Deutsche Laienreanimationsquote auf historischem Höchststand9. Juli 2018 Symbolbild Foto: © Photographee.eu, fotolia.com Die Reanimationsversorgung in Deutschland stand in den vergangenen Jahren oft im Fokus der Öffentlichkeit. Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern schnitt besonders die Reanimationsquote – also der Anteil an Reanimationen, die bereits durch Laien begonnen wurden, bevor der Rettungsdienst eintrifft – schlecht ab. Die kürzlich vom Deutschen Reanimationsregister veröffentlichte Laienreanimationsquote für 2017 zeigt jedoch: Es gibt eine positive Entwicklung in diesem Bereich. Jährlich erleiden über 50.000 Menschen deutschlandweit außerhalb eines Krankenhauses einen plötzlichen Herzstillstand. Nur jeder zehnte Betroffene überlebt. Denn bei einem plötzlichen Herzstillstand kommt es innerhalb von 3-5 Minuten zu irreversiblen Schäden im Gehirn, wenn keine Herzdruckmassage durchgeführt wird. Der Rettungsdienst benötigt hingegen durchschnittlich 8-10 Minuten und kommt somit beim Herzkreislaufstillstand meist zu spät. Umstehende Personen, die in mehr als der Hälfte der Fälle anwesend sind, können durch sog. Laienreanimation die Zeit bis zum Eintreffen des professionellen Rettungssystems ganz einfach überbrücken. Eine gut ausgeführte Laienreanimation in Form der Herzdruckmassage versorgt das Gehirn weiter mit Sauerstoff und erhöht die Überlebenswahrscheinlichkeit des Patienten um das zwei- bis vierfache. Der Deutsche Rat für Wiederbelebung – German Resuscitation Council (GRC) – setzt sich zusammen mit Anästhesisten und vielen anderen seit Jahren dafür ein, dass mehr Menschen in Sachen Laienreanimation aufgeklärt und ausgebildet werden. Mit Erfolg! Die Laienreanimationsquote lag 2012 zu Beginn der Ausbildungs- und Aufklärungsaktivitäten des GRC deutschlandweit bei unter 20%. Im Jahr 2016 lag Deutschland mit 37% immer noch deutlich unter den Quoten anderer europäischer Länder (dort werden bis zu 75% erreicht). Das Deutsche Reanimationsregister hat ganz aktuell die Zahlen für das Jahr 2017 bekannt gegeben: Die Laienreanimationsquote wurde innerhalb eines Jahres um absolute 5% gesteigert und liegt jetzt bei 42%. Der Vorstandsvorsitzende des GRC und Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin an der Uniklinik Köln, Univ.-Professor Bernd W. Böttiger, zeigt sich stolz: „Das ist eine beeindruckende Entwicklung und bringt uns unserem Ziel, bis zum Jahr 2020 eine Laienreanimationsquote von über 50% zu erreichen, ganz nah. Wir werden so dann jedes Jahr 10.000 Menschenleben zusätzlich retten.“ Laienreanimationsquote durch gezielte Projekte steigern Der Deutsche Rat für Wiederbelebung wurde im Dezember 2007 gegründet und zählt mittlerweile 1.000 Mitglieder, 17 Mitgliedsorganisationen, 16 Fördermitglieder und 11 Businesspartner. Ziel ist es, die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Organisationen und Personen, die sich mit den verschiedenen Aspekten der Wiederbelebung befassen, zu unterstützen, zu fördern und zu harmonisieren. Zu den wichtigsten Projekten zählen: KIDS SAVE LIVES – Schülerausbildung in Wiederbelebung Ein im Jahr 2015 unterstütztes Statement der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt zwei Stunden jährliches Wiederbelebungstraining ab dem 12. Lebensjahr in allen Schulen weltweit. In diesem Alter reagieren Kinder besser auf Anweisungen und lernen viel leichter anderen zu helfen. Ähnlich wie Schwimmen oder Fahrradfahren vergessen sie das Gelernte nicht wieder und können durch die Ausbildung von Familie und Freunden als Multiplikatoren dienen. Seit 2014 gibt es auch auf Initiative des GRC einen Beschluss der Kultusministerkonferenz, das Wiederbelebungstraining deutschlandweit ab Klasse 7 in allen Schulen mit zwei Unterrichtsstunden pro Jahr einzuführen Entsprechend geschulte Lehrkräfte können den Unterricht übernehmen. Dafür gibt es bereits seit 2013 ein entsprechendes bundesweites Ausbildungskonzept für den Reanimations-unterricht in Schulen, das jetzt flächendeckend genutzt und umgesetzt werden kann. Der Umsetzungsstand in den Bundesländern ist derzeit noch sehr unterschiedlich. Der GRC ist in mehreren Bundesländern sehr aktiv und unterstützt die Schulministerien der Länder bei der Implementierung. In