DGIM und DGKJ appellieren für verbindliche Strukturen bei der Transition

Für junge Erwachsene mit chronischen Erkramkungen gestaltet sich der Übergang von der Kinder- und Jugendmedizin zur Erwachsenenmedizin oft schwierig. (Foto: © Alexander Raths – stock.adobe.com)

Der Schritt ins Erwachsenenleben bedeutet für junge Menschen nicht nur neue Freiheiten, sondern auch neue Verantwortung für die eigene Gesundheit. Für chronisch kranke Jugendliche ist dieser Schritt oft besonders herausfordernd, da die Transition häufig unzureichend organisiert ist. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin und die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin fordern hierfür verbindliche Strukturen.

„Jugendliche wechseln von einer familienzentrierten Kinderheilkunde in eine Erwachsenenmedizin, in der sie plötzlich eigenständig Entscheidungen treffen müssen“, erklärt Prof. Dagmar Führer-Sakel, Vorsitzende der DGIM und Direktorin der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel am Universitätsklinikum Essen.

Gerade für junge Menschen, die an komplexen Krankheitsbildern wie etwa Mukoviszidose, Typ-1-Diabetes oder seltenen, oft angeborenen Erkrankungen mit mehreren typischen Symptomen leiden oder eine Organtransplantation erhalten haben, ist dieser Wechsel mit Risiken verbunden. „Werden Vorsorge und notwendige Therapien nicht konsequent fortgeführt, drohen bleibende Schäden, Komplikationen und eine erhöhte Langzeitsterblichkeit“, warnt Prof. Ursula Felderhoff-Müser, Präsidentin der DGKJ und Direktorin der Klinik für Kinderheilkunde I am Universitätsklinikum Essen.

Neue Krankheitsbilder in der Erwachsenenmedizin

Durch die medizinischen Fortschritte der vergangenen Jahrzehnte erreichen viele ehemals pädiatrische Patienten heute das Erwachsenenalter. „Erkrankungen, die früher nur in der Kinderheilkunde relevant waren, betreffen damit auch Internistinnen und Internisten“, erläutert Prof. Britta Siegmund, Sprecherin der DGIM in der Arbeitsgruppe Transition, in der DGIM, DGKJ und die Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN) gemeinsam Konzepte für Übergänge in der medizinischen Versorgung entwickeln.

„Viele junge Menschen, die im Kindesalter Krebs hatten, entwickeln im Laufe ihres Lebens internistische Komorbiditäten wie Herz- und Nierenprobleme sowie Störungen des Hormonhaushalts“, so die Expertin, die an der Berliner Charité die Medizinische Klinik für Gastroenterologie, Infektiologie und Rheumatologie leitet. Diese Verlagerung erfordere ein vertieftes Wissen über Kinder- und Jugendkrankheiten in der Inneren Medizin sowie eng abgestimmte Übergänge.

Fehlende Strukturen und Standards

Trotz Modellprojekten und einer 2021 veröffentlichten Leitlinie hängt eine reibungslose Transition in Deutschland bislang stark vom Engagement einzelner Einrichtungen ab. „Es fehlt an flächendeckenden, verlässlichen Strukturen und klar definierten Verantwortlichkeiten“, betont Prof. Lars Pape, Sprecher der DGKJ in der AG Transition, der auch die AWMF-S3 Leitlinie zu Transition koordiniert hat. Eine Integration spezieller Angebote, die Heranwachsende beim Wechsel von der Kinder- zur Erwachsenenmedizin unterstützen, in die Regelversorgung scheitere bislang auch daran, dass sie – abseits einiger Modellprojekte – nicht dauerhaft finanziert seien, bemängelt der Pädiater. Ohne geordnete Übergänge bestehe aber die Gefahr, dass junge Menschen nach dem Verlassen der pädiatrischen Versorgung nicht mehr angemessen internistisch betreut werden – oder erst nach einem langen Versorgungsabbruch wieder Anschluss finden.

Gemeinsam Verantwortung übernehmen

Mit einem gemeinsam herausgegebenen Schwerpunktheft, das parallel in „Die Innere Medizin“ und der „Monatsschrift Kinderheilkunde“ erschienen ist, möchten DGIM und DGKJ Ärztinnen und Ärzte für die Relevanz der Transition sensibilisieren. „Wir wollen Lösungen für die Brücke zwischen Kinder- und Erwachsenenmedizin aufzeigen“, erklärt die DGKJ-Präsidentin Felderhoff-Müser. Das Schwerpunktheft beleuchtet unter anderem Transitionsprozesse bei Erkrankungen aus der Endokrinologie und Diabetologie, Nephrologie, Hämatologie und Onkologie, Pneumologie, Gastroenterologie, Hepatologie und Kardiologie.

„Nur wenn wir das Wissen aus Kinder- und Jugendmedizin auf der einen und Innerer Medizin auf der anderen Seite zusammenbringen, können wir Versorgungslücken verhindern und die langfristige Gesundheit dieser jungen Menschen sichern“, ergänzt die DGIM-Vorsitzende Führer-Sakel. „Deshalb werden wir jenseits der AG die Transition auch noch stärker in der Aus- und Weiterbildung bei unseren Jahrestagungen in den Blick nehmen“, kündigt die Essener Internistin an, die 2026 dem Internistenkongress als Präsidentin vorstehen wird.