Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs fordert Recht auf Vergessen

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Junge Erwachsene mit Krebs sind während und nach ihrer Diagnose mit einer Vielzahl an Herausforderungen konfrontiert. Auch nach vielen Jahren gibt es Probleme bei der Aufnahme von Krediten, dem Abschluss von Versicherungen wie Krankhauszusatz- oder (Risiko-)Lebensversicherungen oder der Verbeamtung.

Der Krebs mag besiegt sein, aber in den Papieren bleibt er für immer. Die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs hält es nicht für gerechtfertigt, junge Menschen nach Beseitigung der Erkrankung und Krankheitsfreiheit über 5 Jahre weiter anhaltend zu benachteiligen. Genau betrachtet sei es eine Diskriminierung, für die es keine Rechtfertigung gibt.

„Wir können Ihnen nur einen Kredit für Ihren Hausbau geben, wenn Sie eine Lebens­versicherung abschließen, und ich sage Ihnen, das ist aussichtslos“, sagte man Laura, nachdem sie im Alter von 23 Jahren die Diagnose Hodgkin Lymphom erhalten hatte. Verschiedene Kreditinstitute rieten dazu, dass ihr Mann alles auf sich nehmen sollte. Andere Betroffene berichten von unangemessenen und pauschal überhöhten Prämien beim Abschluss von Versicherungen.

Von ähnlichen Erfahrungen kann auch Robert berichten, der mit 21 Jahren eine Hodenkrebs­diagnose erhielt und sich 8 Jahre nach beendeter Behandlung erfolglos um eine Anstellung als Polizeibeamter bewarb. Ihm wurde in ärztlichen Gutachten „eine hervorragende psychi­sche und physische Verfassung attestiert […] die Einschränkungen für bestimmte Einsätze im Polizeidienst nicht erforderlich mache“.

Dennoch wies das Gericht seine Klage ab mit der Begründung, „[…] Es bestehe beim Kläger ein nicht exakt abschätzbares Restrisiko hinsichtlich der Entwicklung eines Tumorrezidivs […]“. Dabei verwies man auf die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums Baden-Württem­berg PDV 300 ‚Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienst­fähigkeit‘. Danach dürfen Kandidaten von der Einstellung ausgeschlossen werden, wenn bei ihnen „schwerwiegende oder gehäuft auftretende Vorerkrankungen, bei denen mit Rückfällen zu rechnen ist“, vorliegen. „Wir empfinden diesen Fall und die zugrundeliegende Verwaltungsvorschrift als besonders krass, denn die Rückfallwahrscheinlichkeit nach Hodenkrebs ist gering und langfristige Nebenwirkungen der Therapie sind sehr selten“, sagt Prof. Mathias Freund, Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung.

Dies sind nur 2 Beispiele von Diskriminierungserfahrungen junger Betroffener, die die Stiftung in den vergangenen Wochen und Monaten gesammelt hat. Diese Benachteiligung muss ein Ende haben: Die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs fordert deshalb das „Recht auf Vergessen“ in Deutschland umzusetzen.

„Right to be forgotten“ – eine Europäische Initiative

2018 brachte das europäische Interessenbündnis „Youth Cancer Europe“1 unter Feder­führung von Šarunas Narbutas2 aus Litauen und Katie Rizvi3 aus Rumänien mit dem „White Paper on the needs of young people living with cancer“4 den Stein in Sachen „Recht auf Vergessen“ ins Rollen. Daran beteiligt waren auch Betroffene aus den TREFFPUNKTEN der Stiftung. Mittlerweile gibt es entsprechende Gesetzesinitiativen in Frankreich, Belgien, Luxemburg, den Niederlanden und Portugal.5 Auch Italien hat vor Kurzem die Debatte zum Recht auf Vergessen angestoßen.6 Darin möchte man zudem eine Änderung im Bereich des Adoptiv­rechts erwirken, das ehemaligen Krebspatienten zukünftig bessere Chancen bei der Adoption von Kindern einräumt.

Das Recht auf Vergessen („Right to be forgotten“) für Krebsüberlebende sollte dabei nicht mit dem gleichen Begriff verwechselt werden, der im Zusammenhang mit der EU-Datenschutz-Grundverordnung verwendet wird. Angewendet auf Krebsbetroffene bedeutet „Right to be forgotten“, nicht länger diskriminiert zu werden, wenn ein ehemaliger Krebspatient Finanzdienstleistungen, genauer gesagt Kreditaufnahmen und Versicherungen, wahrnehmen möchte. Ferner muss auch die Praxis bei der Verbeamtung durch gesetzliche Regelung angepasst werden.

Die Stiftung bittet junge Betroffene, der Stiftung von ihren Diskriminierungserfahrungen zu berichten und unter den Hashtags #RechtAufVergessen und #righttobeforgotten in der Öffentlichkeit Aufmerksamkeit zu schaffen. Benachteiligungen sollten nicht im Dunkeln bleiben.

Spendenkonto der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs:
Bank für Sozialwirtschaft
IBAN: DE33 1002 0500 0001 8090 01, BIC: BFSW DE33

Referenzen:

[1] https://www.youthcancereurope.org/

[2] https://www.youthcancereurope.org/about/sarunas-narbutas/

[3] https://www.youthcancereurope.org/about/katie-rizvi/

[4] https://www.youthcancereurope.org/wp-content/uploads/2018/10/YouthCancerEurope_Brussels_2018_WhitePaper-sm.pdf

[5] https://ecpc.org/wp-content/uploads/2021/11/Factsheet-RTBF-5MS-112021.pdf

[6] https://ecpc.org/policy/the-right-to-be-forgotten/