DGK startet Pilotprojekte zur Früherkennung von Herzinsuffizienz und Familiärer Hypercholesterinämie29. September 2022 Stephan Baldus, Past-Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie. Foto: ©Universitätsklinikum Köln Was in der onkologischen Vorsorge bereits Usus ist, soll nun auch für die Vorbeugung kardiovaskulärer Erkrankungen in Deutschland Einzug halten: Präventive Screening-Programme. Gestartet werden soll mit zwei Pilotprojekten zur Früherkennung von Herzinsuffizienz sowie Familiärer Hypercholesterinämie. Das gab die DGK im Rahmen der heute gestarteten DGK Herztage in Bonn bekannt. Die Identifikation der Erkrankungen in einem frühen Stadium soll einerseits Leben retten und andererseits die Lebensqualität der Betroffenen verbessern. Die beiden Pilotprojekte sind Teil der Nationalen Herz-Kreislauf-Strategie, welche die DGK vor einem Jahr initiiert hat und die seit kurzem unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Gesundheit steht. Die Projekte sollen laut DGK bereits in den nächsten Monaten starten. Früherkennung der Familiären Hypercholesterinämie im Kindesalter Etwa jedes zweihundertste bis dreihundertste Kind in Deutschland ist von einer Familiären Hypercholesterinämie betroffen. Die genetisch bedingte Störung führt bereits im Kindesalter zu einem stark erhöhten LDL-Cholesterinspiegel, wodurch sich auch das Atheroskleroserisiko der Betroffenen signifikant erhöht. „In der Folge können Organkomplikationen wie Herzinfarkt oder Aortenklappenstenose schon in jungen Jahren auftreten“, erklärte DGK-Präsident Prof. Stephan Baldus. In anderen europäischen Ländern sind Screening-Programme zur Früherkennung der Familiären Hypercholesterinämie bereits etabliert. Schätzungen zufolge sind dadurch beispielsweise in den Niederlanden rund 70 Prozent der Fälle bekannt – in Deutschland bewegen wir uns derzeit eher bei etwa fünf Prozent. Einem Großteil der Betroffenen entgeht somit eine frühzeitige Therapiemöglichkeit. Baldus wies darauf hin, dass ein generelles Screening auf Familiäre Hypercholesterinämie bei Kindern bereits seit 2015 in der nationalen S2k-Leitlinie empfohlen wird. Der Experte verwies auf das in 2021 gestartete Pilotprojekt VRONI (mehr dazu hier), an welches die Fachgesellschaft anknüpfen und es auf weitere Bundesländer ausweiten möchte. Konkret soll in dem Projekt im Rahmen der U9- bis J1-Untersuchungen mittels Blutabnahme eine Bestimmung des LDL-Cholesterins erfolgen. Unter Berücksichtigung des Gendiagnostikgesetztes sowie der datenschutzrechtlichen Bestimmungen wird durch die wissenschaftliche Evaluation die Voraussetzung für eine gezielte humangenetische Diagnostik und daraus folgend die richtige Therapie für Mutationsträgerinnen und Mutationsträger ermöglicht. „Insgesamt möchten wir so über vier Jahre hinweg 20.000 Kinder screenen“, sagte Baldus. Die gewonnenen Daten sollen im Anschluss mit denen aus vorhergegangenen Studien zusammengeführt werden und damit die wissenschaftliche Evidenz und Voraussetzung für ein generelles Screening auf Familiäre Hypercholesterinämie im Kindesalter bilden. NTproBNP-Screening zur Früherkennung der Herzinsuffizienz Die Herzinsuffizienz ist weiterhin eine der führenden Todesursachen in Deutschland. Dabei könnten es die Fortschritte der letzten Jahre ermöglichen, frühzeitig reversible Ursachen zu erkennen und rechtzeitig eine geeignete Therapie einzuleiten. „Wir schlagen daher ein Pilotprojekt zur Früherkennung der