Deutsche Schmerzgesellschaft: Länder müssen bei Stärkung der Schmerztherapie nachbessern

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Anlässlich des Aktionstages gegen den Schmerz (1. Juni) hat die Deutsche Schmerzgesellschaft auf eine Online-Pressekonferenz mehr Schmerzbetten, eine bessere Nachwuchsförderung und die Umsetzung eines strukturierten Akutschmerzmanagements nach Operationen eingefordert.

In repräsentativen Erhebungen berichten etwa 23 Millionen Deutsche von chronischen Schmerzen, sechs Millionen davon fühlen sich durch ihren Schmerz im Alltag beeinträchtigt, bei 2,2 Millionen Patientinnen und Patienten stellt Schmerz ein eigenständiges, komplexes, psychosoziales Krankheitsbild dar, das bedeutet, die ursprünglich auslösende Ursache ist häufig nicht mehr nachweisbar, konstatierte die Fachgesellschaft. „Die Gesundheitspolitik darf diese Patientinnen und Patienten nicht aus dem Blick verlieren“, betonte apl. Prof. Winfried Meißner, Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. Vor sechs Jahren haben die Gesundheitsminister der Länder und des Bundes (GMK) Maßnahmen zur Verbesserung der Schmerztherapie und Stärkung der Versorgung beschlossen – die Schmerzgesellschaft hat den Stand der Umsetzung abgefragt (vgl. Link untenstehend zu Antworten), und muss feststellen, dass die Länder nachbessern müssen. „Wir fordern die Länder dringend auf, bereits im Rahmen der Landeskrankenhausplanung Schmerzbetten oder aber an schmerzspezifischen OPS-Prozeduren definierte Ressourcen der teilstationären und stationären Versorgung explizit auszuweisen“, sagte Meißner. Im Weiteren müsse eine interdisziplinäre, multimodale Versorgung stattfinden und diese mit der ambulanten Nachbehandlung verschränkt sein.

Auch die ambulante Schmerzversorgung ist nach Angaben der Schmerzgesellschaft nach wie vor lückenhaft. „Ambulante Versorgung ließe sich im Rahmen der Bedarfsplanung über Kassenärztliche Vereinigungen sicherstellen, auch bei Nachbesetzung von Arztpraxen“, erklärte Meißner. Die Regelung der Praxisnachfolge sei dabei besonders wichtig, ansonsten fehle es sowohl an Therapeuten für die Patientenversorgung als auch an weiterbildungsbefugten Experten für die Nachwuchsarbeit. Ohnehin sei Nachwuchsförderung in der Schmerzmedizin die Grundlage zukünftiger Patientenversorgung. Deshalb müsse die Finanzierung von Weiterbildungsstellen in spezieller Schmerztherapie in ambulanten Praxen sowie in Kliniken gestärkt werden. Beschlüsse hierzu analog dem Beispiel der Allgemeinmedizin wären nötig.

Zudem ist nach Auffassung der Schmerzgesellschaft auch die Akutschmerztherapie in deutschen Krankenhäusern unzureichend. Dies könne zu gravierenden Folgeerscheinungen wie etwa Schmerzchronifizierung führen. „Laut dem HTA-Bericht 126 leiden 56 Prozent aller Patienten unter nicht akzeptablen Schmerzen nach einer OP, Schmerzpatienten auf konservativen Stationen werden unterversorgt, 41 Prozent der Patienten mit nicht akzeptablen Schmerzen erhalten keine schmerzstillende Behandlung“, berichtete Meißner.

Erstmals habe der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) auf Initiative der Patientenvertretung und mit Beratung der Deutschen Schmerzgesellschaft daher am 17. September 2020 beschlossen, dass Krankenhäuser und ambulant operierende Praxen ein Konzept zum Akutschmerzmanagement als Bestandteil ihres internen Qualitätsmanagements etablieren müssen. „Der Beschluss muss aber auch umgesetzt werden“, forderte der Präsident der Schmerzgesellschaft.

So sollen Krankenhäuser beispielsweise Akutschmerzdienste mit pflegerischen und ärztlichen Expertinnen und Experten vorhalten – derzeit sei das nur bei zwei Drittel der Kliniken der Fall. „Auch aus unserer Sicht ist das ein Meilenstein in der Anerkennung unserer fachlichen Expertise und ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der Versorgung von Patientinnen und Patienten nach einer Operation“, erklärte Sascha Bülow von der Fachgruppe „Pflegeexpert/innen Schmerz“ des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK) bei der Pressekonferenz. Es komme für das postoperative Schmerzmanagement darauf an, dass Schmerzpatientinnen und -patienten schon während der pflegerischen Aufnahme identifiziert werden. „Liegen chronische Schmerzen vor, können pflegerische Expertinnen oder Experten sofort – im besten Fall präoperativ – hinzugezogen werden“, erklärte Bülow, „so lassen sich nach einer Bewertung der Schmerzsituation individuell angepasste Maßnahmen planen.“

Weitere Informationen:

  • Antworten der Bundesländer (Selbstauskunft) auf Umfrage der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. zur Umsetzung des 88. GMK-Beschlusses, Download.
  • Das aktuelle Forderungspapier der Schmerzgesellschaft „Perspektiven in der Schmerztherapie – Erwartungen an die Gesundheitspolitik in der kommenden Legislaturperiode“ finden Sie hier.