DeutscheVet 2024 in Dortmund: Inspirierende Vorträge und Innovationsfreude12. Juni 2024 Malu, Alva und Bruni Foto: © Sigrun Grombacher Vom 7. bis 8. Juni fand in Dortmund die DeutscheVet 2024 statt. Die Veranstaltung überzeugte durch topaktuelle Vorträge und internationale Referenten, die in regen Austausch mit dem Publikum traten. Die zahlreichen Diskussionen auf fachlich hohem Niveau unterstrichen den besonderen Wert des Kongresses und stellen in dieser Intensität ein Alleinstellungsmerkmal dar – auch, weil sie auf Augenhöhe geführt wurden. So kam es bei der abschließenden Expertenrunde zur Hypothyreose des Hundes mit Prof. Marion Schmicke, TiHo Hannover, und PD Dr. Florian Zeugswetter, Vetmeduni Wien, die von Dr. Jennifer von Luckner, Anicura Ahlen geleitet wurde, zu einer „Fachsimpelei“ im besten Sinne. Zeugswetter, Endokrinologe aus Leidenschaft, und Schmicke, tiefenentspannte Klinikerin, arbeiteten sich gemeinsam anhand zweier Fallbeispiele durch die diagnostischen Herausforderungen, die Tierärzten bei der Unterscheidung der primären caninen Hypothyreose von einer nicht-thyreoidalen Erkrankung das Leben schwer machen können. Foto: © SG Die Hypothyreose ist eine der häufigsten endokrinen Erkrankungen beim Hund. In 95 % aller Fälle besteht eine primäre Hypothyreose, betroffen sind meist mittelalte, größere Hunde. Eine lymphozytäre Thyreoiditis kann auch schon in jüngeren Jahren auftreten. Als Fälle präsentierte das Trio die elfjährige, kastrierte Golden Retriever Hündin Nike, die unter Aktivitätsverlust und Müdigkeit litt und wegen Osteoarthritis mit einem NSAID behandelt wurde, und die zweieinhalbjährige English Setter Hündin Emily. Letztere zeigte mehrere Symptome: Lustlosigkeit, Ängstlichkeit, Gewichtszunahme bei gleicher Futteraufnahme, Fellveränderungen und reduzierten Kotabsatz. Nach der Aufzählung der allseits bekannten typischen Symptome, insistierte Florian Zeugswetter, dass die Fellveränderungen, die im Zuge einer Hypothyreose entstehen, keineswegs immer nur bilateral symmetrisch aufträten. Schuppen seien sehr typisch, sowie stumpfes Fell. Durch eine Hypothyreose entstände jedoch keineswegs eine Polyphagie – die zu beobachtende Gewichtszunahme entstehe bei normalem oder gar reduziertem Appetit. Es komme auch definitiv nicht zu Polyurie und Polydipsie bei einer Hypothyreose. Lethargie, reduzierte Bewegungslust und Kälteintoleranz seien hingegen häufig zu beobachten, sowie rezidivierende Pyodermien und Otitiden. Zeugswetter wies darauf hin, dass bei einer Erhöhung von Cholesterin und von Fruktosamin bei normalen (!) Glukosewerten unbedingt an das Vorliegen einer Hypothyreose zu denken sei. Zunächst wogen die Spezialisten die bei einer Schilddrüsenunterfunktion zu erwartenden Veränderungen des Bultbildes und der -chemie gegen die tatsächlich bei den beiden Patientinnen vorliegenden ab. Nike wies eine minimale Erhöhung des Cholesterins (10,7 mmol/l, Ref. <10,1) und eine geringgradige Anämie auf, während bei Emily die Triglyzeride (5,3 mmol/l; Ref. <3,4) und Cholesterin deutlich (35,4 mmol/l Ref. <10,1) erhöht waren. Knut Foto: © SG Schon nach kurzer Zeit stieß der diagnostische Explorationstrupp auf die in der tierärztlichen Praxis häufig aufkommende Fragestellung: T4 erniedrigt und TSH im Normbereich – und nun? Zumeist handelt es sich dann um nicht-thyreoidale Erkrankungen, wie aus der Praxis hinlänglich bekannt. Die nicht-thyreoidal bedingten