Dank Nabelschnur-Stammzellen: Erstmals Therapieerfolg bei schwerem Lungenhochdruck

Mikroskopische Aufnahme der kultivierten menschlichen mesenchymalen Stammzellen aus der Spender-Nabelschnur – deren Stammzellprodukte im konditionierten Medium für diesen Therapieansatz verwendet wurden. Foto: Ralf Hass – MHH-Frauenklinik

Ärzte der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) haben ein dreijähriges Mädchen mit pulmonal arterieller Hypertonie behandelt, indem sie Nabelschnur-Stammzellen verwendeten.

Klinischen Forscherinnen und Forschern der Medizinischen Hochschule Hannover ist es gelungen, den zumeist tödlichen Krankheitsverlauf bei schwerem Lungenhochdruck dank eines neuartigen Therapieansatzes zu stoppen. Ein dreijähriges Mädchen, das an der sogenannten pulmonal arteriellen Hypertonie (PAH) litt, wurde ein halbes Jahr lang insgesamt fünfmal mit mesenchymalen Stammzellprodukten behandelt, die aus einer menschlichen Nabelschnur gewonnen worden waren.

„Die Behandlung führte zu einer deutlichen Verbesserung des Wachstums, der Belastbarkeit und der klinischen Herz-Kreislauf-Variablen und verringerte im Blut die Anzahl der Plasmamarker, die bei Gefäßverengungen und -entzündungen nachgewiesen werden können“, sagt Prof. Georg Hansmann, Leiter der Arbeitsgruppe Translationale Kardiopulmonale Biomedizin, und leitender Oberarzt in der Klinik für Pädiatrische Kardiologie und Intensivmedizin. Nach sechs Monaten zeigte sich nicht nur eine deutliche gesundheitliche Verbesserung, sondern es ergaben sich auch keine unerwünschten Nebenwirkungen.

Damit gibt es zum ersten Mal eine Therapie für Menschen, die unter ausgeprägten Formen von Lungenhochdruck leiden. „Weitere Studien sind erforderlich, um den Nutzen dieser neuen Stammzelltherapie zu bestätigen und zu erforschen“, betont Hansmann. Das renommierte Fachblatt „Nature Cardiovascular Research“ berichtet in seiner neusten Ausgabe über den Erfolg.

Die repetitive mesenchymale Stammzelltherapie basiert auf Zellen aus der Nabelschnur von Neugeborenen und wird nach ihrer englischen Bezeichnung auch HUCMSC genannt (human umbilical cord mesenchymal stem cell). Die Analysen der Forschenden zeigten, dass die Stammzellen aus der Nabelschnur die Regeneration in den geschädigten Blutgefäßen verbessern, Entzündungen der Blutgefäße hemmen und die Schädigungen bestimmter Zellanteile eindämmen konnten.

„Wir haben Hinweise, dass durch diese HUCMSC-Therapie im Herzen der Behandelten vor allem die energieliefernden Mitochondrien geschützt und in der Lunge vor allem Entzündung gehemmt und Regeneration stimuliert werden konnte““, erläutert Hansmann, „Wir können zeigen, dass die in der Stammzelltherapie angereicherten Proteine, Lipide und Prostaglandin E2 gleich mehrere Schlüsselsignalwege der PAH modulieren.“

Der nun veröffentliche, neue Therapieansatz wurde durch eine Kollaboration zwischen Hansmann und Prof. Ralf Hass aus der Frauenklinik der MHH möglich. Ein sehr großes Team aus Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftlern, Ärztinnen und Ärzten half bei der Umsetzung dieses „individuellen Heilversuchs“. Hansmann infundierte das so genierte konditionierte Medium der mesenchymalen Stammzellen zweimal im Herzkatherlabor direkt in die Lungenarterien und dreimal über eine zentrale Körpervene.

Weitere sogenannte Omics-Analysen der Stammzellen und deren Produkte erfolgte durch die Arbeitsgruppe von Hansmann sowie durch Kollaborationspartner an der Universität Leiden (NL) und der Charité Berlin. Hansmann kam auf den neuen Therapieansatz bei PAH unter anderem durch Vorversuche mit tierischen mesenchymalen Stammzellen, die er 2011 und 2012 an der Harvard Medical School in Boston durchgeführt hatte, aber auch durchlaufende in vivo-Experimente seiner AG an der MHH -und letztendlich durch die Anfrage der Eltern.

Die Forschergruppe von Hass aus der Frauenklinik beschäftigt sich seit Jahren mit mesenchymalen Stammzellen und hat über ihre besonderen regenerativen Eigenschaften und Wirkungen in geschädigten und pathophysiologischen Geweben publiziert. Mit einer speziellen Technologie konnte Hass die mesenchymalen Stammzellen aus dem Nabelschnurgewebe isolieren und anschließend in der Zellkultur ausreichend vermehren, sodass diese dann für die Therapie eingesetzt werden konnten. Den Forschenden zufolge ist allerdings anzunehmen, dass eine solche Therapie in regelmäßigen Abständen wiederholt werden muss, um dauerhaft beim chronisch fortschreitenden, oft therapie-resistenten Lungenhochdruck (PAH) erfolgreich zu sein.