DGCH weist auf erhöhtes postoperatives Sterberisiko für COVID-19-Patienten hin5. Juni 2020 Foto: gpointstudio, AdobeStock Ergebnisse einer globalen Studie zeigen, dass COVID-19 infizierte Patienten, die sich einer Operation unterziehen, ein erhöhtes postoperatives Sterberisiko haben. Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) hat auf die erste Publikation einer weltweiten Forschungskooperation in „The Lancet“ aufmerksam gemacht. Im April hatte die DGCH hatte die chirurgischen Abteilungen deutscher Krankenhäuser aufgefordert, an einer globalen Datenerhebung über operierte Patienten, die von der Universität Birmingham geleitet wird und unter dem Acronym „COVIDSurg“ firmiert, teilzunehmen. Evidenz bisheriger Vermutungen Die ersten Ergebnisse dieser weltweiten Datenerhebung liegen vor und bringen laut DGCH Evidenz in bisherige Vermutungen: Demnach haben Experten der Universität Birmingham – unter der Leitung der NIHR Global Research Health Unit on Global Surgery – Daten publiziert, wonach SARS-CoV-2-infizierte Patienten, die sich einer Operation unterziehen, postoperativ wesentlich schlechtere Behandlungsergebnisse aufweisen als bei ähnlichen Patienten ohne SARS-CoV-2-Infektion zu erwarten wäre. Perioperativ mit SARS-CoV-2 infizierte Patienten, die sich einer Operation unterziehen, haben demnach ein stark erhöhtes Risiko, postoperativ zu versterben. Die Sterblichkeitsraten sind annähernd so hoch wie bei den am schwersten erkrankten Patienten, die nach der Ansteckung mit dem Virus auf die Intensivstation eingewiesen wurden. Die Forscher untersuchten die Daten von 1128 Patienten aus 235 Krankenhäusern. Insgesamt nahmen 24 Länder teil, vorwiegend in Europa, auch Krankenhäuser in Afrika, Asien und Nordamerika waren beteiligt. Insgesamt lag die 30-Tage-Sterblichkeit in der Studie bei 23,8 Prozent. Die Letalität war in allen Untergruppen unverhältnismäßig hoch, darunter elektive Operationen (18,9 %), Notfalloperationen (25,6 %), kleinere Operationen wie Blinddarmoperationen oder Hernienreparaturen (16,3 %) und größere Operationen wie Hüftoperationen oder Dickdarmkrebsoperationen (26,9 %). Die Studie zeigt, dass die Sterblichkeitsrate bei Männern (28,4 %) im Vergleich zu Frauen (18,2 %) und bei Patienten im Alter von 70 Jahren oder älter (33,7 %) im Vergleich zu Patienten unter 70 Jahren (13,9 %) höher war. Zu den Risikofaktoren für den postoperativen Tod gehörten neben Alter und Geschlecht auch schwere vorbestehende medizinische Probleme, Krebsoperationen, größere Eingriffe und Notoperationen. Höheres Risiko bei kleinen und elektiven Operationen Der Generalsekretär der DGCH, Prof. Hans-Joachim Meyer, sagt dazu: “Die Sterblichkeitsrate bei Patienten, die sich einem kleinen und elektiven chirurgischem Eingriff unterziehen, liegt bei einem Prozent oder darunter, aber diese Studie deutet darauf hin, dass diese Sterblichkeitsrate bei SARS-CoV-2-Patienten sowohl bei kleinen Operationen (16,3 %) als auch bei elektiven Operationen (18,9 %) deutlich höher liegt. Auch sind diese Sterblichkeitsraten höher, als bei Hochrisikopatienten vor der Pandemie beobachtet wurde“ Patienten, die sich einem chirurgischen Eingriff unterziehen, sind eine gefährdete Gruppe, bei der das Risiko einer SARS-CoV-2-Exposition im Krankenhaus besteht. Sie können besonders anfällig für nachfolgende pulmonale Komplikationen sein, die durch entzündliche und immunsuppressive Reaktionen auf Operationen und mechanische Beatmung hervorgerufen werden. Die Studie ergab, dass insgesamt 51 Prozent der Patienten in den 30 Tagen nach der Operation eine Lungenentzündung und/oder ein akutes Atemnotsyndrom entwickelten oder eine unerwartete Beatmung benötigten. Dies könnte die hohe Sterblichkeit erklären, da bei den meisten (81,7 %) der verstorbenen Patienten pulmonale Komplikationen aufgetreten waren. Ob sich diese Daten auch auf deutsche Verhältnisse übertragen lassen, wird in einem Forschungsprojekt, das die DGCH über ihre Studienzentrale (SDGC) und dem angeschlossenen bundesweiten Studiennetzwerk ChirNet gestartet hat, unter anderem untersucht werden. Operationen aufschieben bei positiven Coronavirus-Befunden Der Präsident der DGCH, Prof. Thomas Schmitz-Rixen, kommentiert: „Wir sind jetzt in der Phase der abklingenden Pandemie und eine zweite Welle wird aktuell als nicht sicher angesehen. Uns erwarten weltweit etwa 28 Millionen aufgeschobene Operationen. Die Daten rechtfertigen jetzt evidence based die Entscheidung, diese zeitlich unkritischen Operationen aufzuschieben. SARS-CoV-2 ist aber nicht verschwunden und diese Daten zeigen auch, wie gefährlich es ist, in eine mögliche Infektion hineinzuoperieren. Es sollten vor einer elektiven Operation alle Anstrengungen unternommen werden, durch sorgfältige Anamneseerhebung betreffs COVID-19 Symptomen und konsequente Abstriche, infizierte Patienten zu identifizieren und die geplante Operation bei positivem Befunden aufzuschieben. Dies ist aktiver Patientenschutz und auch Arbeitsschutz für das medizinische Personal. Betreffs der regionalen Notwendigkeit der Virus-Abstriche bei niedriger Prävalenz setzen wir in der jetzigen Phase auf die Empfehlungen der regional zuständigen Gesundheitsämter.“ Literatur: COVIDSurg Collaborative. Mortality and Pulmonary Complications in Patients Undergoing Surgery With Perioperative SARS-CoV-2 Infection: An International Cohort Study. Lancet 2020 May 29;S0140-6736(20)31182-X. doi: 10.1016/S0140-6736(20)31182-X. Online ahead of print.Kostenfreier Download unter: https://www.thelancet.com
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