DGP 2019: Forschungspreis der René Baumgart-Stiftung an Gießener Forscher

Vlnr: Anne-Christin Kopp (Cousine des Namensgebers der Stiftung), die Preisträger Dr. Astrid Weiß und Moritz C. Neubauer, Dr. Hans F.E. Klose (Laudator), Hans-Dieter Kulla (. Vorsitzender des gemeinnützigen Selbsthilfevereins pulmonale hypertonie e.v.) Quelle: René Baumgart-Stiftung

Im Rahmen des 60. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin  in München ist der Forschungspreis der gemeinnützigen René Baumgart-Stiftung an Moritz Neubauer und Dr. Astrid Weiß (UGMLC, Pulmonale Pharmakotherapie, Biomedizinisches Forschungszentrum Seltersberg (BFS) der Justus-Liebig-Universität Gießen) verliehen worden. 

Der mit 5000 Euro dotierte Preis wurde in diesem Jahr bereits zum 16. Mal vergeben.

Insgesamt seien sechs hochqualifizierte Arbeiten eingereicht worden, die eine Entscheidung der Jury nicht leicht machten, berichtete Laudator Dr. Hans Klose von der Universitätsklinik Hamburg. Die prämierten Arbeiten entsprächen den wichtigen Bewertungskriterien wie Originalität, Innovation und klinische Relevanz.

Die ausgezeichnete Arbeit trägt den Titel „Targeting cyclin-dependent kinases for the treatment of pulmonary arterial hypertension“.

Die Pulmonal-Arterielle Hypertonie (PAH) ist eine fortschreitende, tödlich-verlaufende Erkrankung des pulmonalen Gefäßsystems mit einer schlechten Prognose und limitierten Therapie-Möglichkeiten. Sie zeichnet sich vorwiegend durch strukturelle Veränderungen der Arterienwand in der Lunge aus (pulmonary vascular remodeling). Unter anderem führt das verstärkte Wachstum verschiedenster Zelltypen, insbesondere jedoch der glatten Muskelzellen der Pulmonalarterien (PASMC), hier zu einer Verengung des Innendurchmessers der Blutgefäße insbesondere in den feinsten Verästelungen. Daraus resultiert ein verstärkter Widerstand mit erhöhtem Blutdruck in der pulmonalen Blutstrombahn. Langfristig kommt es dadurch zu einer Schwächung der Herzleistung und letztendlich zum Rechtsherzversagen.

Im Rahmen der Arbeit haben die Autoren nach Signalwegen gesucht, die dieses abnormale Wachstumsverhalten der PASMC erklären. Hierbei identifizierten die Forscher eine Gruppe von Cyclin-abhängigen Kinasen (CDK), namentlich CDK2, CDK4 und CDK6, die in PASMCs von an PAH erkrankten Patienten im Vergleich zu Zellen von gesunden Personen deutlich überaktiviert sind. Die gesteigerte Aktivität dieser besonderen Klasse an Zellzyklus-regulierenden Kinasen in der PAH konnte sowohl in humanen als auch in tierexperimentellen Lungenproben nachgewiesen werden. Die Autoren folgten der Hypothese, dass synthetische CDK-Inhibitoren den überaktivierten Signalweg hemmen und dadurch die Proliferation der PASMC und somit der pathologische Umbau der Gefäßwand signifikant reduziert werden kann. Dafür wurden zwei CDK-Inhibitoren, Dinaciclib und Palbociclib, verwendet, die bereits in Tumorzellen erfolgreich getestet wurden, wobei Palbociclib aufgrund seiner potenten, antiproliferativen Eigenschaften für die Behandlung des fortgeschrittenen Brustkrebes zugelassen wurde. In den isolierten PASMC führte die gezielte Inhibition der CDK durch Störung des nachgeschalteten CDK-Rb (Retinoblastoma-Protein)-E2F Signalweges zu einem Arrest des Zellzykluses und damit zur signifikanten Abnahme der übermäßigen Proliferation.

In zwei unabhängigen Tiermodellen der PAH (Monocrotaline- und Su5416/Hypoxie-Rattenmodell), zeigte Palbociclib eine signifikante Reduzierung des pathologischen Gefäßumbaues mit konsekutiver Verbesserung des rechtsventrikulär-systolischen Blutdrucks und der Rechtsherzhypertrophie. Damit einhergehend zeigte sich insgesamt eine deutliche Verbesserung der Herzleistung, gemessen am kardialen Index.

Die Daten belegen, dass die Inhibition von CDK4 und CDK6 durch Palbociclib eine neue antiproliferative Therapieoption für die Behandlung von PAH-Patienten darstellt, die am pathologischen Gefäßumbau der Patienten ansetzt. Auch wenn der PAH insgesamt eine komplexe Pathogenese zugrunde liegt, so lassen die Ergebnisse hoffen, dass sich das Fortschreiten der Erkrankung durch die Hemmung des Gefäßumbaus eindämmen lässt und somit der Leidensdruck der Patienten verringert wird. Die diesjährige, mit dem Preis der René Baumgart-Stiftung ausgezeichnete Arbeit könnte somit den ersten Schritt zur Einführung eines neuen Medikamentes in die klinische Routine in der Behandlung der PAH darstellen.