucht, während es sich bei einem Drittel (37%) um ehemalige Raucherinnen und Raucher handelt. Nur vier Prozent rauchten zum Zeitpunkt der Datenerhebung immer noch. Von diesen aktuellen Tabakkonsumenten rauchten die meisten (71%) nur wenig oder mittelstark (1–19 Zigaretten/Tag), und nur 29% waren starke Raucher (20+/Tag).

Verglichen mit Nieraucherinnen und -rauchern war die Wahrscheinlichkeit für eine Krankenhauseinweisung bei aktuell Rauchenden um 80 Prozent und die Wahrscheinlichkeit, an COVID-19 zu sterben, signifikant höher.

Die Forscher setzten die Mendelsche Randomisierung ein, um zu beurteilen, ob eine genetische Veranlagung für Rauchen und starkes Rauchen bei 281.105 der ursprünglichen und in England lebenden Teilnehmenden eine Rolle für den Schweregrad von COVID-19 spielen könnte. Dabei zeigte sich, dass eine genetische Veranlagung zum Rauchen mit einem um 45 Prozent höheren Infektionsrisiko und einem um 60 Prozent höheren Risiko für eine Krankenhauseinweisung aufgrund von COVID-19 verbunden war.

Zudem war zu beobachten, dass eine genetische Veranlagung zu stärkerem Rauchen mit einer mehr als doppelt so hohen Ansteckungsgefahr einherging sowie mit einer 5-fachen Erhöhung des Risikos für eine Krankenhauseinweisung und eine 10-fache Erhöhung des Mortalitätsrisikos im Zusammenhang mit dem Virus.

Zwar räumen die Forscher ein, dass sie sich nur auf COVID-19-Testdaten aus dem Krankenhaus und nicht auf repräsentativere Daten aus der Allgemeinbevölkerung stützten, doch sie weisen auch auf die Vergleichbarkeit der Ergebnisse in beiden Analysereihen hin.

„Insgesamt unterstützt die Kongruenz von Beobachtungsanalysen – die auf Assoziationen mit kürzlich beobachteten Verhalten in Bezug auf das Rauchen hindeuten – und [Mendelsche Randomisierungs-]Analysen – die Assoziationen mit einer lebenslange Prädisposition für das Rauchen und den Schweregrad des Tabakkonsums anzeigen – einen kausalen Effekt des Rauchens auf den Schweregrad einer COVID-19-Erkrankung“, schlussfolgern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

„Die Vorstellung, dass Tabakrauchen vor COVID-19 schützen kann, war immer unwahrscheinlich“, erklären Dr. Anthony Laverty und Dr. Christopher Millet vom Imperial College London (Großbritannien) in einem verlinkten Kommentar zu dieser Studie.

„Das Auftreten einer pandemischen Atemwegserkrankung sollte der ideale Moment sein, um sich gemeinsam auf die Tabakkontrolle zu konzentrieren“, fügen Laverty und Millet hinzu und heben einen kürzlich veröffentlichten Bericht des Royal College of Physicians hervor. Darin wurde festgestellt, dass Großbritannien noch nicht auf dem Weg ist, bis zum Jahr 2030 das erklärte Ziel der britischen Regierung von einer Raucherprävalenz von weniger als fünf Prozent zu erreichen. Gezeigt wurde in dem Bericht auch, dass das Rauchen nach wie vor eine Hauptursache für Ungleichheiten in Bezug auf die Gesundheit ist.