Weihnachtsgeschenke: DGE warnt vor Schadstoffen in Spielzeug

Zu Weihnachten wird traditionell viel Spielzeug verschenkt. Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) warnt vor Schadstoffen und hormonaktiven Substanzen, vor allem in Billigprodukten. Symbolbild: oes/stock.adobe.com

Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) warnt angesichts des bevorstehenden Weihnachtsfests vor hormonaktiven Schadstoffen in Kinderspielzeug. Gerade Kleinkinder seien durch häufigen Hautkontakt und das typische „in-den-Mund-nehmen“ besonders gefährdet.

Endokrine Disruptoren (EDC) sind Substanzen, die schon in kleinen Mengen die Funktion von Hormonen beeinflussen können. Dazu zählen etwa Phthalate, Bisphenole, bromierte Flammschutzmittel, PFAS, Schwermetalle oder Pestizid-Rückstände. Viele dieser Substanzen finden sich in Kunststoffen, Lacken, Beschichtungen oder Textilien und wurden wiederholt auch in Kinderspielzeug und anderen Alltagsprodukten nachgewiesen.

„Diese Stoffgruppen können selbst in sehr kleinen Mengen die körpereigenen Hormonsignale stören. Das betrifft insbesondere Kinder, deren Haut- und Schleimhautbarrieren noch nicht ausgereift sind“, erklärt Seniorprofessor Dr. Josef Köhrle vom Institut für Experimentelle Endokrinologie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Dies könne dann zu Problemen in Bezug auf Wachstum, Stoffwechsel, Entwicklung und Fruchtbarkeit führen. „Kinder nehmen Spielzeug ständig in die Hand und in den Mund – und genau das erhöht ihre Belastung mit hormonaktiven Substanzen erheblich.“

Alltagsprodukte: versteckte Quelle hormonaktiver Schadstoffe

Belastete Produkte können an vielen Stellen des Kinderalltags auftreten. Spielzeug aus Kunststoff, Babyartikel, Schaumstoffwaren wie Spielmatten oder Sitzwürfel, elektronisches Spielzeug, Kleidung, Decken und andere textile Produkte können entsprechende Substanzen enthalten. Gleiches gilt für ältere Kunststoffe aus zweiter Hand, die teils noch mit Stoffen belastet sind, die in der EU heute schon lange verboten sind. Die Belastung beginne bereits im Mutterleib, setze sich über die Muttermilch, die Nahrung und früh eingesetzte Pflegeprodukte fort und werde durch belastetes Spielzeug zusätzlich verstärkt, so Köhrle.

Der Endokrinologe warnt insbesondere vor günstigen Importwaren, die vor allem über große Online-Marktplätze verbreitet werden: „Wir sehen, dass besonders preiswerte Produkte aus dem Internet wiederholt durch hohe Schadstoffgehalte aufgefallen sind.“

Spielzeug-Hype zu Weihnachten

Rund um Weihnachten kommen zu den bereits vorhandenen Belastungsquellen zusätzlich große Mengen neuer Spielwaren in die Haushalte. Gleichzeitig steigt das Angebot an Billigartikeln, die ohne strenge Kontrollen in den Handel gelangen. Europäische und internationale Recherchen zeigen, dass Produkte immer wieder wegen zu hoher Schadstoffgehalte zurückgerufen werden.

Für Eltern ist auf den ersten Blick kaum nachvollziehbar, ob ein bestimmtes Produkt unbedenklich ist oder nicht. Köhrle plädiert daher für konsequente politische Maßnahmen: „Wir brauchen deshalb dringend die Umsetzung der EU-Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit (CSS) von 2020 durch unsere verantwortlichen deutschen Behörden. Danach werden hormonaktive Stoffe genauso streng bewertet wie bereits zuvor krebserregende oder erbgutschädigende Substanzen und dürfen deshalb nicht mehr in den Verkehr gebracht werden, schon gar nicht in Kinderspielzeug. Gesundheit muss immer an erster Stelle stehen.“

Die DGE empfiehlt, beim Geschenkekauf auf hochwertige und geprüfte Produkte zu achten. Aufdringlich riechende Waren sollten gemieden und alte Kunststoffartikel möglichst nicht weitergegeben werden. Wo möglich, sollten neue Spielzeuge vor dem ersten Gebrauch ausgelüftet und waschbare Produkte gereinigt werden. Wichtig sei zudem ein kritischer Blick auf No-Name-Produkte aus Online-Shops sowie – im Zweifel – ein Blick in die europäischen und nationalen Rückrufdatenbanken.

Bewusste Kaufentscheidungen ersetzen keine Regulierung

„Eltern allein können das Problem nicht lösen“, fasst Köhrle zusammen. „Aber jede bewusste Kaufentscheidung und jeder kritische Blick auf vermeintliche Schnäppchen hilft, die Belastung für die Kinder zu senken. Langfristig brauchen wir jedoch klare Vorgaben und strenge Kontrollen, damit nur solche Produkte überhaupt in den Handel kommen, die keine vermeidbaren gesundheitlichen Risiken mit sich bringen.“

In Kürze: Was sollten Eltern beim Spielzeugkauf beachten?

  • Solide, hochwertige Produkte – gut verarbeitete Spielwaren seriöser Hersteller und Händler sind meist weniger belastet.
  • Vorsicht bei starkem Geruch – riecht ein Kunststoffspielzeug stechend oder chemisch, besser liegen lassen.
  • Neue Spielzeuge auslüften – ein paar Tage an der frischen Luft reduzieren mögliche Rückstände aus der Produktion.
  • Waschbares vorab reinigen – Stofftiere, Textilien und Kostüme einmal waschen, bevor sie verschenkt werden.
  • Alte Kunststoffartikel meiden – insbesondere Second-Hand-Kunststoffe in altem Spielzeug können heute verbotene Stoffe enthalten.
  • Billigimporte kritisch prüfen – No-Name-Produkte großer Online-Marktplätze sind besonders häufig auffällig.
  • Rückruflisten nutzen – bei Unsicherheit in europäischen oder nationalen Warn- und Rückrufdatenbanken nachsehen.