Nordrhein-Westfalen konnte die Ausbildung von Schülerinnen und Schülern jetzt erstmals in einem Koalitionsvertrag fest verankert werden. First-Responder-Systeme Wenn der professionelle Rettungsdienst in Deutschland alarmiert wird, treffen in Großstädten die ersten Rettungskräfte häufig schon nach 7-8 Minuten ein, in ländlichen Gebieten jedoch oft wesentlich später. Viele Menschen sind qualifiziert, bei einem Notfall die lebenswichtige Wiederbelebung durchzuführen. Befindet sich bei einem lebensbedrohlichen Notfall ein ausgebildeter Helfer in der Nähe des Notfallortes, so kann dieser unter Umständen mehrere Minuten vor dem Rettungsdienst beim Patienten sein und so dessen Leben retten. Seit einigen Jahren gibt es technische Möglichkeiten (registrierte) Ersthelfer über ihr Smartphone zu orten und zu alarmieren. Der GRC engagiert sich in der Etablierung dieser „First- Responder“-Systeme. Cardiac-Arrest-Center Bei außerhalb von Krankenhäusern erfolgreich reanimierten Patienten ist die weitere Prognose aufgrund der Schwere der Erkrankung äußerst ernst und im Verlauf ganz wesentlich von der Fachkompetenz und der Ausstattung der weiterbehandelnden Klinik abhängig. In den aktuellen internationalen Leitlinien zur Reanimation wird daher gefordert, prähospital erfolgreich reanimierte Patienten in spezialisierten Krankenhäusern weiter zu behandeln – sogenannte Cardiac-Arrest-Center (CAC). Bisher gab es in Deutschland jedoch keine einheitlichen Kriterien für ein solches Cardiac-Arrest-Center. Unter dem Schirm des GRC hat eine Arbeitsgruppe aus Anästhesiologen, Kardiologen und Intensivmedizinern erstmals Basis-Anforderungen für Cardiac-Arrest-Center erstellt. Ziel ist es, durch die jetzt festgelegten Basis- Kriterien eine einheitliche Definition von Cardiac-Arrest-Centern zu ermöglichen, und dadurch eine vergleichbare Grundstruktur für eine optimale Patientenversorgung und somit ein besseres Patientenüberleben zu erreichen. Woche der Wiederbelebung In Deutschland findet seit 2013 unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Gesundheit, auf Initiative der Deutschen Anästhesiologie und des GRC, die „Woche der Wiederbelebung“ statt. In dieser Woche werden jährlich mehr als 800 Veranstaltungen in ganz Deutschland initiiert, die darauf abzielen, Laien in der Herzdruckmassage zu unterrichten und die Menschen zu ermutigen, bei einem Herzstillstand außerhalb des Krankenhauses Leben zu retten. In diesem Jahr wird die „Woche der Wiederbelebung“ vom 17.09.-23.09.2018 stattfinden. World Restart a Heart Day Zur Steigerung der Laienreanimation wurde bereits 2012, auf Anliegen des European Resuscitation Council (ERC), im Europaparlament eine Deklaration zur Einführung des „European Restart a Heart Day“ (ERAHD) von mehr als 50% der EU-Abgeordneten unterschrieben. Der ERAHD fand erstmals am 16. Oktober 2013 in über 20 europäischen Ländern statt. Die Wiederbelebungs-Massentrainings, Infokampagnen und Auffrischungskurse, die während dieser Veranstaltungen durchgeführt wurden, halfen die Laienreanimationsrate und damit das Überleben von Patienten mit außerklinischem Herzstillstand nachhaltig zu verbessern.Dieses Jahr wird auf Initiative des GRC-Vorstandsvorsitzenden Professor Böttiger und unter der Schirmherrschaft des International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR) der erste weltweite Tag der Wiederbelebung „World Restart a Heart Day“ (WRAHD) am 16. Oktober 2018 stattfinden. Weltweit wird es rund um dieses Datum Aktionen geben, die das Bewusstsein der Bevölkerung für den Herzkreislaufstillstand stärken und Laien in Wiederbelebungsmaßnahmen ausbilden. Wiederbelebung auf der ISS Der GRC hat gemeinsam mit der Klinik für Anästhesiologie und Operativen Intensivmedizin der Uniklinik Köln und der European Space Agency (ESA) auf der Internationalen Raumstation (ISS) ein Video zum Thema Wiederbelebung entwickelt. In dem etwa dreieinhalbminütigen Video erklärt der italienische ESA-Astronaut Paolo Nespoli an Bord der ISS, warum Laienreanimation so wichtig ist und wie es richtig funktioniert. Das Video ist eins von vielen Schulungsmaterialien, die der GRC in den letzten Jahren entwickelt hat und auf seiner Homepage frei zur Verfügung stellt.
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