Delir bei Intensivpatienten nach Schlaganfall häufig

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In einer monozentrischen Kohortenstudie aus den USA wiesen 44 Prozent der intensivmedizinisch behandelten Patienten nach einem kürzlich erlittenen Schlaganfall ein Delir auf. Am höchsten waren die Inzidenzraten bei Patienten mit intrazerebraler Blutung.

Ein Delir ist ein häufiges Phänomen bei Patienten mit akutem Schlaganfall. Wie häufig genau, ist jedoch ungewiss – besonders bei Patienten, die aufgrund des Schlaganfalls eine intensivmedizinische Behandlung benötigen. „Es gibt umfangreiche Forschungsarbeiten und großes klinisches Interesse am Delir bei kritisch kranken Erwachsenen, aber ein Großteil dieser Forschung hat Patienten mit neurologischen Erkrankungen, einschließlich Schlaganfall, ausgeschlossen“, erklären die Verantwortlichen einer aktuellen Studie, die sich genau diesem Aspekt widmete.

Tägliche Delirmessung über eine Woche

Die Mediziner des Wexner Medical Center der Ohio State University in Columbus, USA, führten daher eine prospektive, beobachtende Kohortenstudie in der neurowissenschaftlichen Intensivstation (NCCU) ihrer Klinik durch. Zwischen Januar und Dezember 2022 untersuchten die Forscher 269 Patienten auf mögliche Eignung. Ihre endgültige Analyse umfasste Daten von 169 Patienten, die innerhalb von 48 Stunden nach Auftreten der ersten Schlaganfallsymptome in die Studie eingeschlossen wurden. Mehr als die Hälfte hatte dabei einen akuten ischämischen Schlaganfall (54,7 %) erlitten, bei einem Drittel wurde eine intrazerebrale Blutung (34,7 %) diagnostiziert und bei den übrigen eine aneurysmatische Subarachnoidalblutung (11,2 %).

Geschultes Studienpersonal untersuchte jeden teilnehmenden Patienten täglich bis zu sieben Tage lang auf ein Delir, während sich die Patienten in der NCCU befanden. Dazu nutzten sie den Score Confusion Assessment Method for the ICU (CAM-ICU-7) – ein siebenstufiges Instrument zur Bewertung des Delirschweregrades. Patienten, bei denen mindestens einen Tag lang ein Delir festgestellt wurde, nahmen die Forscher in die Delirzählung auf.

Delir bei fast jedem zweiten Patient

Insgesamt litten 44,4 Prozent der Patienten in der Kohorte an einem Delir, wie die Wissenschaftler im „American Journal of Critical Care“ darlegen. Die Prävalenz war bei Patienten mit intrazerebraler Blutung höher (60 %) als bei Patienten mit akutem ischämischem Schlaganfall (38 %) oder aneurysmatischer Subarachnoidalblutung (32 %). Der mittlere CAM-ICU-7-Score für Patienten mit Delir betrug 5,64 (Skala 0–7, wobei höhere Werte ein schwereres Delir bedeuten).

In Regressionsanalysen zeigen die Wissenschaftler, dass Patienten mit Delir mehr Beatmungstage sowie längere Aufenthalte auf der Intensivstation und im Krankenhaus aufwiesen. Außerdem hatten Delirpatienten eine geringere Wahrscheinlichkeit für eine Entlassung nach Hause (Odds Ratio 0,42; 95%-KI 0,19–0,94) und eine höhere Wahrscheinlichkeit für einen schlechteren modifizierten Rankin-Score von 3 oder höher bei der Entlassung (Odds Ratio 2,58; 95%-KI 1,04–6,36). Ein höherer Schweregrad des Delirs führte zudem zu schlechteren Ergebnissen. Die Sterblichkeitsraten sowohl während des Aufenthalts auf der NCCU als auch allgemein im Krankenhaus unterschieden sich in der untersuchten Kohorte jedoch nicht signifikant zwischen den Patientengruppen mit und ohne Delir.

„Durch die ausschließliche Konzentration auf Patienten, die nach einem Schlaganfall kritisch krank waren, liefert unsere Studie wichtige Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen Delir und unerwünschten Ergebnissen bei Schlaganfallpatienten und unterstreicht damit die Bedeutung der Delirprävention und -behandlung“, betont Erstautor Dr. Thomas Lawson vom Wexner Medical Center.

(ah/BIERMANN)