Depressions-Screening: Nutzen unklar

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Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) untersucht derzeit, ob es für Teilnehmer eines Screenings Vor- oder Nachteile haben könnte, wenn beispielsweise Hausärzte regelhaft einen Test anbieten, der Hinweise auf eine Depression geben kann. Nutzen und Schaden einer solchen Reihenuntersuchung sind bislang allerdings unklar.

Bei den Screeningtests handelt es sich jeweils um Fragebogen, die von den Patienten selbst ausgefüllt werden – mit oder ohne Unterstützung durch medizinisches Personal. Diese Tests können Hinweise auf die Erkrankung geben. Sie sind kein Ersatz für eine Diagnose. Für letztere sind längere Interviews mit einem Arzt oder  Psychotherapeuten Voraussetzung.

Möglicher Nutzen und Schaden eines Screenings

Ein Nutzen des Screenings könnte unter anderem darin bestehen, dass die Erkrankung früher erkannt und dann auch besser behandelt werden kann. So könnte beispielsweise verhindert werden, dass die Depression chronisch wird und sich die Betroffenen dauerhaft aus dem sozialen Leben zurückziehen oder arbeitsunfähig werden.

Einen möglichen Schaden könnte das Screening verursachen, wenn der Test ein sogenanntes falsch-positives Ergebnis ergibt, das heißt, eine Depression anzeigt, die Betroffenen aber gar nicht erkrankt sind. Der Befund könnte sie emotional unnötig belasten, etwa wenn sie sich stigmatisiert fühlen. Bei einer leichte Depression, die sich ohnehin nur in einer Episode äußern würde, hätten Patienten unter Umständen unter den Nebenwirkungen von Psychopharmaka zu leiden, die sie gar nicht brauchten.

Großteil der Studien stammt aus Japan

Die Wissenschaftler des IQWiG konnten insgesamt sieben Studien in ihre Bewertung einbeziehen. Dabei handelt es sich um prospektiv geplante Interventionsstudien. Sie vergleichen jeweils Teilnehmer, die einen Screeningtest absolvierten und gegebenenfalls anschließend behandelt wurden, mit solchen, die keinen Test machten.

Fünf der sieben Studien stammen aus Japan, wobei jeweils die Bevölkerung von ganzen Gemeinden einer bestimmten Altersgruppe für die Teilnahme rekrutiert werden sollte. Die beiden verbleibenden Studien wurden in Kanada und den USA jeweils in einem hausärztlichen Setting durchgeführt.

Die Ergebnisse der japanischen Studien, die als einzige die Häufigkeit von Selbsttötungen erfassten, lassen sich indes kaum auf den deutschen Versorgungskontext übertragen. Sie fanden in Gemeinden statt, in denen die Suizidraten selbst für japanische Verhältnisse sehr hoch waren. Aufgrund kulturell unterschiedlicher Bewertungen einer Selbsttötung, liegen diese Raten in Japan ohnehin weit über denen in Deutschland.

Suizid und Schwere der Erkrankung erhoben

Als patientenrelevante Endpunkte erhoben wurden in den Studien entweder, wie viele Teilnehmer sich das Leben nahmen (Suizid) oder wie häufig Symptome auftraten und wie stark sie ausgeprägt waren (Depression). Nebenwirkungen des Screenings (unerwünschte Ereignisse), wurden in den Studien nicht berücksichtigt.

Wie die Auswertung der Studiendaten zeigt, lässt sich aus ihnen jedoch weder für den Endpunkt Suizid noch für Depression ein Nutzen oder Schaden ableiten. Denn entweder unterschieden sich die Ergebnisse zwischen Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern des Screenings gar nicht oder die Unterschiede waren zu gering, um medizinisch relevant zu sein.