Damit aus Verlangen keine Straftat wird1. August 2025 Ein interaktives Chat-Tool lädt Nutzer von Missbrauchsabbildugen zum therapeutischen Gespräch ein. (Foto: © Charité, STOP-CSAM | Peter Jeschke) Die Zahl der Missbrauchsabbildungen im Netz nimmt rasant zu – und damit auch ihre Nutzung. Dem hat sich das EU-Präventionsprojekt STOP-CSAM unter Leitung der Charité – Universitätsmedizin Berlin mit einer neuartigen therapeutischen Chat-Intervention gestellt. Das von der Europäischen Kommission geförderte Projekt STOP-CSAM startete vor knapp zwei Jahren mit dem Ziel, dem Missbrauch von Kindern durch sexualisierte Abbildungen präventiv zu begegnen. STOP-CSAM steht für: Scalable Technology for Online Prevention of Child Sexual Abuse & Child Abuse Materials. Potenzielle Täter und Täterinnen wurden bei der Suche nach Bildern im Netz angesprochen und an eine Online-Intervention weitergeleitet. Dort konnten sie Termine für einen interaktiven Chat, geführt von qualifizierten Therapeutinnen und Therapeuten, vereinbaren, der in unterschiedlichen Sprachen angeboten wird. Auf diese Weise ist es dem Projektteam gelungen, die bislang weltweit größte Gruppe von Personen durch eine solche gezielte Intervention zu erreichen. Insgesamt 5029 Betroffene reagierten auf das therapeutische Angebot, 180 nahmen an jeweils vier Chat-Sitzungen teil, ein Teil von ihnen meldete sich zusätzlich für zwei Booster-Sitzungen an. Zwar lag die Abbrecherquote erwartungsgemäß hoch – etwa jeder Zweite verließ die Studie vorzeitig. Bei den verbliebenen Teilnehmenden führte die Chat-Intervention jedoch nachweislich zu einer Reduktion der Nutzung von Missbrauchsabbildungen, heißt es im jetzt veröffentlichten Abschlussbericht. Sinkende Nutzungsdauer und -intensität „Anhand der begleitenden Fragebögen konnten wir feststellen, dass sich nach den anonymen Online-Therapiesitzungen die Nutzungsdauer von Missbrauchsabbildungen im Schnitt um die Hälfte reduziert hat, auch waren die danach konsumierten Bilder weniger drastisch im Inhalt“, berichtet Projektleiter Prof. Klaus Beier, Direktor des Instituts für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin der Charité. „Das ist ein Erfolg, da jede Reduktion des Konsums bedeutet, dass weniger Straftaten begangen werden und realer Schaden an Kindern verhindert wird.“ Die dokumentierten, anonymen Chat-Verläufe wurden auch qualitativ ausgewertet. Dabei beobachteten die Forschenden ein kreislaufartiges Muster aus Gefühlen und dem Konsum von Missbrauchsabbildungen, ähnlich wie es von Suchterkrankungen bekannt ist. Start des Folgeprojekts TD-CHAT Aufbauend auf den Erkenntnissen von STOP-CSAM konnte inzwischen die Troubled Desire Selbsthilfe- und Chat-Studie TD-CHAT beginnen. Sie prüft mit wissenschaftlichen Methoden das Gesamtkonzept der Informations- und Selbsthilfe-Plattform Troubled Desire. Betroffene finden hier mehrsprachige und niedrigschwellig zugängliche Selbsthilfe-Anleitungen. Auch kostenfreie und anonyme Chat-Sitzungen in einem geschützten digitalen Raum mit geschulten Therapeuten unter Schweigepflicht werden angeboten. TD-CHAT setzt den Weg von STOP-CSAM fort und trägt dazu bei, das erfolgreiche Präventionsangebot weiter auszubauen. Wie das Vorgängerprojekt leistet auch TD-CHAT weltweit einen Beitrag zur Prävention, in deren Zentrum potenzielle Täter und Täterinnen stehen. Die Forschenden gehen davon aus, dass der Konsum von Missbrauchsabbildungen die Schwelle für Übergriffe in der Realität senkt. Prävention schützt demnach nicht nur Kinder, die auf Abbildungen gelangen, sondern auch potenzielle Opfer von Kindesmissbrauch im täglichen Leben. Über STOP-CSAM und TD-Chat Das Projekt STOP-CSAM wurde unter Leitung des Instituts für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin der Charité in Kooperation mit der Trás-os-Montes e Alto Douro Universität (Portugal), der Technischen Universität Berlin, der Internationalen Universität Katalonien (Spanien) und dem Nationalen Institut für Mentale Gesundheit (Tschechien) durchgeführt und von der Europäischen Kommission gefördert. TD-CHAT wird in Zusammenarbeit mit der Internationalen Universität Katalonien (Spanien) umgesetzt. Dieses Projekt ist dank Prevention Global möglich, einer gemeinsamen Initiative des Moore Centers für die Prävention von Missbrauchsabbildungen an der Johns Hopkins University (Baltimore, USA) und des Königlichen Instituts für Forschung zur Mentalen Gesundheit (Ottawa, Kanada). Die Initiative wird von der Oak Foundation finanziert.
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