DGOU-Generalsekretär Pennig: „Zivil-militärische Vernetzung nicht vernachlässigen“

DGOU-Generalsekretär Dietmar Pennig bei der Online-Pressekonferenz der DGCH. Screenshot: hr/biermann Medizin

Der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) Prof. Dietmar Pennig forderte mit Blick auf die Weltlage eine bessere Vernetzung von zivilen und militärischen Strukturen zu Versorgung von Kriegsverletzten.

Ein Thema des bevorstehenden Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) ist die Kriegs- und Katastrophenmedizin. Auf einer Pressekonferenz im Vorfeld stellte Pennig die Herausforderungen dar, die auf unser Gesundheitssystem im Ernstfall zukommen könnten. Er verwies auf eine Simulation der NATO, der zufolge die Kapazitäten der Bundeswehrkrankenhäuser und der berufsgenossenschaftlichen Kliniken bereits nach 48 Stunden erschöpft sind. Danach müssten zivile Strukturen miteinbezogen werden, insbesondere die flächendeckenden Strukturen des TraumaNetzwerkes der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) mit 650 Krankenhäusern und einer zertifizierten Kommunikations- und Versorgungsstruktur.

Der DGOU-Generalsekretär konstatierte aber: „Die zivil-militärische Vernetzung ist bisher vernachlässigt worden.“ Die „wechselnden Protagonisten an der Spitze des Verteidigungsministeriums“ hätten sich zu wenig gekümmert. Den Fachgesellschaften DGOU und DGU ist die Relevanz des Themas bessere Vernetzung bewusst – sie haben bereits in den Jahren 2017 und 2021 ein entsprechendes gemeinsames Memorandum mit dem Sanitätsdienst der Bundeswehr unterzeichnet, wie Pennig ausführte.

Dabei sind die Verletzungsmuster bei Kriegsverletzten aber andere, insbesondere großflächige Verletzungen der Körperhöhle beziehungsweise -oberfläche, wie Pennig erklärte. Problematisch seien auch Minen, die die untere Extremität zerstören, aber nicht unbedingt töten, sodass für die Bergung und Versorgung der Verletzten Kräfte gebunden würden.

Die Versorgung von Kriegsverletzen sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die aber koordiniert werden müsse – Orthopäden und Unfallchirurgen könnten hier eine zentrale Rolle spielen. Pennig verwies auf das TraumaNetzwerk der DGU und auf die bereits in deutschen Kliniken erfolgreich versorgten bislang 1000 Kriegsverletzen aus der Ukraine.

Im Gegensatz zu anderen Ländern – etwa den USA oder Frankreich – gibt es in Deutschland keine regelmäßige Rotation für Chirurginnen und Chirurgen in den Kliniken der Bundeswehr, das sei aber dringend notwendig so Pennig. In Deutschland fehlten für den Kriegsfall die entsprechen ausgebildeten Ärzte. Er forderte mehr Trainings für Ärztinnen und Ärzte und eine Finanzierung durch die Politik. „Das ist eine gesamtgelleschaftliche Aufgabe und muss vom Staat getragen werden“, betonte er. Es gibt zwar entsprechende Angebote, allerdings müssen bisher Ärzte oder Kliniken die Kosten tragen.

Weiterhin fehle ein regelmäßig ausgeführtes Programm mit Übungen für den Massenanfall von Verletzten für ärztliches und pflegerisches Personal, die jeweils die Routineabläufe in Krankenhäusern unterbrechen würden und für die eine Finanzierung vonseiten der Politik und der Kostenträger seit Jahren gänzlich fehle, kritisierte Pennig. Darüber hinaus müssten bestimmte Materialien und Instrumentarien für die Behandlung von Kriegsverletzten auch in zivilen Krankenhäusern vorgehalten werden, deren Finanzierung ebenfalls Aufgabe der Politik sei. Pennig betonte: „Das zu finanzieren ist nicht Aufgabe der Gesetzlichen Krankenversicherung.“

Ein weiterer notwendiger Schritt aus Sicht der Fachgesellschaft ist die Etablierung einer gemeinsamen zivil-militärischen Stabsstelle zur Koordinierung der Verteilung von Verletzten unter Einbeziehung der bestehenden Strukturen des TraumaNetzwerkes mit entsprechender finanzieller Ausstattung. (ja)