Das Kreuz mit dem Kreuz: Behandlungsmöglichkeiten bei Kreuzschmerzen24. Oktober 2018 Bernd Kladny (Foto: Biermann Medizin, hr) Kreuzschmerzen führen seit Jahren die Statistiken der Anlässe für Arbeitsunfähigkeit und medizinische Rehabilitation an und bedeuten für die Betroffenen einen großen Verlust an Lebensqualität. Für die Diagnose und Therapie stehen inzwischen zwei Leitlinien – für den nicht spezifischen sowie den spezifischen Kreuzschmerz – zur Verfügung. Wie Arzt und Patient am besten im Falle von Kreuzschmerzen vorgehen, erklärte Prof. Bernd Kladny auf dem DKOU. “Kreuzschmerzen verursachen Kosten in zweistelliger Milliardenhöhe”, konstatierte der DGOOC-Generalsekretär und stellvertretende Generalsekretär der DGOU. “Und sie vermindern die Lebensqualität der Patienen entscheidend, unabhängig davon, ob Sie als Arzt die Schmerzursache finden oder nicht.” Usachenfindung – ein Indizienprozess Kladny verglich diesen Prozess der Ursachenfindung mit einem Indizienprozess: “Wir müssen beim Kreuzschmerz Indizien sammeln und herausfinden, was wir für die Schmerzen anschuldigen können und was nicht”, so der Chefarzt der Abteilung Orthopädie und Unfallchirurgie an der Fachklinik Herzogenaurach. “Wo die Diagnose hingeht ist letztendlich die ärztliche Kunst.” Um den Ursachen auf den Grund zu gehen, stehen inzwischen zwei Leitlinien zur Verfügung. Bereits 2017 in zweiter Auflage die “Nationale VersorgungsLeitlinie Nichtspezifischer Kreuzschmerz”, zu der auch eine gut verständliche Patientenleitlinie erschienen ist. Als Ergänzung dazu existiert erst seit Anfang 2018 die unter Federführung der Orthopäden und Unfallchirurgen erstellte Leitlinie “Spezifischer Kreuzschmerz”, die klare Hinweise dazu gibt, wann körperliche Ursachen von Schmerzen vorliegen und welche Therapieoptionen für diese zur Verfügung stehen. Denn eine Abgrenzung von spezifschen zu nicht spezifischen Kreuzschmerzen sei nicht immer einfach, so Kladny. Wie die leitliniengerechte Arbeit des Orthopäden dann in etwa aussieht, erklärte er wie folgt. Laut Kladny handelt es sich bei ca. 70 bis 80 Prozent der Rückenschmerzpatienten um nicht spezifische Kreuzschmerzen. “Wenn sie die ‘red flags’ auschließen können, bedeutet dies für den Patienten in der Regel eine gute Prognose, denn die meisten Schmerzen bilden sich innerhalb von vier bis sechs Wochen mit Physiotherapie und gegebenenfalls einer Schmerzmedikation zurück. Eine Operation ist hier definitiv sinnlos und nicht angzeigt”, erklärte Kladny. Bei den anderen 20 bis 30 Prozent der Schmerzpatienten handelt es sich um spezifische Kreuzschmerzen. “Deren Ursache – etwa ein Bandscheibenvorfall oder ein zu enger Knochenkanal – muss der behandelnde Arzt auf den Grund gehen”, so Kladny. Bei damit verbundenen neurologischen Ausfällen, etwa Lähmungen oder fehlender Kontrolle über die Blasenfunktion, sei gegebenenfalls innerhalb von sechs Stunden eine Operation angezeigt. “Ist dies nicht der Fall, muss bei immerhin 80 Prozent der Betroffenen nicht zwingend ein operativer Eingriff erfolgen, nur bei rund 20 Prozent der Fälle ist die Entscheidung zu einer operativen Therapie sinnvoll”, so Kladny weiter. Die meisten Rückenschmerzpatienten, folgerte Kladny, profitierten von konservativen Therapien, wenn keine eindeutigen Alarmsignale vorliegen. “Erst wenn diese keine Linderung bringen, können Arzt und Patient gemeinsam über die Vor- und Nachteile einer Operation sprechen”, sagte der Experte. In diesem Zusammenhang ging Kladny auch noch einmal auf die Schwierigkeit der Bildgebung und Schmerzursachenfindung ein. Denn Bild und Realität stimmten oft nicht überein. So gebe es durchaus Patienten die, obwohl Wirbel auf Wirbel liegt, keine Schmerzen entwickelten. Und nicht jeder im MRT entdeckte Bandscheibenvorfall könne den Rückenschmerz an anderer Stelle des Rückens erklären. Andererseits gebe es aber auch viele Schmerzpatienten mit unauffälligen Bildbefunden. Kladny stellte die Hypothese auf: “Würden sie Ärzten nur Bildbefunde vorlegen, um daraus das Schmerzempfinden der Personen abzuleiten, würde die Richtigkeit ihrer Aussage einem Münzwurf gleichen.” Wichtig sei es daher immer, dass der Befund der Bildgebung zusammen mit der Vorgeschichte, Symptomen und klinischem Befund des Patienten übereinandergebracht und gewertet werden. Zusammenfassend könne man sagen, dass Diagnostik und Behandlung von Kreuzschmerzen eines klar festgelegten, stringenten Plans bedürfen. “Die Grundlagen dafür sind in den den aktuellen wissenschaftlichen Leitlinien festgelegt”, so Kladny. (hr)
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