Krankheitsbilder seien zuweilen sehr komplex gelagert, so Schmicke. So würde T4 bei diesen Erkrankungen häufig aufgrund eines Energiedefizites, das etwa durch anhaltende Durchfälle entstehen könnte, nach unten getrieben. Zur Unterscheidung kann freies T4 hilfreich sein, jedoch sollte es mittels Equilibriumsdialyse bestimmt werden, so Zeugswetter. T3 hingegen sei nicht hilfreich für eine Diagnosefindung und würde weltweit auch gar nicht gemessen werden, fügte er hinzu. Auch gingen die Experten ausführlich auf die Funktionstests, die zum täglichen Brot des Praktikers gehören, und die eher den Experten zugängliche Szintigraphie ein. Zu guter Letzt erläuterten sie noch das reverse Triiodthyronin (rT3), die biologisch inaktive Form des T3. Gegebenenfalls könne man mithilfe von rT3 eine falsch positiv diagnostizierte Hypothyreose entlarven, denn rT3 wird bei kritisch erkrankten Hunden vermehrt gebildet und ist somit bei Vorliegen einer nicht-thyreoidalen Erkrankung erhöht, nicht aber bei einer Hypothyreose oder bei gesunden Hunden. Der Wert spielt derzeit in der Humanmedizin eine bedeutende Rolle und es ist zu erwarten, dass die Tiermedizin nachzieht. Aus dem Publikum kam der Hinweis, dass das Labor Antech (ehemals Synlab) rT3 standardmäßig anbieten würde, wohl als einziges derzeit in der Veterinärmedizin in Deutschland. Welche der beiden Hündinnen am Ende tatsächlich an einer Hypothyreose litt, sei hier nicht verraten, jedenfalls stellte die Diskussion einen sehr gelungenen Abschluss der DeutschenVet dar und machte Lust auf mehr. Prof. Marion Schmicke, PD Dr. Florian Zeugswetter und Dr. Jennifer von Luckner Foto: © SG Ein Highlight war auch die Verpflegung, so waren die vegetarischen Gerichte an beiden Tagen sehr lecker. Auch wenn ein gewisses Erstaunen über den recht moderaten Andrang allgemein feststellbar war, gab es doch in der Industrieausstellung viele positive Stimmen über die zahlreichen gelungenen Vorträge. Die Tierärztinnen Kirsten Tramberend und Britta Dreisbach besuchten die DeutscheVet 2024 gemeinsam mit den Jagdterrierhündinnen Alva (7 Jahre) und Bruni (4 J.), sowie Hund Marlu (6 J.). Alle bis auf Alva waren bereits zuvor auf der Veranstaltung zu Gast gewesen und fanden auch in diesem Jahr viele positive Aspekte. „Die Vortäge zur Pankreatitis bei der Katze von Dr. Kathrin Geisweid, Idexx, sowie zum Screening von Importhunden und zum Wurmbefall beim Hund im IDEXX Dome (beide Dr. Nikola Pantchev, Idexx) waren sehr praxisnah. Morgen hören wir uns auf jeden Fall den Vortrag zu Diagnose und Behandlung der Pseudomonas Otitis (Dr. Ariane Neuber Watts, Idexx) an. Insgesamt sind die Fachvorträge sehr hilfreich für die Praxis.“ Tatsächlich traf das Programm im Idexx Dome, insbesondere Pantchevs Vortrag zu den Importhunden auf rege Zustimmung. IDEXX, als Corporate Educational Partner, präsentierte in Dortmund ein neues Analysegerät, das 2025 auf den Markt kommen wird. „Dieses neuartige Analysegerät ergänzt die Hämatologie und ermöglicht ein dreidimensionales Blutbild sowie die Untersuchung eines Ohrausstriches. Es ist das erste Mal in Deutschland, dass wir dieses Gerät vorstellen,“ erklärte ein Sprecher von IDEXX. Die Innovationen und das umfassende Angebot an Labordiagnostik für den Inhousebetrieb sowie externe Laboruntersuchungen wurden von den Teilnehmern sehr positiv aufgenommen.