Depression plus Entzündung: Eine äußerst ungünstige Kombination für Lungenkrebspatienten

Lungenkrebspatienten weisen von allen onkologischen Patienten die höchste Depressionsrate auf. (Symbolbild: © Anke Thomass/stock.adobe.com)

Bei Lungenkrebspatienten, die zum Zeitpunkt der Krebsdiagnose sowohl stark an einer Depression als auch an einer Entzündung leiden, treten laut einer neuen Studie in den darauffolgenden Monaten anhaltende depressive Symptome auf – selbst unter innovativen, vielversprechenden Therapien.

Die Untersuchung ergab außerdem, dass das Vorliegen beider Erkrankungen zum Zeitpunkt der Krebsdiagnose ein höheres, anhaltendes Depressionsniveau in den darauffolgenden acht Monaten ankündigte. Bei Patienten, die ausschließlich an einer starken Depression oder nur an einer ausgeprägten Entzündung oder an keinem von beiden litten, beobachteten die Studienautoren keine Veränderung der Depression im Laufe der Zeit.

Die Forschenden hatten in ihren Analysen eine Vielzahl weiterer Faktoren berücksichtig, die die Ergebnisse beeinflussen könnten: Dazu zählten das Alter der Betroffenen, die Zugehörigkeiten zu bestimmten ethnischen Gruppen, der Beziehungsstatus, der Bildungsstand, der Beschäftigungsstatus, Tabakkonsum irgendwann im Leben und Behandlungen gegen Krebserkrankungen in der Vergangenheit.

„Dies deutet darauf hin, dass es einen additiven Effekt oder vielleicht eine Synergie zwischen Entzündung und Depression geben könnte, die zu schlechteren Outcomes bei Depressionen führen kann“, mutmaßt Barbara L. Andersen, korrespondierende Autorin der Studie und Professorin für Psychologie an der Ohio State University. Die Forschungsergebnisse schätzen die Autoren deshalb als bedeutsam ein, weil hohe Depressionswerte bei Lungenkrebspatienten in der Vergangenheit mit schlechteren Outcomes in Zusammenhang gebracht worden sind. Patienten mit starken Entzündungen und Depressionen könnten somit einem besonderen Risiko ausgesetzt sein, vermutet Andersen.

Untersuchung an Patienten mit Lungenkrebs im Stadium IV

Für die kürzlich in „Biopsychosocial Science and Medicine“ publizierte Arbeit hatten Andersen und Kollegen vom Ohio State College of Medicine und dem Ohio State University Comprehensive Cancer Center – Arthur G. James Cancer Hospital und Richard J. Solove Research Institute (USA) 182 Patienten untersucht. Bei den Studienteilnehmern war kurz zuvor fortgeschrittener Lungenkrebs (Stadium IV) diagnostiziert worden, und man untersuchte sie acht Monate lang monatlich auf Depressionen.

In einer früheren Studie mit denselben Teilnehmern hatte sich herausgestellt, dass eine Depression mit einem stärkeren Ausmaß von Entzündungen bei Lungenkrebspatienten zum Zeitpunkt der Diagnose assoziiert war. Ziel der nun vorgestellten Untersuchung war es gewesen, herauszufinden, wie sich diese Kombination auf die Ausprägung der Depression in der Zukunft auswirkt. Dazu sei nämlich bislang noch nicht geforscht worden, erklärt Andersen.

Die Teilnehmer absolvierten einen Depressionstest und gaben Blutproben ab, in denen man die Neutrophilen- und Lymphozytenwerte ermittelte. Anhand dieser berechneten die Forschenden den Advanced Lung Cancer Inflammation Index (ALI), der das Ausmaß der systemischen Entzündung angab. Eine frühere Studie von Andersen hatte gezeigt, dass der ALI bei diesen Patienten das Überleben vorhersagt. Diese Studie hatte auch ergeben, dass insgesamt 35 Prozent der Patienten mittelschwere bis schwere depressive Symptome aufwiesen. Diese Studie war laut Andersen auch die erste, die darauf hindeutete, dass unter diesen Patienten mit höheren Depressionswerten mehr als 70 Prozent auch starke Entzündungssymptome aufwiesen.

Zunehmende depressive Symptome nur bei untersuchter Kombination

„Wir fanden heraus, dass dies eine besonders alarmierende Kombination ist“, berichtet Andersen. „Keine der drei anderen Gruppen in unserer Studie – diejenigen mit nur hohen Entzündungssymptomen, diejenigen mit nur hohen Depressionssymptomen oder diejenigen mit keinem von beiden – zeigte im Laufe der acht Monate einen Anstieg der Depressionssymptome.“

Man wisse nicht genau, wie Entzündungen und Depressionen zusammenwirken und bestehende Depressionen verstärken, betont die Forscherin. Eine Hypothese lautet, dass Entzündungen im Körper, wie in dieser Studie beobachtet, auf das Gehirn übertragen werden können, wo sie sich in den Mikroglia festsetzen. Diese können dann Substanzen freisetzen, die mit der Entstehung von Depressionen in Verbindung gebracht werden.

Laut Andersen weisen Lungenkrebspatienten von allen onkologischen Patienten die höchste Depressionsrate auf ‒ das mache die aktuellen Erkenntnisse so wichtig. Die Tatsache, dass Depressionen bereits mit systemischen Entzündungen in Verbindung gebracht werden, deuteten darauf hin, dass das Risiko noch größer ist. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass bei der Diagnose von Lungenkrebs ein Screening auf Depressionen und die Bestimmung von Entzündungsbiomarkern notwendig ist“, so die Psychologin. „Dies kann dazu beitragen, gefährdete Patienten zu identifizieren, die einen Bedarf an psychologischen Therapien zur Linderung depressiver Symptome haben, wobei diese Behandlungen möglicherweise auch die Entzündung beeinflussen, wie einige Studien gezeigt haben.“