DGN begrüßt die CHMP-Empfehlung zur Zulassung von Lecanemab15. November 2024 Symbolfoto für den Gedächtnis- und Persönlichkeitsverlust durch Alzheimer. (Foto: © Worldillustrator – stock.adobe.com) Das Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) der europäischen Arzneizulassungsbehörde EMA hat die Zulassung von Lecanemab, einem Antikörper zur Behandlung von Alzheimer, empfohlen. Die DGN begrüßt diese Entscheidung – Betroffene gewinnen dadurch ein halbes Jahr unbeeinträchtigte Lebenszeit. Folgt die EMA der Empfehlung des CHMP1, steht mit Lecanemab demnächst auch in Europa ein Antikörper gegen die Alzheimer-Erkrankung zur Verfügung. Das Medikament kann die Alzheimer-Krankheit zwar nicht heilen oder zum Stillstand bringen, aber ihr Fortschreiten um circa 30 Prozent verlangsamen. „Die Betroffenen warten dringend auf eine Therapieoption und für diejenigen, für die diese Behandlung infrage kommt, ist sie eine große Chance. Wir reden hier über ein gewonnenes halbes Jahr bei noch guter Lebensqualität. Wir glauben, dass man nach gemeinsamer Abwägung des individuellen Nutzen-Risiko-Profils Betroffenen den Zugang zu dieser Therapie nicht verwehren darf und freuen uns über die Positiv-Empfehlung“, erklärt Prof. Peter Berlit, Generalsekretär der DGN. Eine aktuelle Studie2 hatte gezeigt, dass Wirksamkeit, Sicherheit und Kosten der Anti-Amyloid-Therapie mit denen anderer gängiger Biologika, die beispielsweise in der Onkologie oder Rheumatologie eingesetzt werden, vergleichbar sind. „Es ist daher folgerichtig, Alzheimer-Patientinnen und -Patienten den Zugang zu einer wirksamen Therapie zu ermöglichen“, fährt der DGN-Generalsekretär fort. Die Studie beziffert die Effizienz von Lecanemab im Hinblick auf die Verlangsamung des Rückgangs kognitiver und funktioneller Fähigkeiten auf 27 bis 40 Prozent, die Effizienz von Bevacizumab im Hinblick auf die Verlängerung des progressionsfreien Überlebens bei Menschen mit Lungenkrebs hingegen nur auf 20 Prozent. Auch im Hinblick auf die Nebenwirkungsrate gab die Erhebung keinen Anlass zur Sorge in Bezug auf das Alzheimer-Medikament. Die Rate der Todesfälle, die auf die Gabe des Antikörpers zurückzuführen waren, wurden für Lecanemab mit 0,1 Prozent beziffert, für den Antikörper gegen Krebs mit 2,5 Prozent. „Die Zulassung von Bevacizumab für Krebspatientinnen und -patienten erfolgte zum Wohle der Betroffenen, und wir sind dankbar, dass nun auch bei uns in Deutschland, wenn die EMA der CHMP-Empfehlung folgt, Menschen mit Alzheimer mit einer modernen Antikörpertherapie versorgt werden können.“ Was Berlit besonders hervorhebt, ist der Unterschied beider Therapien im Hinblick darauf, welche Lebensphase durch die Therapie verlängert wird: „Lecanemab konnte in den Studien, die 1,5 Jahre andauerten, die Progression um ein halbes Jahr verlangsamen. Die Betroffenen gewannen somit sechs Monate bei guter Lebensqualität vor Einsetzen der typischen Symptomatik. Bei den modernen Therapien gegen Krebs hingegen, die in der Regel in der Palliativsituation eingesetzt werden, gewinnen die Betroffenen Lebenszeit am Ende der Erkrankung.“ Auch deshalb ist aus Sicht des DGN-Generalsekretärs und Pressesprechers die Zulassung von Lecanemab zu begrüßen, zumal das halbe Jahr Lebensgewinn bei guter Qualität eine eher konservative Schätzung darstellt: „Die Studien liefen über 18 Monate und es zeigte sich eine Progressionsverlangsamung von sechs Monaten. Wir haben noch keinen ‚Beweis‘ dafür, aber es besteht die Hoffnung, dass bei einer Einnahmedauer von 36 Monaten womöglich auch zwölf Monate Lebenszeit ohne Einschränkungen gewonnen werden können. Mit der EMA-Zulassung werden zu dieser Frage Real-World-Daten erhoben werden können. Wir sind daher auch aus wissenschaftlicher Perspektive froh, dass sich die CHMP-Kommission für die Zulassung ausgesprochen hat und die europäische Alzheimer-Forschung keinen Standortnachteil hat.“ Allerdings ist es der DGN zufolge mit der Zulassung von Lecanemab alleine nicht getan – die Fachgesellschaft mahnt auch strukturelle Änderungen an: Ausbau der Frühdiagnostik: Die Therapie wirkt nur bei Patienten mit bestätigter Alzheimer-Diagnose in frühen Erkrankungsstadien. Doch derzeit gibt es noch keinen zugelassenen Bluttest auf Alzheimer, der in der Breite angewendet werden könnte. Daher muss Nervenwasser auf entsprechende Biomarker hin untersucht werden. Alternativ kann eine Amyloid-Positronen-Emissions-Tomographie (Amyloid-PET) durchgeführt werden. „Es ist erforderlich, einen klugen Diagnosepfad zu definieren und zu implementieren, damit alle Betroffenen, die es wünschen, auch rechtzeitig eine gesicherte Diagnose erhalten und der Antikörper-Therapie zugeführt werden können. Dafür ist ein Ausbau der Kapazitäten für die Liquordiagnostik und die Amyloid-PET notwendig“, erklärt Berlit. Ausbau fachärztlicher Kapazitäten und einer spezialisierten MRT-Bildgebung, damit die Infusionstherapie und ihre Überwachung sachgerecht erfolgen können. Das fange mit dem Ausbau von überwachten Infusionsplätzen an, gehe über die fachärztliche Beratung und Betreuung während des Krankheitsverlaufs bis hin zum Ausbau von Kapazitäten für die erforderliche Begleitdiagnostik (spezielle MRT-Untersuchungen) und Begleittherapien (Kognitionstraining, Bewegungstherapie), zählt Berlit auf. Verstärkte Öffentlichkeitsarbeit und Sensibilisierung der Primärversorgenden: Die Menschen müssen medial und durch Aufklärungskampagnen für erste Krankheitsanzeichen sensibilisiert werden, damit sie das Zeitfenster der Therapie nicht verpassen. „Auch Ärzte müssen sensibilisiert werden, dass erste Symptome Anlass für eine weiterführende Diagnostik sind, wenn die Betroffenen eine solche wünschen“, fordert die DGN. Zugleich müsse trotz einer nun greifbaren progressionsverlangsamenden Therapie die Präventionsarbeit intensiviert werden, betont die Fachgesellschaft. Schließlich sind rund 45 Prozent aller Demenzerkrankungen vermeidbar.3
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