“ Auch Prof. Holger Volk, Direktor der Klinik für Kleintiere an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover zeigte sich in einem Interview zum Abschluss der DeutschenVET zufrieden: „Das Konferenzprogramm kommt hervorragend an. Wir haben richtig tolle Leute aus dem europäischen Raum in Dortmund. Die Atmosphäre und das Networking sind hier immer inspirierend, weil man einfach von Kollegen neue Impulse bekommt.“ Über die Einzigartigkeit zum Format ergänzte er: “Ich glaube, die DeutscheVET ist komplett anders als die anderen Programme, die es in Deutschland gibt. Und dadurch gibt es auch eine andere Interaktion zwischen der Industrie und auch zwischen den Vorträgen und dem Programm.” Tierärztin Patrizia Marcol (rechts) mit Mischlingsrüde Malik, 13 ½, (Bayrischer Gebirgsschweißhund/Jack-Russel-Terrier) und TFA Emily Beckmann mit Kangal-Mix-Hündin Viva, 2 Jahre. Foto: © SG Auch Tierärztin Patrizia Marcol und TFA Emily Beckmann, beide von der Tierarztpraxis Herbede in Witten, hatten viel Spaß mit ihren Hunden auf der Messe. Patrizia Marcol konnte durch die Vorträge von Dr. Ana Nemec, Universität Ljubljana, Slowenien, zu oralen Notfällen, maxillofazialen Traumata bei Katzen, sowie Neoplasien der Maulhöhle großen Wissenszuwachs für ihr tägliches Arbeiten gewinnen, während Emily Beckmann das Programm für TFAs sehr gut gefallen hat, insbesondere zum Thema Triage und der Einschätzung von Notfallpatienten von Bellinda Andrews-Jones, TFA, Royal College of Veterinary Surgeons, Großbritannien. „Ein tolles Vortragsangebot. Wir nehmen viel mit von hier für den Praxisalltag“, war ihr Resümee. Royal Canin betonte die Bedeutung des direkten Kontakts mit den Kunden: „Unsere Botschaft hier auf der DeutschenVET ist, dass wir gerne in engen Kontakt mit unseren Kunden treten möchten. Wir haben viele Neuigkeiten zu präsentieren, insbesondere im Bereich der unteren Harnwege.“ Auch andere Aussteller wie PlantaVET, Orthomol und Inuvet zeigten sich angetan vom Veranstaltungsformat der DeutschenVET. Timo Böhme von PlantaVET stellt fest: „Wir haben sehr gute Gespräche hier diese zwei Tage geführt. Die Vorträge, das hören wir immer wieder von den Teilnehmern, kommen sehr gut an und wir haben uns nächstes Jahr schon wieder fest angemeldet.“ Angelina Südfeld, früher als TFA tätig und seit 8 Jahren im Außendienst für die Firma Inuvet unterwegs – Hündin Malibu, 12 Jahre, ist immer mit von der Partie, hat die DeutscheVet gut gefallen. „Die Gespräche mit all den tollen Tierärzten und Tierärztinnen machen mir sehr viel Spaß. Tiere gemeinsam gesund pflegen verbindet uns und bringt viel Freude“, so ihr persönliches Fazit. Auch die veranstaltende HINTE Expo & Conference zog ein positives Resümee. Geschäftsführer Bernhard Klumpp: „Nach der erfolgreichen Premiere hatten wir dieses Jahr 25 Prozent mehr Aussteller. Die Teilnehmenden sind sehr zufrieden mit dem Vortragsprogramm und den Angeboten und Lösungen der teilnehmenden Unternehmen in der Messe. Für 2025 planen wir einen speziellen Bereich für Start-ups und eine Erweiterung der Workshop Area zu einem Practical Village. Wir werden das einzigartige Format gemeinsam mit den Partnern gezielt weiterentwickeln. Die DeutscheVET 2025 findet vom 16. bis 17. Mai 2025 in der Messe Dortmund statt. (sg, sowie Hinte Expo & Conference) Jennifer von Luckner zu den Vector borne Diseases bei der Katze And the winner is … Dominic Barfield, RVC, Großbritannien, über Harnwegsobstruktion Fotos: © SG
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