DGI: Penicillinallergie ist häufig keine Allergie13. Februar 2019 Foto: © simonidadj – Fotolia.com Häufig ist eine Penicillinallergie nicht gesichert, darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI) hin: Das Ausweichen auf andere Antibiotika habe Nachteile und sei oft unnötig. Penicilline zählen zu den am häufigsten verschriebenen und wirksamsten Medikamenten. Da jedoch viele Patienten vermeintlich allergisch auf sie reagieren, verzichten Ärzte mitunter vorsichtshalber darauf, sie einzusetzen. Dabei liege nur bei den wenigsten Patienten tatsächlich eine Allergie vor. Die DGI ruft zu einer verstärkten Überprüfung vermuteter Penicillinallergien auf. Denn anstelle der hochwirksamen und gut verträglichen Penicilline erhalten Patienten mit vermeintlicher Allergie oftmals Antibiotika, die weniger effektiv sind und die Entstehung von Resistenzen befeuern, so die DGI. In einer aktuellen Publikation im renommierten Fachblatt JAMA berichten amerikanische Forscher, dass in den USA rund jeder zehnte Patient angibt, schon einmal allergisch auf ein Penicillin reagiert zu haben. Meist sind Nebenwirkungen wie beispielsweise Magen-Darm-Beschwerden oder Juckreiz der Grund für die Vermutung. Allergologische Tests jedoch ergaben, dass bei rund 95 Prozent dieser Patienten keine Allergie vorliege, so die Autoren1. Ähnliche Zahlen existieren für Deutschland: Hier zeigen Untersuchungen, dass etwa drei Viertel der Patienten, die glauben, an einer Penicillinallergie zu leiden, sogar alle Beta-Laktam-Antibiotika vertragen2. Zu dieser wichtigen Wirkstoffklasse zählen neben den Penicillinen unter anderem auch die Cephalosporine. „Selbst wenn tatsächlich eine Allergie gegen ein bestimmtes Penicillin vorliegen sollte, ist meist trotzdem die Behandlung mit einem anderen Penicillin oder mit einem Cephalosporin aus dieser Gruppe möglich“, sagt Gerd Fätkenheuer, DGI-Präsident und Leiter der Infektiologie an der Klinik I für Innere Medizin am Universitätsklinikum Köln. Dennoch werde in Akutfällen oft auf die Gabe sämtlicher Beta-Laktame verzichtet, weil die Zeit für allergologische Tests nicht ausreiche. „Dass das Ausweichen auf andere Antibiotika auch handfeste Nachteile hat, ist leider nicht hinreichend im Bewusstsein von Ärzten und Patienten verankert“, so Fätkenheuer. Denn anstelle der hochwirksamen und gut verträglichen Beta-Laktam-Antibiotika erhalten diese Patienten dann Antibiotika anderer Substanzklassen, die teils weniger effektiv sind und mit stärkeren Nebenwirkungen einhergehen – etwa einer problematischen Besiedelung des Darms mit Clostridium difficile-Bakterien. Clostridien können Giftstoffe ausscheiden, die Darmentzündungen mit schweren Durchfällen verursachen können. Der vermehrte Einsatz von Breitband- und Reserveantibiotika trägt zudem zur Entstehung von Resistenzen bei. „Es ist sinnvoll, wenn Patienten, die vermuten, eine Penicillinallergie zu haben, dies von einem Allergologen einmal abklären lassen“, so Fätkenheuer. „Denn im Akutfall hat man unter Umständen zu wenig Zeit für einen Test, und der Arzt muss zwangsläufig auf andere Antibiotika ausweichen.“ Um die Problematik der Resistenzentstehung einzudämmen und Patienten effektiv und nebenwirkungsarm zu behandeln, müsse zudem seitens der Ärzte die Angabe „Penicillinallergie“ kritischer hinterfragt und das oft unnötige Ausweichen auf Breitband- und Reserveantibiotika deutlich reduziert werden, so die DGI. Die DGI bemüht sich seit vielen Jahren, über Angebote zur Intensivfortbildung im Bereich rationale Antibiotikaverschreibung („Antibiotic Stewardship“, kurz ABS) – vor allem im Krankenhausbereich – das Wissen über einen sinnvollen Antibiotikaeinsatz zu schärfen und Fehlentwicklungen, etwa dem unnötigen Verzicht auf Penicilline, entgegenzuwirken. „Neue Zahlen belegen, dass in deutschen Krankenhäusern durch das Engagement von Ärzten und Apothekern im Bereich ABS zuletzt wieder mehr Penicillin und Penicillinderivate, anstelle von Cephalosporinen und Fluorchinolonen verwendet werden – keineswegs zum Nachteil der Patienten“, sagt Prof. Winfried Kern, Professor für Infektiologie am Freiburger Universitätsklinikum und Leiter der Akademie für Infektionsmedizin, die die ABS-Kurse für die DGI organisiert. Literatur: Shenoy E. et al. Evaluation and Management of Penicillin Allergy / A Review. JAMA.2019;321(2):188-199. Trcka J. et al. Penicillintherapie trotz Penicillinallergie? Plädoyer für eine allergologische Diagnostik bei Verdacht auf Penicillinallergie. Dtsch Arztebl 2004; 101(43): A-2888 / B-2444 / C-2331. Sachs B. et al. Penicillinallergie: Wenn die Vermutung nicht zutrifft. Dtsch Arztebl 2018;115(24):20; doi:10.3238/PersPneumo.2018.06.15.005.
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