Herzinsuffizienz vor, welches die Grundlage für ein künftiges, allen Krankenversicherten zugängliches, Screening-Angebot liefern könnte“, wie der DGK-Präsident erklärte. Ein einfach per Blutuntersuchung zu bestimmender Marker, das NTproBNP, zeigt bei einem großen Teil der Betroffenen bereits vor Eintritt der ersten Symptome das Vorliegen einer Herzinsuffizienz an. Befunde bei Patientinnen und Patienten, in denen der NTproBNP-Wert erhöht ist, sollten zunächst mittels einer Echokardiographie weiter abgeklärt werden, die bereits eine Vielzahl von relevanten Informationen für eine Therapieempfehlung beziehungsweise weitere diagnostische Schritte liefert, wie Baldus erläuterte. Die Fachgesellschaft schlägt vor, dass der NTproBNP-Wert bei Personen, die älter als 60 Jahre sind oder aber älter als 50 Jahre und zugleich mindestens einen weiteren Risikofaktor für eine Herzinsuffizienz aufweisen, im Rahmen von ohnehin geplanten Blutuntersuchungen durch die Hausärztinnen und Hausärzte bestimmt werden sollte. Patientinnen und Patienten mit erhöhtem NTproBNP-Wert soll dann das Angebot gemacht werden, sich kardiologisch-fachärztlich vorzustellen, damit ein Ruhe-EKG und eine Echokardiographie durchgeführt werden können. „Wenn wir, wie angedacht, 10.000 Versicherte in den Regionen Baden-Württemberg, Saarland und Nordrhein-Westfalen screenen, würden voraussichtlich bei fünf bis zehn Prozent der Untersuchten erhöhte NTproBNP-Werte festgestellt. Studiendaten weisen darauf hin, dass bei zehn bis 30 Prozent dieser Personen eine strukturelle Herzerkrankung vorliegt, die behandlungsbedürftig ist, und sich so für 100 bis 200 Menschen therapeutische Konsequenzen ergäben“, rechnete der Herzexperte vor. Schirmherrschaft des Bundesgesundheitsministeriums Besonders erfreut ist die Fachgesellschaft über den Umstand, dass das Bundesgesundheitsministerium erst kürzlich die Schirmherrschaft für die Nationale Herz-Kreislauf-Strategie übernommen hat „und dieses wichtige Projekt damit auch die Unterstützung der Gesundheitspolitik auf nationaler Ebene erfährt“, so Baldus. Die Kardiologen erwarten, dass im Nachgang an die Pilotprojekte beide Früherkennungsprogramme auf die gesamte Bevölkerung ausgerollt werden. Damit könne es gelingen „eine Vielzahl von Menschen vor frühen Todesfällen oder vielen in Krankheit verbrachten Jahren zu schützen und so die Lebensqualität deutlich zu erhöhen.“ (ah)
Mehr erfahren zu: "Zustimmung: Bundesrat billigt Kompromiss zu Kassenbeiträgen" Zustimmung: Bundesrat billigt Kompromiss zu Kassenbeiträgen Eine Ausgabenbremse bei den Kliniken zum Stabilisieren der Kassenbeiträge im neuen Jahr kann kommen. Nach dem Bundestag billigte auch der Bundesrat eine Änderung an einem vorgesehenen Sparpaket.
Mehr erfahren zu: "Blutzucker normalisieren, Herzinfarkt-Risiko halbieren" Blutzucker normalisieren, Herzinfarkt-Risiko halbieren Eine Normalisierung des Blutzuckers bei Menschen mit Prädiabetes halbiert ihr Risiko für Herzinfarkt, Herzschwäche und frühen Tod. Diese Erkenntnis aus einer internationalen Analyse könnte die Prävention revolutionieren – und ein […]
Mehr erfahren zu: "„Safe Hearts Plan“ soll kardiovaskuläre Prävention in der EU stärken" „Safe Hearts Plan“ soll kardiovaskuläre Prävention in der EU stärken Es ist nicht gut bestellt um die Herz-Kreislauf-Gesundheit der EU-Bürger. Prognosen gehen davon aus, dass sich die Lage in den nächsten Jahrzehnten weiter verschärft. Mit dem „Safe Hearts Plan“ will […]